Letter

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"Hey, ich hab' deinen Liebesbrief bekommen. Von mir aus können wir miteinander ausgehen."
Der Blauhaarige vor mir hebt den Brief in die Luft, von welchem er eben gesprochen hat und sieht mich emotionslos an.
Der Brief ist ganz eindeutig meiner, das erkenne ich an dem kurzen Text, welcher auf ihm steht:
'Ich liebe dich. Bitte geh' mit mir. -Ardian Bora'
Doch die Person, die vor mir steht, ist alles andere als der, dem ich diesen Brief geben wollte.

"Du hast deinen Liebesbrief falsch plaziert?", will, mein bester Freund, Lukas lachend wissen und klopft mir auf die Schulter. Ich kann spüren, wie die Röte in mein Gesicht steigt und nicke unsicher, was seine Heiterkeit nicht gerade eindämmt.
"Das ist nicht witzig, verdammt. Wir haben heute ein Date", nuschele ich niedergeschlagen und sehe meinen Freund hilfesuchend an. Dieser jedoch, scheint sich gar nicht mehr einkriegen zu wollen, und lacht unbeirrt weiter.
"Du hast ihm nicht gesagt, dass er eigentlich für Marius war?!" Man merkt mittlerweile, dass er kaum mehr Luft bekommt, da dieser Satz sehr gedrückt klang.
"Wie denn auch? Ich hab' Angst vor Thaddeus", nuschele ich unsicher und zupfe an meinem Shirt herum, was das Lachen meines Gegenübers Augenblicklich verstummen lassen.
"Du hast den scheiß Brief Tjarks in die Tasche geworfen?", fragt er ungläubig und sieht mich entsetzt an, woraufhin ich nur mit einem Nicken antworten kann.
"Du bist doch komplett behindert."
Danke, Lukas, sehr unterstützend.

Nervös stehe ich am Bahnhof und sehe mich um, damit ich den Blauhaarigen schon von Weitem erkennen kann. Was ich vorhabe? Ihm direkt das Missverständnis erklären, und mich so vor diesem Date zu retten. Meinen Plan zerstörend, legt sich plötzlich eine große Hand auf meine Schulter und eine bassige Stimme jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken.
"Morgen, Kleiner."
Erschrocken drehe ich mich um und sehe direkt in die eisblauen, kühl aussehenden Augen meines Mitschülers, der mich daraufhin belustigt angrinst.
"Du bist schreckhaft. Wie süß", murmelt er, um anschließend ohne ein weiteres Wort loszugehen, wobei er leicht mit der Hand winkt, um mir zu bedeuten ihm zu folgen, weshalb ich mich nicht lange mit meinen roten Wangen beschäftigen kann.
Warum machen sich eigentlich alle über mich lustig?

Rasch hole ich zu Thaddeus auf und gehe an seiner Seite neben ihm her, mit der Frage auf der Zunge, wohin wir den gehen, welche ich mich jedoch nicht zu stellen traue.

Nach einigen Minuten kommen wir schließlich vor einem Aquarium zum stehen, was mich unmännlich aufquietschen lässt. Vielleicht wäre an dieser Stelle die Tatsache, dass ich das Meer, vor allem Meerestiere, liebe, eine sehr nützliche Information.
Aufgeregt folgte ich meiner Begleitung, die bestimmt einen Kopf größer war als ich, in das Gebäude und sehe ihm zu, wie er die Tickets bestellt.
"Du musst nicht zahlen", meine ich, wobei ich meine Geldbörse aus der Hosentasche ziehen will, wovon er mich jedoch mit einem Lächeln aufhält, welches ich so noch nie an ihm sehen konnte. Hätte ich es beschreiben sollen, wäre mir nur das Wort 'wunderschön' dazu eingefallen.
"Ich will aber zahlen."

"Sieh' mal, Taddl, ein Mantarochen!", rufe ich aufgeregt und zeige auf eben eines dieser beeindruckenden Tiere und sehe erwartungsvoll zu dem Blauhaarigen, um seine Reaktion zu sehen.
Ein raues Kichern verlässt seinen Mund, woraufhin er noch ein leises "Du bist niedlich" hinterherwirft, was mich vollkommen aus der Bahn wirft.
Der große Junge kam mir immer äußerst einschüchternd und gefühllos vor. Wer hätte gedacht, dass er mich so verzaubern kann?

"Komm, dort drüben ist das Haibecken", lässt er mich plötzlich wissen, ehe er auch schon nach meiner Hand greift und mich in Richtung des genannten Ortes zieht. Und auch, wenn Haie wohl meine absoluten Lieblingstiere sind, kann ich mich nicht im Geringsten auf sie konzentrieren, da Taddl wohl nicht vor hat, meine Hand loszulassen, denn dies tut er auch nicht, bis wir schließlich das Aquarium verlassen, wobei bereits mein gesamter Arm auf eine seltsame Art und Weise kribbelt.
Mein Plan, ihm zu erklären, dass ich gar nicht in ihn verliebt bin, scheint mir plötzlich vollkommen absurd. In diesem Moment will ich nichts lieber, als ihn kennenzulernen.
"Ey, gib mir mal dein Handy stell dich vors Aquarium. Ich will ein Erinnerungsfoto machen", meint der Junge an meiner Seite begeistert und lässt nun schließlich doch meine Hand los, was mich mehr enttäuscht, als es sollte.
Etwas enttäuscht ziehe ich also mein Handy aus meiner Hosentasche und entsperre es, um auf die Kamera zu gehen und es ihm zu geben. Schnell laufe ich ein Stück näher ans Aquarium, um vor diesem zu posieren, was Thaddeus mit einem Grinsen kommentiert.
"Du siehst süß aus", kommt ihm plötzlich über die Lippen, was mir direkt wieder die Röte ins Gesicht treibt. Genau das scheint jedoch sein Ziel zu sein, da er direkt mehrere Fotos macht.
Als er fertig ist, laufe ich wieder zu ihm, wobei mir auffällt, dass er sich wohl gerade die Bilder ansieht.

"Wieso hast du Bilder von Marley auf deinem Handy?", fragt er plötzlich, was mich stark zusammenzucken lässt, woraufhin ich ihm mein Handy aus der Hand reißen will, was er jedoch verhindert, indem er es weiter nach oben hält.
"Das sind ziemlich viele."
Plötzlich mustern mich seine eisblauen Augen kritisch, ehe er einen Satz ausspricht, der mich zusammenzucken lässt.
"I-Ich...", mir ist bewusst, dass ich nun die Wahrheit sagen muss, doch ich will nicht. Ich will das hier nicht zerstören.
"Der Brief war eigentlich für Marius. Ich habe die Tasche verwechselt, weil ihr dieselbe habt."
Kurz sehe ich zu ihm auf, nur um festzustellen, dass sein Blick sich nicht verändert hat.
"Aber", beginne ich und greife nach seinem Arm, um mich an diesen zu drücken, "ich mag dich. Ich möchte viel lieber nochmal mit dir ausgehen, als mit Marius", stottere ich zitternd, ehe ich wieder in ein, diesmal grinsendes, Gesicht aufsehe. Langsam lehnt er sich zu mir runter und sieht mir direkt in die Augen, ehe er seine schließt und sanft seine Lippen auf meine drückt. Unsicher erwidere ich den Kuss, als er sich auch schon löst und mich zufrieden anlächelt.
"Also... magst du mich auch?", will ich wissen, was ihn auflachen lässt.
"Vielleicht sollte ich an dieser Stelle auch ehrlich sein", murmelt er leise, weshalb ich meinen Kopf schief lege und ihn fragend ansehe.
"Du hast den Brief in die richtige Tasche gelegt."
Mein Blick ändert sich wohl zu verwirrt zu verständnislos, weshalb er lächelnd weitererzählt.
"Ich hab' gesehen, wie du ihn zu seiner Tasche gebracht hast. Ich war eifersüchtig. Ich war richtig eifersüchtig. Also hab' ich ihn geklaut. Bist du jetzt böse?"
Auch wenn mir diese Aktion ganz schön viele Sorgen eingebracht hatte, konnte ich bei seinem schuldbewussten Blick einfach nicht wütend werden.
"Nein."
"Wusste ich."
Mit diesen Worten küsste er mich erneut.

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Die Idee sah in meinem Kopf viel besser aus. Sie ist irgendwie sehr chaotisch geworden. Vielleicht hätte es sich doch besser als Mehrteiler gemacht.
Ach, meh.
Lasst gerne Feedback da!

Letter. |-Tardy OSWhere stories live. Discover now