Sonnengelb

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Wie jeden Samstag Vormittag war die Schulbibliothek Hogwarts' recht verlassen. Lucy Weasley war gerade mit ihren Hausaufgaben fertig geworden und räumte alle Bücher vom Tisch in die Regale.
Und wie jeden Samstag trottete sie die Regalreihen entlang, auf der Suche nach neuem Lesestoff.
Lucy trug schon zwei Bücher, als sie an einen Tisch kam, an dem sich eine Hufflepuff über ein Notizbuch beugte.
Ersteinmal nichts ungewöhnliches, doch auf den zweiten Blick bemerkte Lucy, dass das Mädchen kein einziges Buch neben sich liegen hatte. Dieses Mädchen machte keine Hausaufgaben, sondern...
Die Hufflepuff sah auf: "Kann ich dir helfen?"
Lucy schüttelte den Kopf und wollte schon weitergehen, als ihr Blick auf das Notizbuch fiel, denn statt Aufsätze zu schreiben zeichnete sie - und das, soweit Lucy das als begeisterte Zeichnerin sagen konnte, verdammt gut.
"Wow, dass sieht echt cool aus!"
"Danke", murmelte sie.
"Wie heißt du eigentlich?"
"Yara"
"Ich bin Lucy"
"Ehm...ja ich muss dann auch los.", nuschelte das Mädchen, klappte ihr Notizbuch zu und rauschte ohne sich zu verabschieden an Lucy vorbei.

Die schaute ihr hinterher. Erst jetzt stellte sie fest, dass die Ärmel des weißen Pullovers, den das Mädchen trug, ein paar Zentimeter zu kurz waren, ebenso wie die Beine ihrer Jeans. Oder bildete sie sich das nur ein?

Vielleicht war es keine so gute Idee gewesen bis nach Mitternacht zu lesen, um dann sechs Stunden später wieder aufzustehen.

Ihre Füße trugen Lucy in die große Halle, die sich langsam füllte. Der Tisch der Hufflepuffs war schon gut besetzt. Fast die Hälfte der Gryffindors und Slytherins waren mittlerweile auch schon auf den Beinen. Nur der Tisch der Ravenclaws war spärlich besetzt. Denn entgegen des Klischees standen nicht alle Ravenclaws früh auf um zu lernen – vor allen Dingen an Samstagen. Stattdessen lasen viele lieber bis spät in die Nacht oder züchteten seltene magische Pflanzen.

Doch Lucy entdeckte jemanden am Ravenclawtisch der ganz und gar nicht mehr schlief. Ihre große Schwester Molly Weasley war tatsächlich das Risiko eingegangen Marmelade auf ihr Buch zu kleckern.

„Bekomm' ich auch einen?", fragte Lucy und setzte sich neben sie. Molly schob einen Teller mit Marmeladentoast zu ihr, ohne auch nur aufzublicken.

„Hörst du mir zu?"

Molly schloss darauf mit einem Nicken ihr Buch. Es hatte eben doch Vorteile ihre kleine Schwester zu sein, denn jedem anderen hätte sie einen Stoß in die Rippen versetzt und sonst nicht weiter reagiert.

Lucy berichtete von ihrer Begegnung.

„Du weißt so gut wie ich, dass Hufflepuffs nicht so verschlossen sind. Klar einige reden weniger als andere, aber sie ist dem Gespräch komplett ausgewichen. Das sieht einer Hufflepuff ganz und gar nicht ähnlich."

„Lucy, du kennst sie überhaupt nicht. Wer weiß, vielleicht hat sie eine schlechte Nachricht erhalten und sie wollte alleine sein. Du spricht sonst doch auch nur wenn es nötig ist."

„In diesem Fall war es definitiv nötig. Und außerdem sie erschien mir nicht traurig oder bedrückt."

„Die Gefühle eines Menschen offenbaren sich nicht immer auf den ersten Blick."


Lucy war sich auch nach über einem Schuljahr immer noch nicht ganz sicher, ob sie Pflege magischer Geschöpfe nun mochte oder nicht. Wesen wie Einhörner und Hippogreife waren zweifellos interessant, andere wie Acromantulas ziemlich furchteinflößend und Flubberwürmer einfach langweilig.

In dieser Stunde sollten die Ravenclaws und Hufflepuffs paarweise Bowtruckles beobachten. Lucy ergriff die Gelegenheit und stellte sich zu Yara, die ihr nur einen undefinierbaren Seitenblick zuwarf. Warum machte sie es Lucy nur so schwer Kontakt aufzunehmen?

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