1 Rückblende die Erste: Bree

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Vögel zwitscherten und der Wind rauschte in den Bäumen. Eigentlich gab es kaum einen friedlicheren Ort, als diesen Wald, hier bei Amon Hen. Und doch hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, und mein Gefühl täuschte mich selten. Andererseits, hier stimmte schon von Anfang an etwas nicht. Dieses Abenteuer versprach anders zu werden, als alle anderen. Ein vorwitziger Sonnenstrahl kitzelte mich an der Nase, als ich- träge an einen umgefallenen Baum gelehnt- daran dachte, wie alles angefangen hatte...

Mein selbsternannter Mentor und Ersatzbruder, Aragorn, hatte mich vor ein paar Monaten nach Bree gebracht. Dort wollte er jemanden treffen, der seine Hilfe benötige und den er in Gandalfs Auftrag begleiten solle, wie er mir erklärte. Er hielt es dabei allerdings für besser, wenn keiner unsere richtigen Namen wüsste. Er selbst sei in der Gegend um Bree herum als „Streicher" bekannt und mich würde er dort „Nessel" nennen. Auf diesen Namensvorschlag verzog ich grimmig den Mund. Das war eine Anspielung auf einen kleinen Unfall mit einer Brennnessel, den ich vor drei Jahren hatte. (Ich hatte Aragorn einen Streich spielen und ihm Nesselblätter in die Manteltaschen stecken wollen, mich dabei aber selber so schlimm verbrannt, dass meine rechte Hand tagelang nicht zu gebrauchen war.) Trotzdem stimmte ich zu, zeigte ihm allerdings einen Vogel, als er überlegte, ob ich meine Haare nicht abschneiden könne. Ich meine, hallo? Es reicht ja wohl, dass ich seit zehn Jahren nur in Lederhosen und zu großen Hemden herumlief und jede Nacht auf dem kalten Erdboden schlief. Ich meine nicht, dass ich es schlimm gefunden hätte, das war eben mein Leben, aber manchmal vergaß ich dabei fast, dass ich im Grunde ein ganz normales Mädchen war. Die langen Haare waren manchmal das Einzige, was mir noch ein gewisses Gefühl von Weiblichkeit gab.

Wie auch immer, in Bree, im Gasthaus „Zum Tänzelnden Pony" trafen wir vier junge Hobbits, von denen einer tatsächlich den Einen Ring gefunden hatte. Isildurs Fluch, die Geisel der freien Völker Mittelerdes. Ich will gar nicht wissen, wie er an den gekommen ist. Jetzt wollte er ihn jedenfalls gerne wieder loswerden. Und hier begann wohl Aragorns- und damit auch mein- Auftrag. Wir sollten den kleinen Herrn Frodo und seine Freunde nach Bruchtal begleiten...

Ein Knacken ließ mich zusammenschrecken. Für einen Moment glaubte ich, Schritte gehört zu haben und lauschte, schüttelte dann aber den Kopf. Und selbst wenn da jemand herumlief, das hieß gar nichts. Der Rest der Gefährten befand sich ja schließlich auch hier. Ich war nur ein Stück in den Wald hineingelaufen, weil ich für ein paar Minuten meine Ruhe haben wollte. Ach ja, die Gefährten. Ich hatte sie alle in Bruchtal kennengelernt, und insbesondere die Begegnung mit Einem hatte sich mir unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt. Lächelnd schloss ich die Augen...

A Bit Of Lost Love/ #Wattical Award 2017Where stories live. Discover now