Prolog

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Hoch oben im Himmel, dort, wo kein Normalsterblicher jemals hingelangen würde, befand sich die Akademie der Sternenläufer, jener fast göttlichen Wesen, die von den Menschen verehrt wurden.

Der Oberste dieser Götterähnlichen war der weise Silarius. Gemeinsam mit den zwölf anderen Mitgliedern des Zirkels saß er an einem langen, holvertäfelten Tisch. Die Sternenläufer befanden sich in der Akademie, im Sternensaal. Dieser große, runde Raum bildete das Zentrum der Akademie und nur den Mitgliedern des Zirkels war der Zutritt gestattet. 
Die silbrig schimmernden Augen von Silarius blickten aufmerksam in die Runde. Die Hände hatte er auf dem Tisch über einem sehr alt aussehenden Buch mit einem verblichenen, lilafarbenen Einband gefaltet.

Er räusperte sich und das leise Murmeln der anderen Sternenläufer verstummte auf einen Schlag. Selbst der leichte Luftzug, der durch ein großes Fenster wehte, stoppte. Die geheimnisvolle Macht, die Silarius umgab, war fast schon greifbar.
Als er anfing zu sprechen, klang seine Stimme kraftvoll und melodisch. Doch das, was er verkündete, war gar nicht so positiv wie es seine Stimmlage vielleicht erahnen ließ.

"Liebe Mitglieder des Zirkels", begann er, "Wie ihr wisst, versammeln wir uns nur zu sehr wichtigen Anlässen. So wie heute."
An dieser Stelle machte er eine Pause und seine Worte hingen bedeutungsschwer im Raum.
„Im Buch der Sterne ist eine neue Seite erschienen!"

Dieser Satz hatte eine gewaltige Wirkung auf alle Anwesenden. Jeder zuckte merklich zusammen und die vorherrschende Stille wurde nun durch leises, aufgeregtes Geflüster gebrochen.
Silarius sah dem eine Zeit lang zu, bevor er sich durch ein Räuspern erneut Gehör verschaffte: „Ich weiß, es ist das erste Mal seit 247 Jahren, dass eine neue Seite erscheint, was selbst für uns Sternenläufer eine beträchtliche Zeitspanne ist. Jedoch möchte ich euch noch zuerst den Inhalt der Prophezeiung mitteilen. Und ihr wisst: Sobald ihr diesen Raum verlassen habt, seid ihr jedem gegenüber zum Schweigen verpflichtet."

Mit diesen Worten schlug Silarius vorsichtig das Buch unter seinen Händen auf und begann zu lesen:

„Eine neue Zeit wird kommen. Nichts wird mehr so sein, wie es war. Ein Mädchen wird erscheinen und die Macht der Sterne in ihrem Herzen tragen. Sie kann eure größte Hoffnung und euren schlimmsten Untergang bedeuten. Wenn Sterne und Natur sich verbinden, wird die Welt in ihren Grundmauern erzittern."

Nach seinen Worten herrschte bestürztes Schweigen. Silarius erhob sich, sah sich ernst um und meinte mit tiefer Stimme: „Sternenläufer des Zirkels, wir alle wissen, was das bedeutet. Eine neue Zeit wird anbrechen und wir täten gut daran uns vorzubereiten. Ihr wisst, was ihr zu tun habt, also an die Arbeit!"

Die Mitglieder des Zirkels erhoben sich und ließen Silarius in dem Raum zurück. Als dieser nun allein war, stütze er seinen Kopf in die Hände. Vor den Anderen hätte er eine solche Schwäche niemals zugelassen, aber jetzt allein, brach alles über ihm zusammen. Er hatte damit gerechnet; Mit einer neuen Prophezeiung und sogar deren Inhalt hatte er vorausgeahnt. Allerdings hatte er den anderen Sternenläufern des Zirkels nicht die gesamte Prophezeiung vorgelesen. Den letzten Abschnitt hatte er ausgelassen. Dieser war so ungeheuerlich, dass Silarius sich fragte, ob es nicht unter Umständen besser wäre zu flüchten, solange es noch möglich war...

Sternensaga (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt