Ich kann dich nicht verstehen

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Sie war ein unscheinbares Mädchen. In der Schule immer in einem kleinen Freundeskreis. Sie war fröhlich und lächelte viel, ihre Noten waren durchschnittlich und es schien alles normal. Ein normales Mädchen im Teenager alter. Doch da ahnte noch keiner wie diese Geschichte enden würde...

Sie stand morgens wie gewöhnlich um 6:30Uhr auf und machte sich für die Schule fertig. Wenn sie noch Zeit hatte, aß sie noch eine Kleinigkeit und ging dann zur Schule.
Ihr denkt das ist normal?
Was ihr nicht wisst ist, dass sie am Abend davor ihre Arme zerritzt hat. Sie saß auf ihrem Bett, weinend, schluchzend und versuchte so leise wie nur möglich zu sein, um bloß keinen zu wecken. Keiner sollte davon mitbekommen. Sie schaute auf ihre Arme und bemerkte wie das Blut von ihrem armen floss. Ein wunderschöner dunkelroter Fluss, der leise von ihren Armen glitt. Die Wunden so tief wie die Vikos Schlucht. Dieses Gefühl was sie fühlte, war unbeschreiblich wie das Gefühl vor dem Tag vor einem Geburtags, wie wenn man grade eine Achterbahn fährt und einen riesen Adrenalinkick hat. Doch als dieses Gefühl vorbei war, kam das wovor alle Ritzer sich fürchten. Dieses riesengroße Schuldgefühl was einen innerlich zerreißt, die Angst, dass es doch jemand sehen könnte und vorallem was ist, wenn es zu tief war ?
Eingekauert auf ihrem Bett mit den Mullbinden auf ihre Arme, die sie aus dem Erste-Hilfe-Set ihrer Mutter stahl, weinte sie und versuchte diesen höllischen Schmerz zu verarbeiten. Ihre Augen waren rot und sie komplett durchnässt und kaputt von den vielen Tränen die geflossen sind. Nach Stunden des Leidens, schlief sie letztendlich doch noch ein. Und so stand sie morgens auf und tat so, als wäre alles total okay bei ihr und als wäre nie was passiert.
Während der Schulzeit, redete sie viel mit ihren Freundinnen. Sie machten Witze und lachten viel. Sie war gut in der Schule und keiner machte sich Sorgen um sie. Sie schien ja völlig normal und ausgeglichen. Sie hatte in der letzten Stunde Mathe, ein Fach indem sie nie wirklich begabt war. Ihre Hausaufgaben waren teilweise unvollständig, denn Abends hatte sie ganz andere Dinge mit denen sie zurecht kommen musste, doch zu diesem Zeitpunkt wusste das noch niemand. Nach der Schule ging sie mit Kopfhörern im Ohr heim, um bloß keinen Kontaktpunkt mit anderen Menschen zu haben. Sie war in ihrer eigenen Welt und wollte mit niemanden reden. Der Tag danach war für sie der Schlimmste. Das zwicken vom Pulli auf den halb offenen Wunden. Die Angst, dass das Blut durch den Pulli zu sehen ist und vorallem die Angst, dass es jemand bemerken könnte. Ihre Eltern interessieren sich wenig für sie. Die meiste Zeit war sie alleine in ihrem Zimmer. Sie kam nur raus um zu essen oder um über Neuigkeiten aus der Schule zu sprechen, doch auch dies wurde in letzter Zeit immer seltener. Ihr selber war ihre Lage eigentlich gar nicht so bewusst. Sie dachte, dass tausend andere Menschen auf der Welt das selbe Schicksal teilten und es doch viel schlimmer hätten, als sie selber. Was sie aber nicht bedachte ist, dass ihr mentaler Zustand an einem Punkt war, wo niemand mehr einschätzen konnte, ob sie wirklich am Leben war oder schon mit einem Fuß auf der anderem Seite stand.
Als sie zuhause ankam, ging sie als erstes ins Bad um nach ihren Wunden zu sehen, denn diese hatte sie am Morgen noch schnell mit den übrigen Mullbinden und Tesafilm an ihren Armen befestigt, damit bloß keiner davon Wind bekommt. Im Bad wickelte sie dann alles ab und schaute sich interessiert und schockiert zugleich ihre wieder offenen Wunden an. Sie wusste nicht was sie davon halten sollte, sie war es ja gewohnt, aber trotzdem war es bei jedem neuen Schnitt ein unbeschreibliches Gefühl. Sie war von dem was sie letzte Nacht erlebt hatte, total überwältigt. Sie schnitt normalerweise nur kleine Striche oder Schürfwunden in ihre Haut, doch diesmal hat der Frust und die Trauer sie übermannt und sie schnitt und schnitt und schnitt. Sie fand keinen Halt und je öfter sie es wiederholte, desto tiefer wurden die Schnitte und zwischendrin stachen die verblassten und alten Narben aus der Vergangeheit hervor. Nachdem sie sich ihre Wunden und Narben genau angeschaut hatte und dann auch realierste was sie getan hatte, wurde ihr schwindelig und sie musste sich übergeben. Das war ihr bisher noch nie passiert, doch dieses Mal, war es anders als sonst und sie fand es auf irgendeine Art und Weise gut und befriedigend.
Nachdem sie aus dem Bad rauskam wartete schon ihre Mutter mit dem Essen auf sie, doch ihr Appetit war nach dem Anblick der tiefen Wunden vergangen. Sie ging auf ihr Zimmer und erledigte ihre Hausaufgaben, doch sie konnte sich nicht konzentrieren, denn ihr ging das Gefühl, dass sie gestern erlebt hatte nicht mehr aus dem Kopf. Als sie die Neugier und Fanszination überstieg, fing sie an nach ihrem Symptomen zu suchen und fand auch schnell einige passende Diagnosen. Darunter Broderline und Depression. Als sie die Seiten auf Google durchstöberte und sich in das Thema hineinlas, merkte sie immer mehr Gemeinsamkeiten. Sie wollte es aber nicht wahr haben und lachte innerlich, spöttisch über ihre Vermutung. Als dieses Szenario, allerdings sich die darauffolgenden Tage immer wieder wiederholte und sie nicht aufhören konnte sich selbst kaputt zu ritzen, dachte sie nochmal über die Einträge bei Google nach. Nach nur 7 Tagen war ihr kompletter Körper mit tiefen und blutigen Wunden übersät. Man sah kaum noch Haut und sie stumpfte innerlich immer mehr ab. Nun sah man auch äußerlich, dass es ihr mental nicht gut ging. Sie war deutlich abgemagert und ihre Augenringe waren so breit und lang wie der Nil, denn schlaf, bekam sie kaum noch. Ihre Lehrer sprachen sie darauf an, doch sie fand immer wieder ausreden, wie zB, dass ihr Hund verstorben sei und es ihr einfach deswegen nicht so gut ging. Ihre Eltern hatten so wenig Zeit und Interesse an ihr, dass es ihnen nicht mal aufgefallen ist oder es ihnen schlicht und einfach egal war. Jedenfalls konnte sie nun ihrem Vorhaben freien Lauf lassen. Sie hatte keine Kraft mehr und wollte einfach nur noch sterben. Und an diesem einen Winterabend war es dann so weit.
Sie sagte ihren Eltern, dass sie zu Freunden gehen würde und ihre Eltern erlaubten es natürlich. Doch sie ging an diesem Abend nicht zu ihren Freundinnen. Sie machte einen langen Spaziergang durch den Wald, bevor sie ihr Vorhaben durchsetzte. Ihr ihrem Rucksack den sie mitnahm, war ein Brief, ein Messer und ihr lieblings Kuscheltier, namens Elli. Diesen Winter lag endlich mal wieder viel Schnee und als sie im Wald einen wunderschönen Platz fand, der auf einem großen Hügel lag, setzte sie sich inmitten des Feldes hin. Ringsum sie herum waren Bäume und vor ihr eine freie Sicht auf den schönsten Sonnenuntergang den sie je in ihrem Leben gesehen hatte. Als sie nun dort saß und über ihr Leben philosophierte, dachte sie noch einmal darüber nach ihr komplettes Leben zu ändern und einfach wieder nach Hause zu gehen, doch da war es schon zu spät. Sie dachte an all das Negative, was ihr in den letzten Jahren passierte. Und vorallem wie ihre Eltern sie behandelt hatten. Da stand es für sie fest. Es gibt kein Zurück mehr.

Sie öffnete zögerlich ihren Rucksack, den sie fest umklammert. Sie legte ihren Abschiedsbrief neben sich, in dem Breif waren nur die Worte :,, ich wünschte ihr hättet mich als Mensch angesehen und gesehen wie es mir wirklich geht, aber dafür wart ihr ja zu beschäftigt und nun ist es zu spät." Danach holte sie das Messer, dass sie in ihrem Zimmer versteckt hielt heraus und schaute es sich genau an. In der Klinge des Messers sah sie nun das letzte Mal ihr Spiegelbild. Sie zitterte am ganzem Körper, aus ihr kam kein Laut heraus. Ihr Blick war starr und trotzdem schaute sie sich nochmal um, ob sie auch wirklich alleine war. Sie hörte nun das letzte Mal das gezwischter der Vögel, das Rascheln der Rehe und das Geräusch von Schnee, wenn man ihn berührte. Ihre Hände waren eiskalt und sie zitterten extrem. Sie legte das letzte Mal die Hand in den Schnee, umarmte ihr Kuscheltier und flüsterte leise, mit stotternder Stimme : ,,ich werde nun fortgehen Elli. Ich werde dich vermissen. Bitte...bitte lass mich nicht alleine" und in dem Moment nahm sie die Klinge in die Hand und fuhr langsam und tief in ihre eiskalte Haut hinein. Ihr wurde plötzlich ganz warm ums Herz.Das Gefühl war unbeschreiblich. Sie fühlte sich so leicht wie noch nie. Sie lächelte ein letztes Mal und lauschte in den letzten Sekunden in dieser Welt die Geräusche des Waldes. Sie öffnete ein letztes Mal ihre Augen, sah zu ihrem geliebten Kuscheltier und dachte für einen Moment, dass ihr Kuscheltier sie umarmen würde.Doch als sie das nächste Mal ihre Augen öffnete war alles dunkel. Keine Menschenseele war da. Nur sie und die unendliche Stille die sie umhüllte. Endlich war sie glücklich. So glücklich wie noch nie...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 10, 2023 ⏰

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