hold on

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I

„Was ist der Unterschied zwischen einer Lady und einer Prinzessin?"
„Eine Prinzessin ist die Tochter eines Königs. Eine Lady ist die Tochter eines Mannes, der gern ein König wäre, und jetzt komm wieder her. So spannend kann der Empfang gar nicht sein, dass du am Fenster klebst wie die Taubenkacke seit zwei Wochen."

Enttäuscht wandte Jeongguk seinen Blick von der eleganten, jungen Frau ab, die gerade aus der Kutsche ausgestiegen war und sich mit dem Glanz der Zuversicht einer Adligen in den Augen umsah.

„Ich musste gestern Namjoon mit den Tieren im Stall helfen und hab versprochen morgen wieder zu kommen. Wenn die Feierlichkeiten vorbei sind-..."
„Scht", unterbrach Taehyung und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Du machst schon wieder Versprechen, die du nicht halten kannst. Morgen kommst du mit mir auf die Jagd."
„Oh, nicht schon wieder."
„Keine Widerworte, Jeon. Sonst muss ich dich feuern. Und jetzt komm her und hilf mir."

Ohne sich darum zu kümmern, dass Taehyung ihn noch immer beobachtete, verdrehte Jeongguk genervt die Augen und warf noch einen abwesenden Blick aus dem Fenster auf die Prinzessin - oder Lady - in ihrem langen, tiefblauen Kleid.
„Warum kannst du dir dein Hemd eigentlich nicht selbst zuknöpfen?"

Es dauerte einen Moment, bis ihn der Schuh am Rücken traf und er sich empört umdrehte, bereit sich zu beschweren. Doch Taehyung stand nur da, in einer Hand sein Buch, die andere in die Seite gestemmt und eine Augenbraue so weit hochgezogen, dass Jeongguk augenblicklich mulmig zumute wurde.

„Königliche Hoheit", murmelte er unterwürfig und senkte den Kopf, ehe er das Zimmer des Prinzen durchquerte und auf dem Weg dahin nur einmal nach oben sah, um sich von Taehyungs zufriedenen Grinsen einen Stich durch die Brust jagen zu lassen.

Erst als er bei ihm angekommen war, sah er wieder ganz auf und griff nach dem weichen Stoff des Hemdes. Sofort schlossen sich warme Finger um sein Handgelenk und zwangen ihn aufzusehen.

Erwartungsvoll sah Taehyung ihn an, bis Jeongguk endlich unter seinem Blick nachgab.

„Es tut mir Leid, Hoheit. Ich bin zu weit gegangen." Jeongguk schluckte schwer und versuchte seine Finger zu krümmen, die unter Taehyungs festen Griff langsam anfingen das Gefühl zu verlieren.

„Ich vergebe dir", antwortete Taehyung mit einem belustigten Lächeln auf den Lippen, ließ sein Handgelenk los und widmete sich wieder dem Buch als wäre nichts geschehen. „Dieses Mal."

Jeongguk jedoch hielt den Kopf gesenkt und konzentrierte sich auf die Knöpfe, die er schon unzählige Male wieder angenäht hatte.

Früher als Taehyungs Vater ihn von den Ställen in Taehyungs Gemächer verlegt hatte, hatten seine Hände immer gezittert, wenn er ihn einkleiden sollte. Er hatte Geschichten darüber gehört, Taehyung hätte seinen alten Diener geschlagen, und seitdem eine panische Angst davor entwickelt, dass ihm irgendwann ein Fehler unterlaufen und er die Missgunst des Prinzen auf sich ziehen würde.

Anfänglich wollte er diese Arbeit nur behalten, da sie bei weitem besser bezahlt wurde als seine Dienste in den königlichen Ställen. Mittlerweile kamen mit ihr noch so viel mehr Vorzüge, als er sich damals hatte ausmalen können.
Und dafür nahm er auch gern in Kauf verprügelt zu werden. Angst davor hatte er trotzdem.
Taehyung war ein grober Mensch, der keine Grenzen kannte, und man musste kein Genie sein, um das zu sehen.

„Mach auch den obersten zu. Ich muss einen guten ersten Eindruck machen."

„Der gute erste Eindruck ist gerade an Euch vorbeigegangen. Genauso wie der Empfang im Hof", murmelte Jeongguk leise und schloss auch den obersten Knopf des Hemdes, bevor er den Stoff noch einmal glatt zog und einen Schritt zurücktrat. Er hatte das Hemd heute Morgen extra gebügelt und das zeigte sich. Taehyung sah gut aus.

Winter Flower   ⇢  Taekook ShortstoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt