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Der Druck auf meinem Brustkorb hörte auf und die Wärme war wieder an meinem Kopf. Meinem Gesicht. Meinem Hals. Meiner Brust.

Mir war wieder warm.
×

Blinzelnd öffnete ich meine Augen und musste sofort würgen. Panisch wollte ich mir an den Hals greifen, doch eine warme Hand drückte meinen Arm hinab und strich mir beruhigend darüber. Sie sollte meinen Arm loslassen. Ich musste das aus meinem Hals entfernen. Ich bekam keine Luft! Keine Luft. Irgendeine Frau in hellblauen Klamotten beugte sich mich, machte irgendwas neben mir und sprach dann beruhigend auf mich ein.

Und endlich. Sie griff nach dem Ding in meinem Mund und zog es vorsichtig herraus. Hustend versuchte ich nach Luft zu ringen und beugte mich vor. Aufeinmal stach es in meinem Brustkorb und ich schrie leise auf.

Die warmen Hände drückten mich nun wieder sanft aufs Bett und ich berruhigte mich augenblicklich. Doch als ich dann endlich in das Gesicht der Person sehen konnte die die ganze Zeit versuchte mich zu beruhigen, erstarrte ich. Bernsteinfarbene Augen musterten mich erleichtert und gleichzeitig unfassbar traurig. 

Thilo.

Wieso war er hier. War ich verrückt geworden? Wo war ich überhaupt? Vielleicht war ich ja tot und konnte deswegen endlich wieder mit ihm zusammen sein. Denn im normalen Leben würde er mich wohl kaum sehen wollen. Andererseits fühlte sich der Schmerz nicht sehr stark nach Himmel an. Und der Raum in dem ich war und die Schläuche in meinem Arm, sahen auch nicht Himmel, sondern eher nach Krankenhaus aus. Fragend sah ich zu Thilo und zu der Frau. Wieso redete denn niemand? 

Die Frau räusperte sich. "Guten Morgen Mrs Ellton. Ich hoffe sie fühlen sich gut? Falls ihnen schlecht ist oder sie Scherzen haben, dann drücken sie einfach hier auf den roten Knopf. Es kommt gleich ein Arzt zu ihnen und erklärt ihnen alles. Okey? Sehr gut. Ciao."

Eilig drehte sich die Frau um und ging so schnell wieder aus dem Raum wie sie hineingekommen war.

 "Was ist hier los? Wieso bist du... sind sie hier Mr. Lorenzo? Und was mache ich hier?"

Ein wenig nervös sah er sich um, vielleicht in der Hoffnung jemanden anderen zu finden der mit mir reden wollte. Er räusperte sich und fuhr sich durch seine Locken. Und gerade als er seinen Mund öffnete um mir zu antworten kam eine Ärztin herein. Er strich mir kurz über den Arm, meinte er hole sich nur schnell einen Kaffe und ging dann schnellem Schrittes aus dem Raum.

"Guten Morgen Mrs. Ellton. Naa, geht es ihnen heute wieder etwas besser? SIe haben uns gestern einen ganz schönen Schock gegeben. Sie hatten wirklich Glück das sie im Supermarkt sofort reanimiert wurden. Sonst hätten wir sie hier nicht mehr zurückholen können." "Zurückholen? Reanimieren? Was?" "Ihr Herz hat aufgehört zu schlagen, weswegen sie das Bewusstsein verloren haben. Ihr Körper hatte zu wenig Nährstoffe um weiterarbeiten zu können. Deswegen haben sie jetzt auch eine Magensonde die ihnen Nahrung einflösst." Schockiert fasste ich mir an die Nase und spürte nun auch den Schlauch der dort hindurch geführt wurde.

"Sie müssen sich jetzt wirklich zusammenreißen. Ihre Anorexi hat schon viel Schaden  angerrichtet. Leider muss ich ihnen mitteilen das der Embryo den akuten Nährstoffmangel und ihren Herzstillstand nicht überstanden hat." Ich riss meine Augen auf. "Embryo? Ich bin schwanger?" Ich würde ein Kind bekommen? "Sie waren schwanger. Etwa im dritten Monat. Wie ich bereits gesagt hatte, hat ihr Embryo es leider nicht überstanden. Es ist überhaupt schon ein Wunder das sie schwanger geworden sind. Bei so rimer fortgeschrittenen Ausprägungder Anorexi hätten sie nicht einmal mehr ihre Tage bekommen sollen." Nicht überstanden? Ich sah sie wohl immer noch fragend an. "Hören sie Mrs. Ellton. Eine Fehlgeburt ist immer schmerzhaft. Für den Körper und für die Psyche. Aber ihr Körper, der ohnehin bereits sehr geschwächt ist, hätte es beinahe nicht überstanden. Das hier ist ihre letzte Chance. Wenn sie jetzt nicht wieder anfangen normal zu Essen und ihrem Körper das geben was sie brauchen, dann erleben sie das nächste Jahr nicht mehr. Sie werden sterben wenn sie sich nicht bemühen wieder normal zu essen. Sie haben ein Körpergewicht von gerade mal 40 kg. Ihr BMI liegt bei gerade mal 14. Er sollte zwischen 20 und 25 liegen. Selbst jetzt hat ihr Körper bereits unwiederrufliche Schäden genommen. Ich lasse ihnen ein paar Broschüren für Kliniken gegen Essstörungen hier. Suchen sie sich eine aus oder nicht. Es ist ihre Entscheidung. Aber denken sie daran. Sie haben schon etwas verloren. Sorgen sie dafür das ihr Leben nicht noch dazu kommt." Mit diesen Worten legte sie mir einen Stapel Papier auf den Nachttisch und ließ mich mit wehendem Kittel im Raum alleine.

Ich war magersüchtig? Nein. Das konnte nicht sein. Ich achtete nur stark auf meinen Körper. Mir wurde doch immer wieder gesagt ich seie fett. Und jetzt sollte ich magersüchtig sein? Und schwanger? Nein schwanger war ich nicht mehr. Ich hatte mein Kind getötet. Thilos und mein Kind. Ich war schwanger mit Thilos Baby gewesen. Und ich hatte es umgebracht. Tränen schossen mir in die Augen und ich weinte, wie ich noch nie geweint hatte. Ich war Schuld. Nur weil ich anders aussehen wollte hatte ich ein unschuldiges Wesen auf dem Gewissen. 

Etwas in mir zerbrach. Ich konnte nicht mehr. Ich wollte nicht mehr. Ich hatte keine Kraft mehr. 

Ich war eine Mörderin.

Bone MateDonde viven las historias. Descúbrelo ahora