Kapitel 1 Das Geschenk

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Die Sonne ging langsam hinter den Bergen auf und strahlte warm auf die Dächer, der alten Häuser in das mysteriöse Tal, das man sonst nur aus Geschichtsbüchern kennt.

Fenra war an diesem Morgen schon früh wach und hopste fröhlich über die Bunten Wiesen. Die Sonnenstrahlen kitzelten ihre Fingerkuppen und die leichte warme Brise schmiegte sich um ihre Arme und ließ ihr Kleid wie Federn durch die Luft gleiten.
Dieses Gefühl der leichtigkeit war ihr vor einigen Monaten noch völlig fremd gewesen.
Sie musste in einem Waisenhaus aufwachsen, denn ihre Eltern waren kurz nach ihrer Geburt bei einem Feuer ums Leben gekommen, was auch ihr zu Hause zerstört hatte. Zwar hatte sie keinerlei Erinnerungen an diesen Vorfall, doch Lena - eine Nette Frau aus ihrer Heimatstadt - hatte die Geschichte miterlebt und konnte ihr alles darüber erzählen.
Die letzte Erinnerung an ihre Eltern, war traurig. Klar, aber es war der einzige Bezug, den sie zu ihnen hatte.
Vor heute genau vier Monaten wurde sie durch einen Zufall von einem netten Ehepaar aus Donnhall adoptiert. Poul und Ella waren die besten Eltern, die Fenra sich nur wünschen konnte. „... liegt alles Jenseits meiner Vorstellungskraft!" Das war ihre Antwort auf die Frage, wie es ihr hier gefiel, gewesen.
Sie ging auf ein Internat in Dunnhall. Im Moment waren Sommerferien. Es lag in der Nähe von Blueville, dem Dorf indem sie wohnte. Es gefiel ihr sehr und sie war mehr als dankbar für alles, was sie hatte.
Heute war ihr vierzehnter Geburtstag.

Sie genoss die Stille, als plötzlich eine Rehkuh am Rande des Waldes auftauchte, den kopf hob und sie interessiert beobachtete.
Das Mädchen ging langsam auf das majestätische Wesen zu. Einige Meter entfernt blieb sie stehen.
„Hallo. Was machst du den so nah an unserem Dorf? Du bist aber mutig.", flüsterte sie.
Das Tier legte den Kopf schief und blickte sie aus großen braunen Augen an.
„Darf ich dich streicheln?",fragte sie vorsichtig.
Die Rehkuh kam einen Schritt näher.
„Also ist das ein Ja?"
Langsam bewegte sie ihre Hand in Richtung, des edlen Tieres. Zu ihrer Verwunderung zuckte es nicht weg, sondern ließ sich brav von ihr Streicheln.
Es war ein wundervolles Gefühl über das weiche Fell zu fahren. Doch leider ging dieser schöne Moment viel zu schnell vorbei.
„Danke... -Oh. Ich muss nach Hause! Auf Wiedersehen meine schöne." Mit diesen Worten drehte sie sich um und rannte das Feld entlang in Richtung ihres Dorfes.
Von Rand des Feldes konnte man das Ortsschild bereits lesen.
„Willkommen in Blueville!" Stand in großen, schwarzen Lettern auf einem weiß angestrichenen Holzschild.
Die Wege führten sie zu einem roten Fachwerkhaus am Ende der Straße. Ihr zu Hause.
Zielstrebig ging sie durch das quietschende Gartentor. Schnellen schrittes lief sie den Kiesweg entlang bis zur Haustür. Dort betätigte sie die Klingel und wartete darauf, dass jemand aufmachte. Und wärend sie dies tat, sah sie sich um und beobachtete das mächtige Königsschloss. Prinzessin Veronique von Dunnhall wohnte dort mit ihren Eltern Königin Kathrine und König Jonathen.

Nach einer Halben Minute schwang die Tür auf und Ella stand im Ramen.
"Alles gute zum Geburtstag mein Engel!", reif sie und umarmte sie stürmisch.
"Danke.", antwortete sie. Ein hauch von einem Rosa huschte über ihre Wangen. Sie hasste es im Rampenlicht zu stehen.
"Komm doch rein! Wir haben natürlich etwas für dich.",sagte sie und zog ihre Adoptivtochter in den Wohnbereich des Hauses, "Wusstest du, was heute in den Nachrichten besprochen wurde? Angeblich ist Veronique nicht die richtige Prinzessin. Ihre Familie soll das Königshaus vor vielen Jahren um ihre Tochter betrogen haben. Angeblich wurde sie ausgetauscht oder..."
Sie hörte Ella gar nicht mehr richtig zu. Was sie genau ablenkte, konnte sie nicht sagen. Ob es der plötzliche Wetterwechsel oder das Amulett, was auf dem dunklen Tisch lag, war.
Moment... Amulett?
"Ähm. Ella? Was ist das da auf dem Tisch?", fragte sie ehrfürchtig. Langsam bewegte sie sich auf dem Ebenholz Tisch zu.
"Achso äh. Das ist dein Geburtstagsgeschenk. Es gehörte seit Generationen deiner Familie. Jede Tochter hat es zu ihrem vierzehnten Geburtstag bekommen. Genau so, wie du es bekommen solltest. Deine Betreuung hat es mir noch vor den Adoptionspapieren überreicht. Ich hoffe es gefällt dir... Na los! Sie es dir an!", erklärte sie freudig.
Sie setzte sich auf einen der sechs Stühle und beugte sich über das kostbare Erbstück. Jetzt blieb ihr doch mehr als nur eine schaurige Erinnerung. Sie streckte ihre Finger nach dem Silber aus und hob es mit einem breiten lächeln auf. Es hatte eine dünne Kette und der Anhänger war schlicht gehalten. Nur einige schwungvolle Linien verzierten das Stück und machten es so doch ganz besonders. Die Form eines Blattes ließ es besonders Wertvoll aussehen.
Sie schob die Schnalle an der Seite zurück und das Amulett schwang auf. Im Inneren befand sich ein Bild. Auf diesem waren zwei Menschen zu sehen. Eine Frau und ein Mann. Sie saßen auf einem Baumstumpf und eine Trauerweide im Hintergrund, ließ das Bild edel aussehen.
Fenra sah zögerlich auf. Sie drehte ihren Kopf in Richtung ihrer Adoptiveltern.
"W-wer sind die beiden auf dem Bild?"
Poul setzte sich neben seine Tochter und Ella sah sie mit einem besorgten Blick an.
"Seit Generationen wird dieses Amulett vererbt. Wenn der Besitzer des Erbes heiratet, wird das Bild durch das neue Ehepaar ersetzt. Alle Bilder werden sicher aufbewahrt... Nun. Die beiden auf diesem Bild sind nicht deine Eltern Fenra... es sind deine Großeltern. Ana und Tom wollten kurz nach dem du zur Welt kamst heiraten... Das ist aber leider nie passiert weißt du. Das Feuer- das Feuer wurde ein paar Tage vor der Hochzeit entfacht... Sie haben es ja leider nicht überlebt. - Deshalb hast du kein Bild mehr von ihnen... Ich hoffe sehr, dass du eines Tages zusammen mit dem Mann deiner Träume in diesem Amulett klebst. So lange, bis deine Kinder die Tradition fortführen."

Wie elektrisiert starrte Fenra das Amulett an. Tränen schossen ihr in die Augen und liefen ihr die Wangen hinunter.
Inzwischen hatte Ella sich neben sie gesetzt und nahm ihre Tochter nun in dem Arm.
"Was- was... aber-", schluchzte sie verzweifelt. All diese Informationen auf einmal waren wohl etwas zu viel gewesen, denn nun wandt sie sich aus der Umarmung, lief die geräuschvolle Treppe hoch und verschwand in ihrem Zimmer.
Ihre Eltern folgten ihr nicht. Sie wussten, dass sie in solchen Situationen ihren Freiraum brauchte.
Schluchztend und unter ihrer Decke versteckt, schlief sie ein.
In dieser Nacht träumte sie schlecht. Sie wusste nicht einmal, ob sie überhaupt geschlafen hatte. Zumindest fühlte sie sich so, als hätte sie nicht geschlafen.

Das geheimnisvolle Amulett Where stories live. Discover now