1 | Wiedersehen

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Mein Name, Asiye Bulut, die Verlobte von Aslan Kara, dem Oberhaupt der Mafia.

Tragisches Schicksal, Zwangsheirat.

Ich hörte davon, dass er wieder in der Stadt war. Zurückgekehrt, um mich zu holen und zu seiner Frau zu machen, jedoch hatte ich keinesfalls vor, seinem Willen zu folgen. Zumindest kein wiederholtes Mal.

Daher buchte ich den nächstmöglichen Flug ins Ausland und packte in meiner Wohnung die nötigsten Sachen in einen Koffer, um mich anschließend auf den Weg zum Flughafen zu machen. Im Check-in Bereich hielt ich permanent Ausschau nach seinen Leuten, die mich wahrscheinlich bereits überall suchten, jedoch fand ich glücklicherweise keine in meiner unmittelbaren Nähe auf, sodass ich zunächst erleichtert durchatmen konnte.

»Ihren Pass und Ihr Ticket bitte.« Ich halte der Dame alles lächelnd vor und schaue erneut um mich, nur um mich zu vergewissern, dass auch niemand da ist, den ich kenne. Mein Herz schlägt derweil so schnell, dass ich nahezu das Gefühl bekomme, es könnte mir jeden Augenblick aus der Brust springen.

»Einen Moment. Ich bin gleich wieder zurück«, bringt sie auf einmal hektisch hervor, um gleich darauf mit den Sachen in ihrer Hand aus meinem Blickfeld zu verschwinden und vorher noch nach ihrem Handy zu greifen. Verwirrt von ihrem Verhalten laufe ich ihr nach und sehe ihr dabei zu, wie sie in der Ecke mit jemandem telefoniert und dabei unentwegt auf meinen Pass schaut, so als wäre sie dabei, meine Daten an jemanden weiterzugeben.

Meine Augen weiten sich mit einem Mal und mein Atem stockt, als ich allmählich verstehe, was vor sich geht. Sie steht mit Aslan in Verbindung. Panik steigt unwillkürlich in mir auf, aber ich darf mir nichts anmerken lassen. Demnach laufe ich schnell wieder zurück, um nicht erwischt zu werden und warte ungeduldig darauf, dass sie das Telefonat endlich beendet. Innerhalb weniger Minuten kommt sie bereits zurück und überreicht mir meine Sachen, die ich mit einem falschen Lächeln entgegennehme, obwohl mir überhaupt nicht zum Lächeln zumute ist.

»Entschuldigen Sie mich bitte, aber ich muss ganz plötzlich so unheimlich dringend auf die Toilette. Ich komme gleich wieder zurück. Fahren Sie bitte mit den anderen Passagieren fort«, spreche ich die erste Lüge aus, die mir in dem Augenblick einfällt und verschwinde unverzüglich mit meinem Koffer in der Hand aus dem Check-in Bereich. Mir ist nichts besseres eingefallen und ich bin mir auch im Klaren, dass ich sicherlich Skepsis in ihr hervorgerufen habe, aber es spielt letztendlich keine Rolle, denn sie hätte so oder so Aslans Leute darüber informiert.

»Warten Sie bitte!«, ruft sie mir laut hinterher, aber ich drehe mich nicht um. Stattdessen laufe ich noch schneller. Ich gehe tatsächlich auf ein WC, um dort meine Gedanken in Ruhe zu sortieren und mir einen kühlen Kopf zu verschaffen.

Mit eiskaltem Wasser wasche ich zunächst meine Hände und kühle anschließend auch mein Gesicht und meinen Hals ab, um mich beruhigen zu können, da ich das Gefühl habe, als würde ich glühen. Ich blicke in den Spiegel, während ich mich mit den Händen am Waschbecken abstütze und tief durchatme.

»Du findest einen Ausweg, Asiye.« Ich schlucke schwer, denn auch wenn ich mich mit dem Satz zu ermutigen versuche, bin ich mir der Tatsache sehr wohl bewusst, dass ich niemals hier rauskommen werde, ohne von Aslans Männern oder sogar Aslan höchstpersönlich erwischt zu werden, denn solange er es nicht will, gib es kein Entkommen vor ihm. Das war schon immer so gewesen.

Damals hat es mich überrascht, dass er mich nach der Trennung überhaupt gehen ließ, denn Aslan war niemand, der sich so einfach von seinen Liebsten trennte. Eine Trennung kam demnach niemals infrage. So etwas existierte nicht in seinem Sprachgebrauch, aber irgendwie hatte er sich doch darauf eingelassen. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als Zeynep, seine Cousine und gleichzeitig auch meine engste Freundin, mir mitteilte, dass er wieder zurück war.

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