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Die Zeiger der Armbanduhr standen bereits auf kurz vor fünf Uhr nachmittags, als Castiel an der Tür der Praxis läutete und eintrat, als der Summer erklang.

Nachdem der Anmeldung bei der jungen Sprechstundenhilfe, die ihm mit einem Lächeln versicherte, dass es nur noch ein paar Minuten dauern würde, nahm er auf den modernen, dunkelgrün gepolsterten Stühlen im Wartezimmer Platz.

Als einziger Patient an diesem trüb-grauen Novembernachmittag hatte er die freie Wahl der Zeitschriften, die sich auf dem keinen, runden Stehtisch stapelten.

Das erweckte aber nicht sein Interesse und so griff er nach seinem Handy, um noch schnell den Ton auszumachen, als eine sich öffnende Türe hinter ihm zu hören war.

Ein älterer Mann kam heraus, schnappte sich den Hut, verabschiedete sich und Cas konnte anhand des Gespräches nicht anders, als sich umzudrehen, um einen jungen Mann im Arztkittel zu entdecken, der nicht im Geringsten mit einem alten Herrn gleichzusetzen war.

Was ...?

Kurz kam der Gedanke auf, sich beim falschen Arzt zu befinden, aber der Blick zur Tür blieb an einem hellblauen Schild mit schwarzen Druckbuchstaben hängen – Dr.med. John Winchester, Urologie.

Als er mit seinem Vater einige Tage zuvor auf der Veranda gesessen hatte, hatte Castiel natürlich nichts von seinem Problem erzählt ... bei dem Gespräch ging es allgemein um die Vorsorge ab Vierzig. Jedoch war ihm dieser Arzt von seinem Vater wärmstens empfohlen worden, mit den Worten, sich lieber von einem alten Mann als von einem jungen Arzt oder Ärztin befummeln zu lassen.

Das war auch der Grund, warum Cas nun hier saß, denn einerseits war der dunkelhaarige Mann verdammt schüchtern und zum anderen wurde ihm vor einiger Zeit bewusst, auch an Männern Interesse zu haben ... er hatte noch nie ... nur haufenweise Pornos gesehen – jedoch wurde ihm das schlagartig wieder bewusst, als er aus seinen Gedanken herausgerissen wurde, sein Herz hart und schnell klopfte und es bis in die Fingerspitzen kribbelte, denn dieser Arzt in gut fünf Meter Entfernung war verdammt attraktiv und ...

Scheiße, er konnte sich doch mit diesem intimen Problem nicht von so einem ... und dann ...

„Nur noch einer? Passt, das schaff ich auch allein. Du kannst dann Feierabend machen, Sabine und grüß mir deine Familie."

Diese Wörter hörte Cas noch, während er seine Jacke schnappte und sich hastig Richtung Tür ...

„Ah, Herr Novak. Sie können dann schon reingehen", meinte die blonde Frau, während der Computer ausgeschaltet wurde.

Im Schritt verharrend war Cas sich der Tatsache bewusst, dass es nun keine Fluchtmöglichkeit mehr gab.

Verdammt!

Zögerlich wurde ein Fuß vor den anderen gesetzt, ein Klopfen an der Türe und dann blieb er stehen.

„Hallo", grüßte der Mann hinter dem Schreibtisch mit den kurzen, dunkelblonden Haaren und dem schönsten Lächeln das Cas jemals gesehen hatte.

Warum konnte sich nicht irgendwo ein Loch auftun, in das er verschwinden konnte?

„... ja, ich weiß. Wahrscheinlich haben Sie jemand anderen erwartet. John ist mein Vater und hat sich den Fuß gebrochen, deshalb übernehme ich für ein paar Wochen. Kommen Sie her, nicht so schüchtern."

Nun ja. Da blieb wohl nichts anderes übrig. Mit einem tiefen Atemzug und langsamen Schrittes näherkommend, nahm er anschließend auf dem weißen Metallstuhl dem Arzt gegenüber Platz. Erst jetzt fielen ihm diese grün schimmernden, freundlichen Augen auf, die ihn sofort gefangen nahmen. Der Arzt machte auf Anhieb einen offenen, sympathischen Eindruck und aus der Nähe betrachtet, war er noch tausend Mal attraktiver.

Zauber Der Berührung - DestielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt