Die Hand des Königs

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„Rina, komm näher, ich habe einen Auftrag für dich", sagt Cersei und lenkt ihren Blick durch den runden Spiegel, der vor ihr steht, auf mich. Ich trete einen Schritt näher zu ihr und falte verlegen meine Hände in meinen Schoß. „Was kann ich für Euch tun, Mi'lady?", frage ich schüchtern und blicke ihr in die Augen, welche hinterlistig aufblitzen. Sie schiebt ihren Stuhl in meine Richtung und legt meine Hände sanft in ihre eigenen. „Wie lang bist du jetzt bereits in meinen Diensten?", fragt sie in einer weichen Tonlage. „Fünf Jahre", flüstere ich. Cersei lächelt und ich spüre die Wärme, welche ihre Hände abgeben. Es ist mir unangenehm, wenn sie mich so berührt, da ich weiß, dass sie dies nicht unter normalen Umständen tun würde. „Das ist eine lange Zeit und in dieser Zeit hast du mir gut gedient", stellt sie fest, steht auf, lässt meine Hände los und zeigt auf einen kleinen Tisch, auf welchem eine gläserne Karaffe Wein und zwei goldene Kelche ihren Platz gefunden haben. Anschließend deutet sie auf zwei Stühle, die neben dem Tisch stehen. „Setz dich", sagt sie freundlich und lächelt mich an. Ich nehme auf einem Stuhl Platz, während Cersei den zweiten belegt. „Wein?", fragt sie und hebt die Karaffe etwas an. Ich schüttle den Kopf, doch Cersei füllt einen der Kelche bis zum Rand mit der süßen Flüssigkeit und stellt ihn vor mir auf die Tischplatte. „Kennst du meinen Bruder?", fragt sie und nimmt den zweiten Kelch in die Hand, um ihn für sich selbst zu füllen. „Ja, Jaime Lannister", antworte ich. Dabei bin ich etwas unsicher, welchen Bruder sie meint. Weil mir jedoch scheint, dass sie Jaime mehr zugeneigt ist als Tyrion, entscheide ich mich spontan für ersteren. Sara lächelt verträumt, stellt die Karaffe zurück auf den Tisch und nimmt einen kurzen Schluck aus ihrem Kelch. „Trink!", befiehlt sie und deutet auf das Gefäß vor mir, welches ich wiederwillig zu meinem Mund führe.

Der Wein schmeckt süß und stark. Er ist stärker als der Wein, den ich für gewöhnlich, gelegentlich, zu mir nehme und vor allem schmeckt er viel besser. Ich will den Kelch wieder abstellen, als ich einen kleinen Schluck genommen habe, doch Cerseis Hand führt ihn erneut zu meinem Mund. Sie wartet, bis ich ihn vollständig geleert habe. Cersei nickt zufrieden und sagt: „Eigentlich meine ich meinen kleinen Bruder." – „Tyrion", gebe ich zur Antwort und Cersei nickt wieder. „Ja, Tyrion. Er ist die Hand des Königs. Wie gefällt dir die Arbeit des Königs?" Sie sieht mir scharf in die Augen. Mir wird es schlagartig heiß. Joffrey ist ihr Sohn, und ich würde von ihr eigenhändig aus dem Fenster geworfen werden, wenn ich etwas Schlechtes über ihn äußerte. „Du kannst offen zu mir sprechen. Dir wird nichts geschehen", sagt Cersei und streicht mir fürsorglich über die Wange, wie es eine Mutter bei ihrem Kind tun würde. Ich schlucke. Seitdem Joffrey die Krone trägt, müssen die Untertanen Hunger leiden, aber das weiß Cersei. Was also will sie von mir hören?

„Joffrey ist ein guter König, Mi'lady. Ihr könnt stolz auf euren Sohn sein." Cerseis Blick verfinstert sich. Will sie wirklich die Wahrheit hören? Ich zögere. „Er ist noch nicht lange König und muss noch Erfahrungen sammeln, aber ich bin mir sicher, dass aus ihm der beste und mächtigste Herrscher aller Zeiten werden wird. Ein stolzer Löwe", füge ich hinzu und Cerseis Gesichtszüge glätten sich. „Joffrey ist noch ein Junge und wird manipuliert. Weißt du auch von wem?", fragt sie und ich schüttle den Kopf. „Von der Hand. Tyrion Lannister", antwortet Sara. Ich stutze. Peter soll für das Leid der Menschen verantwortlich sein? Bis jetzt habe ich ihn als einen klugen, etwas zu kurz geratenen Mann wahrgenommen, welcher verzweifelt versucht jedem das Leben zu verbessern. Aber vielleicht hat sie recht. In der Stadt behaupten einige dasselbe von ihm und bezeichnen ihn als dämonischen Affen.

Cersei scheint zu bemerken, dass immer mehr unbeantwortete Fragen in meinem Kopf auftauchen und fährt sanft über meine Hand. Ich schrecke kurz hoch, als sie mich so aus den Gedanken reißt. Sie stellt ein kleines, durchsichtiges Gefäß mit einer milchigen Flüssigkeit auf den Tisch und schiebt es mit dem Zeigefinger in meine Richtung. „Was ist das, Mi'lady?", dringt holprig eine Frage aus meiner Kehle. „Das ist für meinen Bruder." sagt sie und lächelt mich erleichtert an, als ich die kleine Phiole in die Hand nehme. „Du wirst heute die Ehre haben und ihm sein Mittagessen servieren, aber achte darauf, dass er es auch wirklich zu sich nimmt. Zuvor wirst du nämlich die Flüssigkeit auf seine Speise schütten, aber so, dass man es nicht sieht", befiehlt Cersei und leert ihren Kelch in einem Zug, lässt mich dabei aber nicht aus den Augen. Ich stelle die Phiole zurück auf den Tisch, nehme sie dann aber doch wieder in die Hand, als ich Cerseis drohenden Blick bemerke. Ich kann mir schon denken, was diese Flüssigkeit bewirkt und ich will eigentlich nichts damit zu tun haben. „Du willst doch Königsmund helfen, oder?" fragt sie, als sie bemerkt, dass ich wieder in Gedanken versunken bin. Ich nicke. Ja, das will ich. Aber irgendwie muss ich es schaffen, sie davon zu überzeugen, dass sie nicht mich mit dieser Bürde belastet. „Bringt nicht für gewöhnlich Podrick, der Lord Hand seine Speisen", wende ich aus Verzweiflung ein.

Die Hand des KönigsWhere stories live. Discover now