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"They say that the world was build for two." - Lana del Rey


Ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Eigentlich beginnt meine Geschichte ganz wo anders. An einem kleinen Ort in der Nähe der Berge. Es war der 19. März 1977. Es gab ein kleines Häusschen am Straßenrand und aus den Fenstern drang ein Schreien einer Frau, die gerade dabei war ein Kind zu gebähren. Laut und flehend waren die Schreie, flehend, dass die Schmerzen aufhören sollten. Dann war da noch eine andere Frau, eine Hebamme. Sie hieß Magda. Magda war klein und dick, hatte viele Falten im Gesicht und eine große Warze am linken Ohr. Jeder andere Mensch hätte die Warze verdecken wollen, doch Magda trug sie mit Stolz! Später wurde sie mein Kindermädchen. Ich mochte sie eigentlich immer sehr gerne, obwohl sie bei jedem ihrer watschelnden Schritte furzte und so dicke Oberarme hatte, dass sie nur so schwabelten, war sie in meinem Kinderalter der Mensch, von dem ich mich am geliebtesten fühlte.

Jedenfalls stand Magda neben meiner Mutter, als sie mich gebar. Sie versuchte der schreienden Mut zuzusprechen, ich weiß nicht ob das funktioniertt hatte, da sie nur noch lauter schrie. Aber irgendwann war ich  da. Ich war blutverschmiert und mir war kalt. Es war ein sehr merkwürdiges Gefühl, aus einer warmen Höhle in das Kalte, Helle zu kommen. Meine Mutter hatte mich im Arm und war glaube ich zumindest ein wenig froh, dass ich nicht ganz so hässlich geworden bin. Naja, vielleicht kann man dass noch nicht so richtig sagen, weil man ja noch ein Baby ist. Sie hielt mich in den Armen und schaute mich mit einem minimalen Lächeln an. Ich glaube meine Mutter wollte nicht, dass jemand erfuhr, dass sie mich mochte. Vielleicht mochte sie mich auch gar nicht, jedenfalls hat sie mir dass so nie gezeigt. Es störte mich aber nicht. Ich hatte eine Familie. Wir waren zu dritt, und es war in Ordnung für mich, gehasst zu werden. Es ist auch in Ordnung für mich kein zu Hause zu haben, und mit meinem Schlafsack unter einer Brücke zu schlafen, wirklich! Es gibt schlimmeres.

Manchmal lass ich die Zeit einfach machen. Ich warte einfach, was passiert. Vielleicht passiert ja irgendwas tolles. Oder man bleibt einfach die weiteren Jahre man selbst und tut nichts. Oft sitze ich auf meiner Bank (ich nenne es jetzt meine Bank, weil nur ich da sitze und sich sonst niemand traut da zu sitzen, weil ich dort sitze/gesessen habe) und schaue mir einfach nur an, was passiert. Nichts. und das finde ich so faszinierend. Es passiert nichts, null. Gar nichts. Und es ist still. Aber es ist so laut. Sogar ohrenbetäubend. Ich glaube, da komme ich nach meinem Vater. Er wollte die Stille nie geschehen lassen. Es musste immer irgendetwas passieren. Er trank und hörte dabei laut Musik, schaute fernsehen und hörte dazu noch laut Musik, oder schlief und hörte wenigstens noch ein bisschen Musik. Er wollte nie, dass es still war. Weil die Stille so laut sein kann. Und ich glaube, seine größte Angst war das Nichts. Dass nichts geschah. Das die Langeweile einen quälte und man jeden Morgen aufwachte und von Anfang an wusste: ich habe nichts zu tun.
Ich hingegen mochte dass. Es durfte auch mal nichts sein. Nichts tuhen, nichts machen, nichts denken. Wunderbar. Meine Definition von wunderbar ist nichts tun.

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⏰ Last updated: Oct 24, 2021 ⏰

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