2. Erster Schultag

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Das Wasser lebt. Sobald man hinein taucht, streckt es sofort seine Fänge nach einem aus. Doch davor muss man sich nicht fürchten. Ohne dagegen anzukämpfen, stößt man die Fingerspitzen durch die Wasseroberfläche und schafft einen Spalt. Der Körper gleitet durch diesen Spalt hindurch. Die Arme, der Kopf, die Brust. Manchmal fühle ich mich wie eine Meeresschildkröte. Langsam und träge zu Land, doch im Wasser bin ich Zuhause. Im Wasser ist es einfach am Schönsten. Ich möchte nur das Wasser spüren, auf meiner Haut, vor meinen Augen und in meinem Herz. Dieses Gefühl lässt mich nicht zweifeln und ich glaube an mich selbst. Ich wehre mich nicht gegen das Wasser, ich nehme es an. Wir akzeptieren uns gegenseitig.

"Erde an Akihiko! Jemand Zuhause?", höre ich plötzlich meine beste Freundin Yui rufen.
"Ähm ja, alles OK...", antworte ich ihr immer noch verträumt.
Wir sind gerade auf dem Weg zu unserem ersten Tag an der Oberschule. Sie wohnt neben mir, weshalb wir immer zusammen zur Schule gehen.
"Und? Freust du dich schon auf unseren ersten Tag? Ich hoffe wir kommen in dieselbe Klasse!", lacht sie.
"Ja, und ja ich hoffe auch. Was würde ich bloß ohne dich machen? Vielleicht finde ich ja noch eine viel bessere Freundin als dich...", sage ich und tue so als ob ich schon an jemand Bestimmtes denken würde.
"Hey!", ruft sie beleidigt und boxt mich in den Oberarm.
Ich fang an zu lachen, genau wie Yui. Dann gehen wir weiter in Richtung Iwatobi High School.

Dort angekommen stehen wir vor einer großen Tafel an der die Klasseneinteilung angeschrieben steht.
"Mist, ich bin in der B!", gibt meine beste Freundin von sich, als sie ihren Namen an der Tafel erblickt.
"Ich bin in der A...", sage ich etwas beleidigt.
"Schade, sehen wir uns trotzdem in der Pause?", fragt sie mich.
"Na klar!", antworte ich und renne zu meiner Klasse.

"2-1", lese ich mir selbst vor. Ich bin leider zu spät, da ich meine Klasse zuerst nicht gefunden hab. Zum Glück nur 5 Minuten... Ich betrete die Klasse als gerade die Anwesenheit der Schüler vorgelesen wird.
"Katō Akihiko?", fragt mich unsere Lehrerin als ich versuche mich wieder weg zu schleichen.
"Ähm, ja?", antworte ich verlegen.
"Nicht schlimm, dass du zu spät bist. Setz dich doch bitte auf den freien Platz dort hinten.", lächelt sie mir zu.
Sie scheint ziemlich nett zu sein... Ganz hinten am Fenster sitzt ein schwarzhaariger Junge der gelangweilt nach draußen sieht. Nein, nicht gelangweilt, eher verträumt.
"Fräulein Haruka Nanase?", zählt die Leherin weiter auf.
Die Klasse fängt an zu kichern.
"Frau Lehrerin, Haruka ist ein Junge.", weist ein braunhaariger Junge sie darauf hin.
Die Klasse lacht noch mehr.
Die etwas schusselige Lehrerin entschuldigt sich aber sofort. Es wundert much etwas, dass niemand über meinen Namen gelacht hat, denn Akihiko ist auch eigentlich ein Männername...
"Ich bin von jetzt an für eure Klasse verantwortlich, mein Name ist Miho Amakata. Freut mich.", fügt sie dann noch mit einem Lächeln hinzu.

Nach dem Unterricht gehe ich in den Pausenhof, wo ich mich mit Yui verabredet hatte.
Ich passe kurz nicht auf und werde beinah von einem rothaarigen Mädchen überrannt.
"Oh entschuldige! Jetzt warte doch auf mich und nenn mich gefälligst nicht Gou!", ruft sie und rennt einem blonden Mädchen weiter hinterher.
Ein kleiner blonder Junge kommt und hilft mir vom Boden auf. Dabei lächelt er mich an und geht dann auch weiter. Gou? So hieß das Mädchen? Komisch, dass hier so viele andersgeschlechtige Namen tragen... Aber ich brauch ja auch nicht reden!
Bei Yui angekommen, packe ich mein Essen aus und erzähle ihr von meinem bisherigem Tag.

Sie meinte dann aber, dass es oben auf dem Dach der Schule viel schöner wäre und wir gingen nach oben.
"Wow! Schau mal, am Schwimmbecken stehen Kirschbäume!", sagt sie begeistert und schubst mich leicht an.
Ich drehe mich um und bin wie verzaubert. So schön sind die Farben und der Glanz der Wasseroberfläche. Ob es hier einen Schwimmclub gibt?
"Ich weiß auch nicht, musst du fragen.", antwortet sie auf meine Gedanken.
"Lass das!", lache ich und boxe ihr diesmal in dem Arm.
Ich schaue mich am Dach um und entdecke nur wenig Personen. Komischer Weise sind diese Personen genau die zwei Jungs aus meiner Klasse, der kleine Blonde der mir aufgeholfen hat und das Rothaarige Mädchen mit ihrer Freundin.
Gruselig irgendwie...
Dann läutet die Glocke und wir müssen uns verabschieden.

Ich hatte heute früher als Yui aus, weshalb ich alleine nach Hause gehen muss. Trotzdem wurde es langsam schon dunkel... Auf meinem Weg komme ich am altem Iwatobi Swimming Club vorbei, wo, zu meiner größten Überraschung, schon wieder die drei Jungs vom Dach stehen. Verfolgen die mich etwa?! Nein, ich glaube nicht, denn sie haben Schaufeln dabei und gehen in das Gebäude. Was die wohl vorhaben?
Dann packt mich aber die Neugier und mit einem etwas mulmigem Gefühl folge ich ihnen.

"Dum!", höre ich und schrecke auf.
Ich bin ihnen bis hierher durch das Haus gefolgt, aber jetzt bin ich aus Versehen gegen eine Dose getreten. Ich verstecke mich und hoffe, dass sie mich nicht gesehen haben. Und tatsächlich glaubt der Braunhaarige, dass es ein Geist war. Der Blonde beruhigt ihn aber und sie gehen weiter. Puh, Glück gehabt!
Sie stoppen in einer Umkleide und gehen auf eine Wand mit alten Fotos zu. Nachdem sie wieder weg sind, sehe ich mir die Bilder ebenfalls an. Auf einem davon sind 4 Kinder mit einem Pokal abgebildet. Warte, sind da die drei?! Ja, es besteht kein Zweifel, das sind sie. Den vierten Jungen kenne ich nicht. Dann folge ich ihnen wieder.
Auf dem Weg in den Hinterhof bleiben sie im Gang so abrupt stehen, dass ich fast hinfalle vor Schreck. Aus dem Schatten kommt jemand auf uns zu. Der Mann zieht am Riemen seiner Kappe und lässt ihn wieder zurück an seinen Kopf schnalzen.
"Hi. Wer hätte gedacht, dass wir uns ausgerechnet hier wieder sehen?", fragt die nun ins Licht tretende Gestalt.
Ich kann erst jetzt erkennen um wen es sich handelt. Der vierte Junge auf dem Foto!
Genau so fragend blicken sie ihn an, rufen dann aber im Chor: "Rin-lein!"
In diesem Moment erschreckt mich eine vorbeilaufende Ratte und ich falle entgültig zu Boden. Nun sind alle Blicke auf mich gerichtet.
"Ähm, hi?", gebe ich kleinlaut von mir.
"Hast du dich denn gar nicht weiter entwickelt?", fragt der Rotschopf Haruka.
"Hast du dich denn weiter entwickelt?", kontert der gleichgültige Haruka mit einer Gegenfrage.
"Gut das du fragst, wollen wir es zusammen herausfinden? Zeig mir was du kannst.", sagt daraufhin dieser Rin und geht Richtung Schwimmbecken. Die anderen folgen ihm.
Mich haben sie einfach ignoriert und ich gehe ihnen auch hinterher.

Plötzlich fangen sie an sich auszuziehen und ich bekomme große Augen und werde rot. Leider tragen beide Badehosen... So viele Muskeln! Schlecht sehen sie echt nicht aus...
"Ich werde dir jetzt zeigen, wie verschieden wir sind!", sagt Rin und wirft sein T-Shirt weg.
"Versuch's doch.", sagt Haruka etwas feindseelig.
Sie nehmen Anlauf um ins Wasser zu springen, stoppen aber vor dem Beckenrand.
"Da ist kein Wasser drinnen.", sagt der Blonde und leuchtet mit seiner Taschenlampe ins Becken.
"So'n Scheiß!", flucht Rin.
Er holt einen Pokal heraus und lässt ihn mit einem "Den sucht ihr doch, oder? Ich brauch ihn nicht mehr, völlig wertlos." zu Boden fallen.
Dann verschwindet er wieder, genau so schnell wie er gekommen ist.
Traurig schauen sie ihm noch hinterher. Ich nutze die Gelegenheit und mache mich aus dem Staub.
Zuhause esse ich noch etwas und gehe dann schlafen.
Der komischste erste Schultag den man sich nur vorstellen kann!

𝑭𝒓𝒆𝒆! ~ simping under waterWhere stories live. Discover now