Kapitel 1 || Giraffenbeine

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BANNERS - Someone to you

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„Du bist viel zu schnell, Blödmann!", brüllte sie ihm aus vollem Halse hinterher. Der braunhaarige Junge vor ihr erhöhte nur kichernd sein Tempo. Seine Schritte knirschten auf dem Kiesweg, konnten den prasselnden Regen jedoch nicht übertönen. Während er joggte, drehte er sich grinsend um:„Vielleicht bist du auch einfach nur zu langsam!"                                                                                   Immer noch breit grinsend wedelte er mit dem roten Regenschirm umher, den er nur wenige Sekunden davor von ihr geklaut hatte.                                                                                                      „Lawson Hayes Davis, wenn du jetzt nicht stehen bleibst, dann schwöre ich dir, dass ich dir deine Giraffenbeine sonst wo hinschiebe!"    
Lawson zog nur eine Grimasse, um nicht laut loszulachen. Letztendlich blieb er dann doch stehen. Als sie bei ihm angekommen war, schenkte sie ihm einen tödlichen Blick, indes sie sich den Schirm schnappte und anfing auf ihn einzuhauen. Erschrocken quietschte der große Junge auf, ehe er davon rannte, direkt gefolgt von Eve, die wild mit dem Schirm fuchtelte. Allerdings hatte sie keine Chance, auch nur ansatzweise an ihn heranzukommen. Jedes Mal, wenn sie ihn fast erreicht hatte, war er wieder binnen Sekunden davon gesaust.

Zornig schnaubte sie auf und öffnete den Schirm, um sich wenigstens etwas vor dem starken Niederschlag zu schützen. Eigentlich mochte sie Regen ja, aber das war, wenn Lawson nicht dabei war. Dann stand sie geschützt unter ihrem Regenschirm und konnte dem Regen lauschen und den Geruch von frischem Gras einatmen. Eve liebte die düstere Stimmung und das Frischegefühl, das sie überkam, wenn es regnete. Doch Lawson ließ ihr nicht mal die Chance, in die Umgebung eintauchen zu können. 

Mit eiserner Miene lief sie an Lawson vorbei, der stehen geblieben war und ein schuldbewusstes Gesicht zu tragen versuchte, was ihm jämmerlich misslang. Und dennoch folgte er ihr mit einem gewissen Abstand.       

„Komm schon, Evie, lass mich mit unter den Schirm", bettelte er, während er eine Schnute zog. Eve grummelte nur vor sich hin und bedachte ihn nicht.

Ihre schwarzen Haare waren wegen ihm pitschnass, ebenso ihre Klamotten und ihr Rucksack. Sie würde ihn ganz sicher nicht unter den Schirm lassen. Was dachte er sich auch? Dass es lustig wäre, wenn er ihr den Regenschirm klaute, um dann damit in den Regen zu rennen? Sollte er doch sehen, was er davon hatte.

Sie wechselte den Schirm von der rechten in die linke Hand, was gut für Lawson war, der somit die ideale Gelegenheit hatte, sich den Schirm zu schnappen. Das hätte sie sich eigentlich denken können, jedoch war Eve Linkshänderin und somit war es ein komisches Gefühl für sie, den Schirm mit der Rechten zu halten

„Ey, gib den wieder her", schnauzte sie Lawson nichtsdestotrotz an, der breit grinsend den Schirm über sie hielt. Als er keine Anstalten machte ihr den Regenschirm wieder zu geben, trat sie ihm von der Seite ins Schienbein. Stöhnend blieb er kurz stehen, ehe er sie leicht zur Seite stieß und etwas vor sich her grummelte.

„Was hast du jetzt eigentlich in Mathe?", fragte Eve ihn, während sie ihre schwarzen Haare mit der Hand kämmte. Lawson stöhnte auf. ein Grinsen verwandelte sich schlagartig in ein mürrisches Gesicht.
„Vier", brummte er:„Reicht ja nicht, dass mein Vater mich töten wird, nein, der Coach kam auch noch mal zu mir und meinte, wenn ich mich nicht anstrengen werde, dann wird er mich aus dem Team werfen."

Sie zog kurz eine mitleidige Grimasse und erwiderte:„Das wird schon. Hugo wird dir bestimmt helfen und wenn du dich ein wenig anstrengst, dann wird eine Vier in Mathe auch nicht weiter auffallen."

Regenschirme und andere ProblemeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt