Kapitel 1 / Melina's Sicht

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Ich hatte mich in den oben gelegenen Gemeinschaftsraum verzogen und sah hinaus in die Nacht. Laut der Uhr, die über dem Fernseher hing, müsste es kurz nach ein Uhr sein.

Von unten konnte ich noch immer die Stimmen und das Lachen meiner Freunde hören.

Ich seufzte und wandte mich wieder meinem Laptop zu. Normalerweise wäre ich nun auch in dem unteren Teil unseres Busses, hätte mich mit den Andern unterhalten und mit ihnen gelacht, doch heute nicht. Stattdessen saß ich hier oben und musste mich dranhalten, dass Video von heute fertig zu schneiden, um es morgen hochladen zu können.

Die ersten Tage der Gang-Tour waren vorbei und rückblickend musste ich sagen, dass es bisher einfach nur geil war. Die ganzen Fans treffen, auftreten und einfach eine tolle Zeit mit den anderen Chaoten verbringen. Doch sie war auch äußerst energieraubend. Das war mir von Anfang an klar gewesen, trotzdem saß ich nun hier etwas abseits und sehnte mich nach Schlaf, den ich wohl erst in den Off-Days bekommen würde, wenn überhaupt.

Das Display vor mir verschwamm und ich musste mehrmals blinzeln um wieder scharf zu sehen. Ich fuhr mir mit beiden Händen übers Gesicht und ließ sie schließlich vor meinen halb geschlossenen Augen liegen.

"Nur fünf Minuten" dachte ich mir.

...

"Melina?" Ich wurde leicht geschüttelt, aber wer auch immer mich da gerade ansprach bekam nur ein Murren zurück.
Wieso musste man mich bitte schön jetzt wecken?

"Hey, Melina? Wolltest du nicht fertig werden?"

"Fertig werden mit was?" Brachte ich nuschelnd hervor.

"Der Vlog für heute."

"Der Vlog für heute." Wiederholte ich, was aber auch die einzige Reaktion von mir war.

"Ja, der Vlog für heute. Ich dachte du bist nur hochgegangen um ihn zu Ende zu schneiden."

"Zu ende schneiden?"

Plötzlich war ich hell wach und setzte mich kerzengerade auf. Allerdings etwas zu schnell, denn das Zimmer vor mir fing an sich zu drehen.

"Ach, scheiße!" Fluchte ich und hielt mir den Kopf.

"Nicht so hastig, sonst kippst du mir noch um." Lachte mein Sitznachbar, und als ich zu ihm schaute sah ich in das lachende Gesicht von Jan.

"Keine Sorge, es geht schon. Wie viel Uhr haben wir?"

"Es ist kurz nach zwei. André und die Andern sind immer noch am feiern." Er lächelte.

"Dein Geburtstag. Klar. Wieso bist du nicht unten?" Ich lehnte mich gegen die Wand um meinen Gleichgewichtssinn wieder zu finden.

"Ich wollt nur mal nach dir sehen. Zuerst wollte ich dich nicht wecken. Du sahst so friedlich aus." Erneut strahlte mir dieses Lächeln entgegen, was mich leicht aus dem Konzept brachte.

"Das ist süß von dir", ich lächelte zurück und sah, dass er leicht errötete. Eine Weile musterte ich ihn. Blondes, verwuscheltes Haar, drei-Tage-Bart und warme, blaue Augen, bei denen mir ein leichter Schauer über den Rücken lief.

"Du solltest schlafen", meinte er.

"Das geht nicht. Erst wenn ich hiermit fertig bin."

"Und wie weit bist du schon?" Er rückte etwas näher zu mir und sah auf das Display.

"Es ist nicht mehr viel. Nur noch drei Videos, dann kann ich es exportieren."

"Das hört sich doch gut an." Ich nickte und machte mich wieder an die Arbeit.

Mein KuscheltierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt