Vialis - Feuersturm

Der Schatten meiner Selbst

°°° In erbarmungsloser Finsternis, zwischen kaltem Fels und nassem Gestein, dort erhebt sich ein Licht. Ein Licht welche viele fürchten werden. Ein Licht welches nicht jeden Nachthimmel erhellen wird. °°°

Süßer Duft, gemischt mit einem Hauch von Apfel steigt mir in die Nase. Hätte ich gewusst, was dieser verführerische Duft mit meinem weiteren Weg gemein hat, so wäre ich wahrscheinlich weitergegangen und hätte ihn nicht noch ein oder zwei Sekunden länger genossen. Es ist ein herrlicher,  sonnengeküsster Frühlingstag, die Vögel zwitschern am Firmament und heute Morgen schien mein langweiliges, dennoch unkompliziertes Leben seinem Trott zu folgen. Das Schloss, in dem ich lebe, ist eher ein Gefängnis als ein zu Hause und so schleiche ich mich regelmäßig an den Wachen vorbei in die Stadt. Ansich gab mir diese Stadt nie ein Gefühl von Zugehörigkeit, oftmals fühle ich mich wie eine Fremde, gefangen in ihrem eigenen Leben. Gefangen in ihrem Körper!

Ich schüttel meinen Kopf hin und her um die schlechten Gedanken zu vertreiben. Mein Blick fällt ziellos auf die überfüllten Straßen der Stadt. Märkte, Bauern, Soldaten und Händler treiben hier ihr Unwesen. Jeder versucht seine Wahre an den Mann oder die Frau zu bringen. Und dann entdecke ich Filarus! Verschmitzt lächle ich in mich hinein, mein Herz schlägt ein kleines bisschen höher in der Gewissheit meines baldigen Sieges.

"Versuchst du wieder den alten Filarus zu bestehlen?"

Ich zucke zusammen, geduckt hinter einem Heuwagen sehe ich auf ein spitzbübisches Lächeln, welches langsam zu einem ausgewachsenen Lachen heranreift. Seine tiefe Stimme lässt mir einen Schauer über den Rücken fahren. Ob ich mich jemals an seine elbenhafte Schönheit gewöhnen werde?

"Wenn du nicht die Prinzessin wärst, würde man dir dafür die Hände abschlagen, das ist dir bewusst oder?!"

Riva sieht mich hinter seinem halblangen, goldenem Haar mit einer hochgezogenen Augenbraue an.  Ich lege meinen Finger auf meine Lippen und schaue wieder zu Filarus. Der alte, bärtige und schmächliche Mann unterhält sich mit einer Käuferin, genau die richtige Gelegenheit für mich einen seiner unwiederstehlichen, köstlichen Bratäpfel zu stehlen!

Ich wahge mich aus meinem Versteck hervor, schleiche mich auf leisen Sohlen, zwischen Röcken und schmalen Hufen, auf die andere Straßenseite. Noch einmal sehe ich nach Filarus, er ist immernoch abgelenkt. Er will dieser Frau schöne Augen machen und umwirbt sie mit allem was er hat. Ein leises würggeräusch huscht über meine Lippen während sich Riva amüsant darüber verköstigt. Schnell angel ich mir zwei dampfende Äpfel und beginne meine Beine in die Hand zu nehmen! Ich höre Filarus lautes Fluchen nur auf einem halben Ohr, denn Riva läuft so laut lachend an mir vorbei, dass er mich einfach mit sich zieht. Hohe Mauern und Häuser, dicht an dicht gedrängt, schweifen an uns vorüber. Mein Herz schlägt mir erbarmungslos gegen die Brust während sich meine Lungen hastig mit Luft füllen. Sie brennen förmlich und je größer meine Schritte werden, desto mehr wert sich mein Körper gegen sie aufkommende Erschöpfung!

"Riva!" , Stolpernd werden meine Beine müde, ich lehne mich an die nächste Hauswand und atme tief ein.

"Riva, warte...!", Schwer atmend Rufe ich Riva zurück, doch er ist schon um die nächste Ecke verschwunden. Mein Kopf fällt in den Nacken, über mir eine schmale Linie blauen Himmels. Nicht eine Wolke ist zu sehen und dennoch verliere ich mich ein wenig das satte, tiefe blau. Es hat etwas geheimnisvolles, unaussprechliches und die zwei Mauern zu jeder Seite wirken so, als ob sie den Himmel jeden Moment verschlucken könnten. Wie ein riesiges Maul, dessen Schlund weit über den Horizont hinaus reicht.

"Nur ohne Fangzähne..!", Ich schmunzle in mich hinein, bis ich ein paar leichte Schritte vor mir stehen bleiben höre. Es ist er! Ich kann ihn ganz genau an seinem Gang erkennen, wie er dabei atmet, seine Schritte mit bedacht wählt und elegant sein Gewicht von einem Bein auf das andere verlagert.