Mischling

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Kapitel 1

Dawn

Ich saß in einem der hintersten Wagons der Straßenbahn, die mich ins Stadtzentrum von Dublin bringen würden und versuchte mich von dem Nachrichtenticker, der auf einem Bildschirm mit der Haltestellenanzeige immer wieder dazwischen geschaltet wurde, nicht allzu sehr einnehmen zu lassen.

Ausgerechnet heute wollte ich mich nicht mit den Auswirkungen der einmal mehr gescheiterten Friedensverhandlungen zwischen diversen Vampyr-Enklaven und Feen-Häuser beschäftigen. Ich wollte den Tag genießen. Voll und ganz, auch wenn ich mich dabei erwischte, wie ich meine langen dunklen Haare, die ich mir gerade erst aus dem Gesicht gewischt hatte, wieder nach vorne zu streichen, um meine spitzen Ohren zu verbergen.

Auf der irischen Insel herrschte zwar ein ziemlich stabiler Frieden zwischen Feen und Vampyre, aber das bedeutete nicht, dass Missgeburten wie ich hier wirklich erwünscht waren.

Gerade nicht, wenn sich irgendwo anders dieser jahrtausendealte Konflikt wieder anbahnte, der altbekannte Probleme wieder neu auf die Agenda rief. Krieg, Hunger, Seuchen, Tod.

Egal wie viele Fortschritte die Menschheit mit ihrer Technologie auch machte, gegen den Unwillen der alten Völker Frieden zu halten, konnten sie nichts tun. Und am meisten darunter leiden, würden eben die Sterblichen. So war es immer gewesen und so würde es auch vermutlich immer bleiben.

Auch hier auf der irischen Insel nahmen die Probleme zu und die Menschen wurden immer unzufriedener mit ihren unsterblichen Herren. Nicht, dass sie etwas gegen die Vampyre oder Feen ausrichten könnten. Sie würden ihren Frust einfach in sich hineinfressen und ihn dort entladen, wo sie es am besten konnten. An Leuten wie mir.

Ich war nur deswegen relativ unbehelligt durch mein junges Leben gekommen, weil man mir weder meine feeische, noch meine vampyrische Abstammung wirklich ansehen konnte und ich würde wohl auch in den nächsten Jahren zusehen müssen, dass dies genau so blieb.

In der Regel ging ich ganz gut als Mensch durch, solange ich meine spitzen Ohren bedeckt hielt und ich nicht mit einem Tetrapack Blut in der Straßenbahn erwischt wurde.

Nur einmal hatte der Heißhunger auf mein zugeteiltes Ambrosiabrot mich dazu getrieben, die Verpackung in der Öffentlichkeit aufzureißen und das hatte mir sofort eine Mischung aus neugierigen, erstaunten und ab und auch etwas verhassten Blicken eingebracht.

Nicht weil ich eine Fee war, sondern weil das zugeteilte, abgepackte Ambrosiabrot mich als Mischling geoutet hatte.

Einen reinrassigen Fee hätten sie nie gewagt, auch nur zu lange anzusehen, aber mit Mischlingen konnte man quasi tun was man wollte. Die Menschen hatten die Straßenseite gewechselt, als würde ich die Pest in ihr Heim bringen. So sehr verachteten die Menschen die Halblinge und damit waren sie noch freundlicher zu mir, als es die Mitglieder der alten Völker waren.

Vielleicht lebten die Mischlinge deswegen so viel lieber unter den Menschen. Feenmischlinge waren in den hellen Bezirken, in denen ihre reinrassigen Artgenossen lebten, nicht erwünscht und wenn sie einem richtigen Vampyr zu nahe kamen, landeten sie meistens leergesaugt in irgendeinem Abfallcontainer.

Feenblut war für Vampyre unwiderstehlich, selbst wenn es so verwässert war wie bei einem Halbblut.

Besser hatten es da die Vampyrhalblinge, diese wurden in den Vampyrbezirken geduldet und als Diener und Sklaven zumindest versorgt.

Mir half beides nicht, da ich eine besondere Abscheulichkeit darstellte. Halb Fee, halb Vampyr und ein bisschen Menschenblut. Ich war eine Twyst. Ich war nirgends erwünscht und noch bis vor einem Jahrhundert hätte man mich wahrscheinlich als Säugling ertränkt.

Dawnfall - LeseprobeWhere stories live. Discover now