I.

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Murrend schlug ich auf den Wecker neben meinem Bett. Wie ich dieses Ding hasste... Ein weiterer begann auf meiner Kommode zu schrillen, weshalb ich mich aus dem Bett hievte und auch diesen ruhig stellte. Ich zählte nicht zu den Morgenmenschen. Das leise Mauzen von Chloe, meiner völlig egoistischen Katze, ließ mich nach unten sehen. Ich bückte mich und nahm sie hoch, bevor ich mein Gesicht in ihr Fell kuschelte. "Guten Morgen, Liebling.", murmelte ich verschlafen und ließ sie wieder los. Mehr schlecht als recht ging ich die Treppe hinunter in die Küche. Der Timer meiner Kaffeemaschine hatte sich bereits angestellt, so dass das dunkle Gebräu bereits fertig war. Nachdem ich meine Tasse ausgetrunken hatte, ging ich im Morgenmantel zum Briefkasten und nahm die Post, die mittlerweile seit ungefähr zwei Tagen darin war, heraus. Da das meiste Werbung war, landete es gleich wieder im Müll. Zumindest, bis ich zu einem dicken Umschlag kam. Neugierig öffnete ich ihn und las es mir durch. "Mist...", murmelte ich und fluchte leise vor mich hin.

Sehr geehrte Miss Lawrence,

hiermit laden wir Sie mit aller Hochachtung zu unserem alljährlichen Debütantinnen-Ball ein. Nun ist schon wieder ein Jahr um und wir hoffen, dass wir Sie begrüßen dürfen.

Mit den wertesten Grüßen,

Lord und Lady Treadwell

Darunter stand noch die Adresse. Ich konnte mir denken, dass meine Mutter dafür gesorgt hatte, dass ich eine dieser heißbegehrten Einladungen bekam. Wütend pfefferte ich ihn auf den Esstisch aus Eichenholz. Sie konnte einfach nicht verstehen, dass ich keinen Ehemann wollte und auch keinen brauchte. Mit ein wenig Magie ließ ich mir mein Frühstück machen und schaltete die Nachrichten ein. So oder so, ich hatte keine Wahl. Ich musste mich dort blicken lassen, wenn ich die Treadwell's nicht tödlich beleidigen wollte. Verflucht, das hieß auch, dass ich mir eines dieser Kleider kaufen musste, von denen ich gehofft hatte, dass es nie nötig sein würde.

Kurz nachdem ich mich angezogen hatte, klingelte es an der Haustüre. Nichts, außer einem Packet stand davor. Mit einem kleinen Zauberspruch trug es sich von selbst ins Haus und ich öffnete es, unter den neugierigen Blicken von Chloe. Ich sah nur den hellen Stoff und wusste sofort was es war und auch von wem. Wenn ich sie heute auch nur einmal sah, würde ich sie eigenhändig erwürgen. Wenig begeistert nahm ich das Kleid und betrachtete es. Es war, zumindest für meine Mutter, verhältnismäßig schlicht. Vielleicht sollte es eine kleine Entschädigung sein, dafür, dass sie mich zu diesem Fest zwang. Immerhin wusste sie, wie sehr ich zu viel Glitzer und auffällige Schmuckstücke hasste.

Gegen Nachmittag kam ich frisch geduscht aus dem Badezimmer. Auf meinem Bett lag das Kleid und es schien mir, als würde es mich herausfordernd ansehen. Was natürlich auch gut sein konnte, aber ich glaubte nicht, dass es verzaubert war. So viel Privatsphäre ließ mir meine Mutter dann doch. Unentschlossen zupfte ich wahllos meine Unterwäsche aus dem Schrank und zog sie an. Nachdem ich meine dunklen Haare ein wenig gelockt hatte, steckte ich sie mir locker hoch und schminkte mich dezent. Das Kleid würde wohl das Auffälligste an mir bleiben heute. Nachdem ich die feingliedrige Goldkette um meinen Hals gelegt hatte, die ich von meinem Vater hatte, zog ich mir das Ungetüm an Stoff an. Zumindest ließ es mir etwas Bewegungsfreiheit. Pünktlich um sechs kam die Limousine und fuhr mich zu dem prunkvollen Anwesen der Treadwell's.

Ich stieg aus den Wagen, als mein Chauffeur mir die Tür aufhielt. Überall war es hell beleuchtet, was mich kurz blinzeln ließ. Ich schritt die paar Stufen aus Marmor zur Eingangstür hinauf und nahm dankbar das Glas Champagner an, dass man mir anbot. Immerhin war es gut möglich, dass meine Mutter hier jeden Moment aufschlug und da brauchte ich möglichst viel Alkohol, um das ertragen zu können. Ich betrat das riesige Haus, welches mindestens auf einem ebenso riesigen Anwesen stand. Zwar waren die Treadwell's nicht wohlhabender als meine Familie, aber ich zog es dennoch vor, in meinem kleinen, abgelegenen Haus zu wohnen, welches etwas versteckt lag. "Juliet, da bist du ja!", hörte ich das aufgeregte Rufen einer Frau, die mich auch sogleich in die Arme schloss. "Du siehst hinreißend aus, Kind.", strahlend betrachtete meine Mutter mich. "Es freut mich auch dich zu sehen, Merinda.", sagte ich höflich. Währenddessen sah ich mich nach einem der Kellner um. Irgendwo mussten die doch noch mehr Alkohol haben. Ich ertrug sie sonst nicht. "Hach, wir haben schon gedacht du kommst nicht.", lachte Merinda, "Schau nur all die Männer. Und du musst dir nur einen aussuchen." Ich ließ sie in ihrer kleinen Traumwelt und suchte weiterhin nach den Angestellten. Endlich entdeckte ich einen. "Ja, wirklich wunderbar.", murmelte ich geistesabwesend, "Entschuldige mich einen Moment." Und schon war ich auf dem Weg, den Kellner mit den Champagnerflöten auf dem Tablett fest im Blick.

***

Ich hatte nicht viel Schlaf nötig, hielt sogar über einige Monate ohne aus, weshalb ich mich auch noch am Morgen an einigen, halbnackten Frauen nährte und ihnen das Blut aus den Lenden saugte. Da sie allesamt sehr schöne - und für andere Dinge ebenfalls nützliche - Frauen waren, ließ ich sie am Leben und wechselte mich immer mal wieder zwischen ihnen ab, bis sich die nächste von dem Blutverlust erholt hatte. Ich konnte ihnen auch mein Blut geben und sie wären wieder bei Kräften, doch das waren sie nicht mehr wert. Mein Blut war das älteste Vampirblut, welches es gab und zu rein für ein paar Menschenfrauen.

Nachdem ich gesättigt genug war, löste ich mich von einer jungen Brünetten und leckte mir über die Eckzähne. „Du kannst gehen.", murmelte ich. Sie griff nach ihrer Kleidung und verließ den Raum. Es war nicht so, dass ich diese Frauen gefangen hielt. Einige wussten von unserer Existenz und wollten förmlich, dass ich ihr Blut trank, also tat ich das auch. Es gab ihnen, zumindest bei mir, ein Gefühl der Befriedigung.

Nun erhob auch ich mich von dem roten Sofa und ging zum Esstisch hinüber. Mir wurde vorhin ein Brief gebracht. Wahrscheinlich wieder eine Einladung zu dem Ball der Treadwell's. Ich hatte langsam genug von diesem ewig gleichen Ablauf und den langweiligen Frauen dort, doch vielleicht würde ich da meine geliebte, kleine Hexe finden. Soweit ich das wusste, und ich hatte schon viel über sie in Erfahrung gebracht, war sie Single und ihre Mutter scharf darauf, sie an einen Mann zu binden. Perfekt.

In meinem Schloss lebten noch einige andere Vampire immerhin war ich der Anführer des Vampirclans in England und hier lebten ein paar Millionen von uns, denn nicht alle kamen aus England. Manche waren aus Mexiko oder Amerika. Auch russische Vampire waren dabei und dadurch kam einiges zusammen. Verständigungsprobleme hatten wir keine. Vampire lernten schnell Sprachen und wir hatten uns alle darauf geeinigt Englisch zu reden. Jedenfalls, wenn ich dabei war.

Ich ging die Treppe hinab und begrüßte einige von ihnen, die sich gerade vor dem großen Kamin mit ein paar Menschen begnügten. Ob sie nun Sex hatten oder von ihnen tranken, keines der beiden Dinge störte mich sonderlich. Auch an ihnen ging ich vorbei, in einen Raum, in dem einige hohe Schränke standen. Hier sammelten sich alle Kleidungsstücke der hier lebenden Vampire. Ich hatte einen separaten Schrank und holte aus diesem ein weißes Hemd, welches im Licht leicht durchsichtig war, heraus, sowie eine schwarze Hose und schicke schwarze Abendschuhe. Ich zog mich auch gleich hier um, nachdem ich die Türe geschlossen hatte und rückte den Kragen des Hemds noch etwas zurecht, bevor ich mich im Spiegel betrachtete und zufrieden nickte. Sollte reichen. Ich suchte ja sowieso nicht nach einer Frau, die ich heiraten würde. Meine Augen wären später bloß auf eine Person gerichtet: Juliet. Und diese brauchte ich nicht als Hausfrau, sondern Hexe.

Ein paar der weiblichen Vampire aus unserem Clan kamen ebenfalls auf diese Veranstaltungen. Die einen zur puren Belustigung, die anderen, weil sie sich tatsächlich einen festen Mann suchen wollten. Aber warum nicht? Wir brauchten mehr Vampire, mehr reinrassige Vampire. Ich hasste diese vorlauten Halbvampire, die sich einbildeten stärker als wir zu sein. Sie waren nicht mal halb so stark! Und wesentlich frecher, mordeten sich lustig durch die Welt, wie es ihnen gerade passte. Sie zogen unsere Rasse in Schande und Schmutz. Ich sah kurz auf die Uhr und nickte schließlich. Ich sollte langsam los. Da mich die Ladies baten zu warten, tat ich dies auch und harkte mich schließlich bei ihnen ein, als sie fertig waren. Sie trugen wirklich wunderschöne, lange Kleider, aber sie alles konnten es sich nicht verkneifen ihr prachtvolles Dekolleté zu präsentieren. Natürlich hatte ich rein gar nichts dagegen. Aber würde das den richtigen Eindruck für einen potenziellen Ehemann machen? Wir stiegen in die weiße Limousine ein, wo bereits ein paar Menschen drin saßen. Schöne Frauen und Männer von denen wir uns vor der Ankunft noch ernährten. Der Fahrt verging bei diesem Spaß natürlich auch schneller und als der Wagen schließlich zum Stehen kam, war ich mir sicher, dass wir da waren. Ich stieg nach den Damen aus dem Wagen, sie harkten sich abermals bei mir ein und wir betraten das große Anwesen. Als wir drinnen waren, lösten sie sich allerdings von mir und sahen sich schon nach netten Männern um, während mein Blick nach Juliet umherschweifte. Da sie eine Hexe war, eine relativ alte wohl bemerkt, fiel es mir etwas schwerer sie durch ihr Blut riechen zu können, doch sie war nicht so weit weg, weshalb es mir doch nach kurzer Zeit gelang. Und kaum hatte ich das hübsche Fräulein entdeckt, stellte ich mich hinter sie und hauchte ihr in den Nacken. „Juliet.", raunte ich und lächelte charmant.

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⏰ Last updated: Apr 27, 2019 ⏰

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