Wahnsinn

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Am nächsten Morgen wachte ich sehr früh auf. Nachdem ich gestern die Schneeflocken gesehen hatte, kribbelte mein Bauch auf eine merkwürdige Art und Weise. Ich hatte schon sehr lange kein solches Gefühl mehr gehabt. Es fühlte sich so gut an, als wäre heute Weihnachten. Mein Gott, ich war richtig aufgeregt. Aber konnte das wirklich nur an dem Schnee liegen? Gut, ich liebte den Schnee, seit ich denken konnte. Und eigentlich hoffte ich jedes Mal, dass mehr lag, als nötig war.

Ich schlug die Decke beiseite, stand leise auf und schlich zum Fenster.

Als ich die weiße Pracht sah, die sich über das Feld gelegt hatte, musste ich lächeln. Es sah so schön aus,auch wenn es nicht wirklich viel und hoch war. Das Bedürfnis, einen Schneemann zu bauen oder einen Schneeengel im Schnee zu machen, breitete sich in mir aus. Vielleicht würden die anderen bei einer Schneeballschlacht mitmachen. Die ganzen Sorgen, die Beißer verdrängte ich solange, wie ich an diesem Fenster stand. Ich fühlte mich wie in meine Kindheit zurückversetzt. Die hatte ich übrigens einen Großteil in Deutschland verbracht. Mein Vater hatte dort seine Familie und wegen seinem Job haben wir für 3 Jahre da gelebt. Der Schnee war da manchmal so hoch, dass ich als Kind darin eingesunken bin. Doch ich hörte, dass es normal war, wenn man in den Bergen lebte.

Die Gedanken an meine Kindheit versetzten meiner Euphorie einen Dämpfer. Sie schmissen mich gnadenlos in die Realität zurück. Inständig hoffte ich das es meiner Familie gut ging und sie von dem ganzen Mist verschont blieben.

Einige Minuten lang, stand ich noch regungslos am Fenster. Es fiel kein Schnee vom Himmel und ich befürchtete, dass der jetzige sich auch noch nicht lange halten würde.

Gerade als ich enttäuscht aufseufzen wollte, schreckte ich wegen einem Geräusch zusammen.

„Daryl!“, murmelte ich leise, als mir wieder einfiel, dass ich nicht allein in diesem Zimmer war.

Doch der Schütze grummelte anscheinend nur im Schlaf vor sich hin. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung. Die Decke war verrutscht, sein halber Oberkörper – der nebenbei nackt war- lag frei. Der eine Fuß von ihm zuckte leicht, er schien zu träumen. Den linken Arm hielt Daryl hinter seinem Kopf verschränkt und der rechte lag auf seinem Bauch. Sein Mund stand leicht offen, immerhin schnarchte der Griesgram nicht. Alles in allem wirkte er schon ziemlich niedlich.

Ich betrachtete ihn eine Weile, dachte an die versehentliche Berührung meiner Haut oder wie er in Boxershorts ausgesehen hatte. Die Enttäuschung über den Schnee verflog schnell, stattdessen wurde mir warm. Außerdem hatte ich jetzt das Bedürfnis seinen Bauch zu streicheln. Ich musste einfach wissen, wie er sich anfühlte. Schließlich bin ich auch nur eine Frau.

Auf leisen Sohlen schlich ich zu der braunen Couch, langsam begann mein Herz schneller zu pochen. Ich war davon ausgegangen, dass ich den Schwanz einziehen würde. Wenn er aufwachte, mich dabei erwischte, würde Daryl sicherlich sauer oder so werden. Was sollte er dann nur von mir denken? Wenn wir noch ein normales Leben führen würden, hätte er mich sicherlich eingewiesen.

Aber vielleicht erwischt er mich ja auch gar nicht. Ich könnte es auch sein lassen und mich wieder ins Bett legen. Da ich keine Geräusche im Haus wahrnahm, ging ich davon aus, dass es noch sehr, sehr früh sein musste. Was sprach gegen eine weitere Runde Schlaf?

The Walking Dead - Somewhere I belongWhere stories live. Discover now