Farewell

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Wunderschönen guten Tag,

es freut mich, dass Du Interesse daran hat, diesen Johnlock*Kidlock OS zu lesen! Ich halte Dich auch gar nicht lange auf und wünsche Dir viel Spaß :)

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Seit Stunden schon sitzt John auf der breiten Fensterbank in seinem Zimmer. Seine Tür hat er abgeschlossen, auf das Klopfen seiner Mutter reagiert er nicht. Irgendwann hat sie es aufgegeben. Den Rücken an der meerwasserblauen Wand angelehnt, wandert sein Blick gedankenverloren aus dem Fenster. Es ist kalt geworden in der letzten Woche, die Temperaturen sind bis auf den Gefrierpunkt gesunken. Der Marmorstein, auf dem er sitzt, hat sich die Kälte von draußen zu eigen gemacht und langsam aber sicher kriecht sie auch in Johns Glieder über. Er spürt, wie ein kalter Schauer seinen Rücken herunterläuft, schüttelt sich kurz und schlingt dann mit einem schwermütigen Seufzen die Arme um seine Beine, um sie dicht an seinen Oberkörper zu ziehen. John macht so klein, wie möglich, wie ein Paket. Den Kopf bettet er seitlich auf den Knien. So kann er immer noch bequem durch das Glas schauen.

Er betrachtet das Haus nebenan und das kleine Vordach, das die beiden oberen Stockwerke miteinander verbindet. Eine ganz leichte Schneeschicht zeichnet sich auf dem blechernen Vorsprung, der rauen Teerpappe und den dunklen Ziegeln ab. Zu Johns Bedauern rieseln aus den grauen Wolken über Sussex unaufhörlich weitere kleine gefrorene Kristalle auf die Erde herab. Er hofft, dass es der letzte Schnee in diesem Januar ist, denn er vermisst die Sonne.

Seine Augen wandern weiter über das kleine Dach bis zur Hauswand, etwas nach oben. Jetzt kann er durch das Fenster gegenüber in ein Zimmer hereinsehen. Vor einer Woche noch hat ein schwarzes Plissé einen vollständigen Blick auf den Raum verhindert und ein großer Fenstersticker mit einem Pirat als Motiv hatte die Scheibe geziert. Das Zimmer dahinter ist fast immer in dunkelgelbes Licht getaucht gewesen, an der Wand hat seit dem ersten Blick, den John nach drüben geworfen hat, ein großer Tisch, gedeckt mit Reagenzgläsern, Petrischalen, einem Mikroskop und dem restlichen Zubehör eines Chemiebaukastens, gestanden und es war eine Seltenheit, den vertrauten dunklen Wuschelkopf nicht völlig vertieft in eins seiner außergewöhnlichen Experimente vorzufinden.

Ein Schleier aus Tränen verwischt seine Sicht. Gegenüber ist das Licht ausgeschaltet, der Raum komplett leer geräumt, das Plissé abmontiert und von dem Sticker sind nur noch die Überreste des Klebers übrig. Schnell blinzelt er. Er hat sich ganz fest vorgenommen nicht mehr zu weinen.

Unten auf der Straße herrscht seit der Mittagszeit ein reges Treiben. Menschen gehen ein und aus im Haus nebenan. Kisten, Kartons, Möbel und sogar Pflanzen werden raus in den Vorgarten geschleppt, dort kurz zwischengelagert, bis sie von stämmigen Männern in dem riesigen LKW verstaut werden. Etwas abseits von allem steht da unten der Junge in dem typischen schwarzen Mantel, wegen dem er schon so oft schief angesehen wurde. John hat es nie wirklich ausgesprochen aber irgendwie fand er diesen Mantel schon immer ziemlich gut. Er passt einfach zu seinem Träger. Dazu der immer gleiche blaue Schal um den Hals und die charakteristischen schwarzen Locken, in denen sich einige Schneeflocken verfangen haben. Die Hände tief in den Taschen vergraben steht er unten auf der Straße, hat den Kopf schräg in den Nacken gelegt und schaut ihm jetzt gradewegs in die Augen. In Johns Brust zieht es unangenehm. Er erträgt diesen Blick grade nicht so gut, deswegen vergräbt er den Kopf für den Moment zwischen seinen Knien. Als er das nächste Mal runter auf die Straße schielt, ist der Platz leer. Wieder schmerzt es John, aber diesmal liegt ihm der bittere Beigeschmack der Enttäuschung auf der Zunge.

Er will gar nicht mehr traurig sein. Viel lieber denkt er zurück an ihre gemeinsamen Geschichten.

Dieser eigensinnige Junge hat irgendwann, in irgendeinem Sommer da auf dem Dach gesessen. Genau in der Mitte zwischen Johns und seinem Zimmer, den Blick in den blauen Himmel gerichtet. John hat ihn noch nie mit Gleichaltrigen gesehen. Immer nur allein auf seinem Zimmer. Genau wie er selbst. Freunde hatte John kaum. Es war nicht so, dass er sich nicht gut verstand mit den anderen Jungen. Im Gegenteil, er kam mit allen gut aus. Aber während sie draußen Fußball und Fangen spielten, saß John lieber in der Klasse in der Sitzecke und las sein Lieblingsbuch: 'Die Abenteuer des Tom Sawyer'.

Farewell (Johnlock*Kidlock)Where stories live. Discover now