So far away...

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Ein Jahr.
Seit einem Jahr hatte ich sie nun nicht gesehen. Seit einem Jahr nicht ihren Duft gerochen und ihre Stimme gehört. Trotzdem war sie in meinem Kopf. Jeden verdammten Tag.

Wir hatten uns heftig gestritten und sie war gegangen ohne mir auch nur Lebewohl zu sagen. Es brach mir einfach jeden Tag aufs neue das Herz. Unsere Beziehung war nie einfach gewesen, hatte Höhen und Tiefen durchmachen müssen, doch ich hatte keine Sekunde aufgehört sie zu lieben.
Wenn ich so darüber nachdachte war sie wahrscheinlich die Liebe meines Lebens, die nun schon seit einem Jahr in Australien Work and Travel machte.

Es war ihr Traum nach ihrer Ausbildung endlich aus diesem Kaff hier zu verschwinden. Das Einzige was sie hier hielt war ich. Ich ihr damals engster Vertrauter, ihr Freund, ihr Geliebter und manchmal auch einfach nur derjenige, der sie auf den Boden der Tatsachen zurückbrachte, falls sie sich mal wieder zu sehr in etwas hineinsteigerte.

Unsere Beziehung hielt 5 Jahre. Wir erlebten alles gemeinsam zum ersten Mal. Von unserem ersten Kuss auf der Party meines besten Freundes, bis zu unserem ersten Mal in meinem Doppelbett. Ich hatte versucht sie wie eine Prinzessin zu behandeln, trotzdem aber auch immer Scherze mit ihr zu machen und sie durchgehend zu ärgern. Sie war einfach nur süß wenn sie dann so verlegen lächelte. Wir waren perfekt. Bis zu diesem einen Tag der unser ganzes Leben veränderte.

Hannah war unzufrieden. Sie suchte nach einem neuen Abenteuer, wurde immer unglücklicher. Eines Tages klingelte sie dann bei mir an der Tür und teilte mir mit, dass sie es hier nicht länger aushielt und für ein Jahr nach Australien gehen wollte.
Es brach mir das Herz und ich wusste absolut nicht wie ich damit umgehen sollte. Ein ganzes Jahr ohne sie. Für mich war das schlichtweg unvorstellbar.

Wir sprachen viel über dieses Thema und ich äußerte meine Bedenken dem gegenüber, doch sie sah es nicht ein. Für sie gab es nur die eine Option und es schien ihr egal, dass ich dabei wohl auf der Strecke bleiben müsste. Mitkommen war für mich keine Option, da ich beruflich hier gebunden war und nicht mal eben ein ganzes Jahr einfach so weg konnte.

Ich stelle sie also vor die Wahl: Ich oder Australien.

Es war mir fast klar wie ihre Entscheidung ausfallen würde, aber ich wusste, dass ich es nicht übers Herz bringen würde mit ihr eine Fernbeziehung zu führen. Nachdem ich sie vor diese unmögliche Entscheidung gestellt hatte, war sie total ausgerastet, warf mir vor ich würde sie nicht verstehen, ihr immer alle Chancen verderben und sie einfach nicht unterstützen. Vielleicht war es egoistisch von mir gewesen sie vor so eine Wahl zu stellen anstatt es zu versuchen, doch ich war kein Mensch für Fernbeziehungen und sie ebenfalls nicht, das wusste ich zu 100%. Letztendlich hat sie stumm und mit Tränen in den Augen gesagt, dass wir dann wohl von nun an getrennte Wege gehen sollten.

Ihre Worte hallten heute noch durch meinen Kopf wenn ich darüber nachdachte. Jedes Mal trafen sie mich erneut mitten ins Herz. Danach war sie gegangen und ich hatte sie nie wieder gesehen. Wahrscheinlich war sie ihrem Traum nach Australien gefolgt, jedenfalls wusste ich es nicht genau, da sie mich auf allen Plattformen blockiert hatte und mir nur ihre alten Nachrichten an mich blieben. Vermissen war schon gar kein Ausdruck mehr für das was ich nun schon über ein Jahr tat. Es fühlte sich an, als wäre ein Teil von mir plötzlich verschwunden und hätte mich hier im dunkeln gelassen.

Genauso dunkel wie ich mich fühlte sah es auch draußen aus.
Es war schon seit Tagen nur am regnen und es schien als würde der Himmel mit mir zu weinen. Ich saß auf dem Sofa, den Blick stur aus dem Fenster gerichtet. Die Regentropfen rannen meine Scheiben hinunter und ich beobachtete vereinzelte Menschen die auf den Straßen entlang eilten, um möglichst wenig nass zu werden.

Ein schriller Ton riss mich aus meinen Gedanken und erst nach einem kurzen überlegen konnte ich ihn zuordnen: Die Klingel. Ewig hatte ich dieses Geräusch nicht gehört, da ich mich sehr zurückgezogen hatte und nur noch selten Besuch bekam. Müde schlurfte ich in meiner verwaschenen Jogginghose zur Tür und öffnete diese mit einem knarrenden Geräusch.

So far away... | Thomas Sangster OneshotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt