Say No

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Meine Anweisungen waren eigentlich simpel, egal was er von dir verlangt, oder worum er dich bittet, du sollst nein sagen. Du darfst ihm nichts Gutes tun. Der Kleine muss abgehärtet werde, sonst war die ganze Arbeit, die wir in ihn hinein gesteckt haben für die Katz gewesen, denn würde er auf den Missionen sonst versagen. Ich hatte für die Hydra bereits vieles getan, kaltblütig gemordet, Kinder vor deren Eltern qualvoll sterben lassen, auch umgekehrt und all das hatte mich immer kalt gelassen. Es war mir egal wie sie immer wieder um Gnade flehten. Sie waren eine Bedrohung und mussten eliminiert werden, sonst würde es Konsequenzen haben, die uns nicht gefallen würden. Ganz einfach zu verstehen, ganz einfach auch zu erledigen, aber irgendwas war dieses Mal anders gewesen. Mir wurde ganz komisch. Dieses seltsame Gefühl in meiner Brust, wie ein stechender Scherz, doch raubte mir dieser glatt den Atem, ließ ein starkes Kratzen im Hals zurück, fast wie ein Juckreiz. Neben dem starken unwohl sein, gegen welches ich gerne etwas getan hätte, schienen mir die Worte im Halse stecken geblieben zu sein. Es war so, als hätte ich auf einmal einen Kloß in meiner Kehle. Ich konnte weder Schlucken, noch bekam ich den geringsten Ton heraus. Diese strahlenden, eisblauen Augen, wie sie mich so flehend und hoffnungsvoll betrachteten, leicht nach oben geschielt, da ich um einiges größer war als er, ... es war zum Haare aus reißen.
Er erstach mich mit seinem Blick. Meine Knie wurden ganz weich, dass ich drohte mich gleich nicht mehr halten zu können, auch wenn es schwer war zu sagen, wann genau gleich sein würde. Die Zeit nahm ich kaum noch wirklich mit. Wir hätten uns bereits seit Stunden so ansehen können und es wären für mich bloß 5 Minuten gewesen. Was er eigentlich gesagt hatte, geriet irgendwie in Vergessenheit und als mich die fragende Art, wie er meinen Namen sagte wieder in die Realität schubste, kam nichts als ein kurzes ,,Hm?,, über meine Lippen. Der Kleine sah etwas enttäuscht aus, die Mundwinkel zucken nach unten und in seinen gerade eben noch so hoffnungsvollen Augen spiegelte sich nun etwas seltsames wieder. Es war nicht unbediengt starke Trauer, eher etwas anderes, eigenartiges, wie eine Mischung aus gestorbener Hoffnung, Kälte, Enttäuschung, dass ich meinte seine Gedanken lesen zu können : ,,Du nimmst meine Bitte wahrscheinlich eh nicht ernst. Ich brauche gar nicht fragen, denn sagst du ja eh nein,, . Wie konnte dieser kleine Junge nur so etwas in mir auslösen ? Zögernd bat ich ihn darum, seine Frage bitte zu wiederholen, da ich diesem Blick kaum stand halten konnte. An irgendetwas erinnerte mich er doch, mir wollte bloß nicht einfallen was genau das denn nur war. Seine raue, ungebrauchte aber auch so zärtliche Stimme flüsterte mir zu : ,, Ich wollte ... ich wollte nur fragen ob wir nicht ... naja es ist doch Heute Weihnachten ,,
. Ich unterbrach ihn und musterte ihn etwas streng : ,,Woher weißt du das denn ?,, . Er verstummte sofort, sah mich an wie ein Kind, dass von seiner Mutter erwischt wurde, wie er an die Wand gemalt hatte, ertappt. Seine Wangen wurde langsam rot, der Farbton immer aggressiver, bis seine zitternden Lippnen leise nuschelten ,,Naja also ... das steht ... ,, er sah auf den Boden, schien bei Nahe gleich zu weinen so dünn wie seine Stimme auf einmal war ,, d-das steht in ... in meinem B-Buch,, . Ich erhob nur eine Augenbraue und meinte in gereiztem Ton : ,,Welches Buch ?,, . Der Kleine fing an stark zu zittern, als hätte man ihn eine Stunde in der Arktis ausgesetzt. ,,Winter,, mahnte ich ihn streng, worauf er sich rührte und wieder in sein Zimmer ging. Ich folgte ihm in die kleine Zelle. Dieser Anblick war wiederlich. Er zog sich deprimiert in den Raum, der Kopf hing leblos herunter, dass ich glaubte, er würde gleich noch gegen die Wand laufen. Freudlos schliffen seine nackten Füße über das morsche, feutchte Holz, fingen wohl ein paar Splitter, da vereinzelte Bluflecken auf einmal auf dem Grund glitzerten. Der Boden bestand aus 4 quadratischen Holzflächen, anstatt bloß aus mehreren länglichen Brettern und in der hinteren Ecke, in welcher er gewöhnlich immer eingerollt schlief, packte er sich die Platte, um diese an zu heben. Er griff unter den Boden und zog ein altes Buch heraus, mit zerfressendem, roten Cover.
Schütern zog er sich wieder zu mir, sobald ich ihm das Buch aus den Händen genommen hatte, drückte er sich diese fest an seine Brust, als würde ich ihm fürs stehlen die Hände ab hacken. Etwas irritiert betrachtete ich den Gegenstand. Es sah aus, als hätte man den Papierhaufen ins Wasser geworfen, so gewellt wie die Seiten waren oder an sich wie leicht das Stück kaputt ging. An der oberen Ecke schimmelte es bereits. Es war widerlich, doch konnte man den Titel noch einigesmaßen gut lesen : ,,Das Weihnachtswunder-Träume werden war,, . Ich schluckte etwas schwer. Das war irgendwie süß. Er hatte dieses Buch hier versteckt, obwohl er genau wusste, dass man ihn bestrafen würde, hätte man es gefunden, wahrscheinlich weil er seine Träume selbst verwirklichen wollte. ,,Hast du das bereits durch gelesen ?,, murmelte ich, während ich mir die Rückseite durch laß. Zögerlich nuschelte er wieder : ,,J-ja ... hab ich,, . ,,Ach Gott ... ,, murrte ich ,,du solltest es bereits besser wissen, Winter,, . Er sah flehend zu mir auf, sein Blick bettelte um Vergebung, um Gnade, dass es mir schwer viel ihn zu schlagen, aber es ging nicht anders. Es waren meine Befehle die ich zu befolgen hatte. Entweder er oder ich, also holte ich aus und schlug ihm in sein trauriges Gesicht. Es riss ihn glatt von den Füßen, denn fiel er hin und kroch wimmernd von mir weg, an die Wand, um möglichst viel Abstand zwischen uns zu haben. Der Kleine traute sich gar nicht den Blick zu erheben, bis ich mich vor ihm hin hockte.
Die Lippe aufgeplatzt, der Kiefer schief und glasige Augen sah ich vor mir. Man konnte deutlich sehen, wie er mit sich selbst kämpfte, um vor mir nicht in Tränen aus zu brechen. ,,Toll ... dafür sollte ich ihm nochmal eine rein hauen ,, sagte ich etwas zu laut zu mir selbst, da er es wohl verstanden hatte, was sein eingeschüchtertes ächzen aussagte, welches er von sich gab, als er versuchte weiter zurück zu weichen. Ich nahm mich also zusammen, biss mir selbst auf die Unterlippe, ehe ich ihm erneut widerwillig weh tun musste. Sein verletztes Stöhnen, als meine geballte fast wiederholt seinen Kiefer traf, war mir fast so unangenehm wie es ihm der Schmerz war. Das ungesunde Knacken, ließ mich glatt zusammen zucken, was Winter gar nicht aufgefallen war. Er zog sich bloß die Arme über den Kopf, um sich zu schützen. Zitternd, wimmernd, weinend, verletzt, saß er in dieser Ecke, quetschte sich in diese hinein, als würde er bald durch die Wand brechen, nur um von mir weg zu kommen. Das salzige Wasser, floss seine roten Wangen herunter, tropfte vereinzelt auf den Boden, welcher die Feuchtigkeit gar nicht mehr aufnehmen konnte. Gott es war zum Haare ausreißen! Wie konnte mich dieser Anblick überhaupt noch großartig beeindrucken. Ich selbst hab auch schon so ausgesehen, wie er gerade, aber ... ich war aber auch nicht in seinem Alter. Wie walt war er denn bitte, 10 ? Das ziemlich weite Shirt, welches er immer tragen musste, da wir ihm nichts anderes zur Verfünung stellten, war von strahlendem, unscheinbarem weiß bereits in ein moderiges, ekelhaftes grau-braun übergewechselt und die Stellen, welche nicht von Dreck erfasst waren, ließen stechendes Blutrot sichbar werden.
Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass sich je irgendjemand darum geschert hatte dem Kleinen großartig zu helfen. Weder hab ich je gesehen, dass man ihm mal etwas anderes zu essen gegeben hatte, als verfluchte Leichenteile, von seinen eigenen Opfern, noch dass man ihm mal etwas anderes zu kleiden gegeben hatte, noch seine Verletzungen behandelte. Er muss all das wohl nur überleben können, weil ihn das Serum so viel belastbarer macht. Ich wollte gerade erneut ausholen, da er mich mit seinen Beinen von sich weg schubsen wollte, was er aber eigentlich nicht durfte, doch es war so, wie eine Schockstarre. Sein verzweifelter Versuch voller Angst, mich von sich weg zu bekommen, zu fliehen, obwohl er selbst nicht daran glaubte entkommen zu können. Der Kleine heulte, aber traute sich gar nicht wirklich etwas zu sagen. Das Schluchzen versuchte er so gut es ging zu unterdrücken, wofür er die Luft anhalten musste, doch bei der Panik welche seinen Verstand benehbelte das keine 5 Sekunde am Stück aushielt. Es wechselte schwischen kläglichem Wimmern, Jaulen und erstickendem Husten . Der Speichel lief aus seinem Mund heraus, seine bebenden Lippen hinunter, wobei mir nur noch bewusster wurde, dass er sich den Kiefer wohl wirklich ausgerenkt zu haben schien. Da ich aufgehört hatte auf ihn ein zu prügeln, schielte er traumatisiert zu mir herüber. Als sich unsere Blick kreuzten, war es wie ein stich in die Brust. Dieser Blick durchbohrte mich. Wie konnten mich diese Augen nur so fertig machen. ,,Bitte... ich flehe dich an, hör doch bitte auf. Ich will nicht mehr. Wieso tust du mir das nur an?,,sagte er, doch verließ seine Lippen kein Wort, im Gegensatz zu meinen:
,,Ich ... Winter du ... wir haben Regeln Kleiner ... und du weißt, dass wir uns daran halten müssen, sonst kommen wir in Schwierigkeiten ... Was hast du dir dabei gedacht, als du dir das Buch genommen hast ?,, . Er sagte nichts, sondern sah zu dem Buch herunter, welches ich ihm zögerlich wieder zurück gab. Der braun Haarige umschlang es mit seinen Armen, wie einen wertvollen Schatz. Wie kann man bei diesem Anblick bitte standhaft bleiben. Sobald ich in dieses strahlende Eisblau sah, empfand ich das Bedrüfnis ihm zu helfen, so wie ich es mir damals gewünscht hatte. Warte Mal ... jetzt weiß ich woran er mich erinnert. ,,Du bist genau wie ich damals ... ,, murmelte ich leise, doch verständlich. Vorsichtig warf er mir einen wissbegierdigen Blick zu, auf welchen ich jedoch unerwarteter Weise mit seichter Stimme einging : ,,Diese Augen sehen genau so aus wie meine damals, wenn ich mich selbst angewidert im Spiegel betrachten musste. Ich war genau wie du. Es waren die kleinen Dinge, welche ich so faszinierend fand, welche mich so unendlich glücklich gemacht haben, weil ich einfach nichts hatte. Immer wieder habe ich Regeln gebrochen, die Hydra dafür meine Knochen, genau wie bei dir. Du hast dir das Buch genommen, weil es dich fasziniert hat, weil du dieses Gefühl haben wolltest, dieses Kribbeln im Kiefer, dass die Mundwinkel anhebt, weil du außer diesem Gefühl und Schmerz nichts anders hast, um dich lebendig zu fühlen ... Das Leben hier unter Hydra ist hart, lieblos und voller Schmerz Kleiner, aber weißt du, warum wir das hier alles tun ?,, . Der Soldat schüttelte schwach den Kopf.
,,Es ist für die Menschheit ... für alle Menschen auf diesem Planeten, denn es ist unsere Aufgabe diese Welt zu beschützen und sie von allem zu befreien was böse ist. Wenn du etwas älter bist, dann wirst du der Hydra deine Dienste erweisen und ihnen tatkräftig helfen die Erde zu bereinigen. Es gibt Menschen, die sind böse, die zerstören den Frieden, weil sie lieber frei sein wollen. Diese Leute möchten keine Regeln, sie wollen Chaos verbreiten, weil es ihnen Spaß macht das Chaos zu leben. Und weil es solche Menschen gibt, müssen wir sie aus dem Weg räumen. Es sind nicht einmal ein Bruchteil von allen Leuten in unserer Gesellschaft, aber wenn sie weiter leben, wird es immer wieder Krieg geben, Tote geben, Leid geben und wir müssen das verhindern. Es ist nicht einfach die Erde zu beschützen und deswegen muss du perfekt arbeiten, darfst dir keine Fehler erlauben, da gibt es nur ein Problem ... wir Menschen sind nicht perfekt, also darfst du kein Mensch sein. Du musst eine Waffe sein, darfst diese kleinen Freuden im Leben nicht haben, damit du funktionierst,, antwortete ich ihm, wobei ich ihm ein mitfühlendes Lächeln schenkte. Er wollte gerade etwas sagen, da knackte sein Kiefer wieder so schmerzhaft, dass sich meine Nackenhaare aufstellten.
Winter drückte sich die Hände auf den Mund, wobei vereinzelte Tränen seine Wangen erneut herunter liefen, nachdem er sich doch gerade eben erst wieder in den Griff bekommen hatte. Ich nahm meinen Schaal ab, um ihm das Nass aus den Augen zu wischen, ehe ich ihm diesen um den Hals legte. Fassungslos beäugte er den schwarzen Stoff, welchen er trug, als wäre er ein 5 Jähriger, der zum 1. Mal einen Schmetterling sieht. Das weiche Material ließ er zwischen seinen Finger laufen, zog etwas daran, bevor er bloß seine Nase darin vergrub. Das schmerzverzogene Gesicht entspannte sich auf einmal, als hätte er gerade inneren Frieden gefunden, oder wäre frei von allen Schmerzen, wie von Zauberhand. Widerwillig zog ich seinen Kopf an seinem Haar hoch, dass er nicht anders konnte, als mich wieder mit diesem Welpenblick zu betrachten, der mich dazu zwang ihn zu verschohnen. Ich legte ihm meine freie Hand, an sein Kinn, weshalb er sich Panik erneut in ihm breit machte. Er versuchte es wie immer zu überspielen, seinen Atem flach zu halten, wobei seine Brust sich in beachtlich geringen Abständen hebte und senkte. Das atmen gleichte eher einem widerlichem Röcheln, wie ein erstickender Hund, der versuchte das Fressen wieder aus zu kotzen, welches ihm im Halse stecken geblieben war.

Lika A Son To MeWhere stories live. Discover now