Die Entscheidung

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Vieles Sekunden lang sieht Naomi zu, wie ihr Onkel zu Staub zerfällt und empfindet keine Reue, Hass oder Wut. Nur Trauer. Trauer darüber, dass sie nie eine Familie hatte.
Dass man sie gestohlen hat und dass ihr ganzes Leben nur auf Lügen aufgebaut wurde.

"Wenn du nicht ununterbrochen egoistisch gewesen wärst oder Fehlern gemacht hättest, dann hätten wir vielleicht Familien geworden."
Eine Träne läuft ihr den Auge herab und sie wischt sie aus Selbsthass weg.

"Naomi!"
Sie dreht sich um und starrt erschrocken in die Ecke. Takuma blinzelt benommen und hält sich den Kopf. Er versucht sich aufzurichten und bekommt es hin.
Naomi eilt auf ihn zu und umarmt ihn stürmisch. "Takuma!", haucht sie erleichtert und versucht das Weinen zu unterdrücken, was nur mühselig klappt.

"Naomi", haucht er und küsst ihr Haar. "Was ist passiert? Mein Kopf ist noch so benommen!"
"Ich hab mich befreit", bringt sie hervor und löst sich von ihn, um ihn dann anzuschauen. "Ich habe ihn ausgelöscht."
Takuma starrt sie erschrocken an. Sie versteht nicht wieso, hätte er ihr das nie zugetraut?

"Takuma, was starrst du mich so an?", will sie leicht ängstlich wissen.
Er streicht ihr eine lose Haarsträhne hinters Ohr. "Du siehst wunderschön aus", sagt er nur und starrt ihr weiterhin in die Augen, und doch sagt sein Blick, dass etwas nicht stimmt. "Aber deine Augen..."
Sie sieht ihn stirnrunzelnd an. "Was ist mit meinen Augen?"
"Sie sind nicht mehr lila."
Nicht mehr lila?

Schnell sucht Naomi nach den nächstbesten Spiegel, doch es gibt hier keinen, doch es gibt Fenster und an diesen tritt sie um zusehen, ob das stimmt. Und Tatsache, es stimmt wirklich, was Takuma ihr gesagt hat.
Ihre Augen waren wirklich nicht mehr lila, sondern hellgrau, so grau wie die ihrer Mutter, die sie nie kennengelernt hat.

Sachte fährt sie mit den Fingerspitzen unters Auge und kann es immer noch nicht fassen. Eine Vermutung kommt in ihr hoch. Jetzt wo Toshiro nicht mehr ist, hat scheinbar auch dieser Fluch oder was das auch sein mochte, von ihr an Wirkung verloren. Jetzt ist sie wahrhaftig befreit von ihn und konnte nicht anders als erleichtert und erfreut zulachen.
Und zu weinen.

"Naomi!", ruft Takuma erschrocken und tretet zu ihr, um sie zu sich umzudrehen. "Wieso weinst du?", will er besorgt wissen.
"Ich ...", sie schnieft kurz auf. "Ich bin einfach nur froh. Ich bin frei, endlich bin ich frei."
Ihr Weinen wird stärker und sie wird in die Arme von Takuma gehalten.
Zärtlich fährt er ihr durchs Haar und legt seinen Kopf auf ihrer, während er sie wiegt.



"Wie mir scheint, hast du mehr drauf als ich dachte", ertönt die tiefe Stimme Asatos und beide lösen sich ruckartig voneinander, um ihn anzusehen.

"Großvater, was hast du dir dabei gedacht?", verlangt der Enkel zu wissen, völlig wütend über das Verhalten seines Großvaters. "Naomi hätte sterben können, und das nur wegen dir."
"Toshiro wusste einfach nicht, auf was er sich da eingelassen hat, er war mir und den Senat eh nur ein Dorn im Augen und dieser musste beseitigt werden."
"Beseitigt?", fragt Takuma fraglos.
"Was meinen sie?", verlangt Naomi zu wissen.
"Toshiro sollte nur dem Senat beitreten, weil seine Gabe, alle Vampire und Vampirjäger zu manipulieren, zu gefährlich für uns war, deshalb versuchten wir ihn zu manipulieren, indem wir behaupten, wenn schon nicht er, dann jemand, dessen Gabe ebenso stark ist und dass es sich direkt nach der Geburt zeigt."

Dies zuhören lässt nur eines erahnen. Naomi sollte das Tauschgeschäft werden, wenn schon Toshiro es nicht sein würde.

"Und was dann?", fragt sie und wartet ab.
"Kaum, dass du geboren warst, hat er mich aufgesucht und gesagt, es gäbe jemand, die eben erst geboren sei und die eine mächtige Gabe besäße, anders als die sein."
Und damit wurde in dem Fall Naomi als Neugeborene gemeint.

"So habe ich mit ihn einen Handel abgeschlossen. Wenn Naomi es immer noch wagen würde, den Senat nicht beizutreten, denn müsse Toshiro diesen Part übernehmen. Aber wenn es Naomi schaffen würde sich von ihn zu befreien, dann wäre auch sie frei."

Das junge Paar überlegt, wie genau der Packt funktionierte, doch als Naomi gründlich nachdachte, fällt ihr ein, was genau Asato gesagt hat.

Wenn Naomi nicht den Senat beitrete, würde Toshiro es tun müssen und wenn Naomi sich von ihren Onkel befreien kann, dann wäre sie frei.

Und das Ergebnis ist...

"Es heißt, es wäre egal, was passiert wäre, weil am Ende immer dasselbe Ergebnis entstehe. Dass Toshiro letztendlich liquidiert wird."
"Ganz genau und an genau das hat er nicht gedacht, er wollte nur Frei vom Senat sein, aber dachte nicht an die Konsequenzen nach."
Naomi ist ehrlich froh, dass sie nun frei war ... oder war war sie das doch nicht?

"Und was passiert jetzt mit mir?", will sie ängstlich wissen.
"Nun, da du jetzt frei von Toshiro Ken bist, heißt das auch für dich, dass du selbst befreit von der Gefangenschaft bist und jetzt frei leben kannst, so wie du es willst. Aber dennoch, es steht dir frei, dem Senat beizutreten, wenn du es willst?", macht Ichio ihr klar und das junge Paar verdaut erst mal das gehörte.

Die junge Vampirin weiß keine Antwort, sie weiß nicht, was sie tun soll, ob sie beitreten soll. Nur eines weiß sie. Und ihre Entscheidung steht fest.

"Ich möchte nicht beitreten, aber ich möchte zuerst mit Kaien Cross reden."
Ichio nickt. "Ich werde ihn sofort herrufen lassen."
"Und noch was", fügt sie hinzu.
"Was gibt es, meine Liebe?"
Auch wenn es ihr schwer fällt und es ihr das Herz bricht, sie muss es trotzdem tun.
"Ich möchte weg. Ich möchte die Schule abbrechen und wegziehen. Weit weg von hier, von der Vergangenheit, von den Lügen ... Und von dir, Takuma."

Bevor sie diese Worte überhaupt ausgesprochen hat, hat sie sich zu ihn umgedreht und ihn traurig angesehen. Doch kaum, dass die Worte dann gesagt wurden, starrt er sie erschrocken und traurig an.

Es tut weh und das weiß sie, aber sie kann nicht mit jemand zusammen sein, der zuerst nur mit ihr abgehangen hat, um die Aufgabe seines Großvaters zu erfüllen.
Das kann sie nicht. Und sie will es auch nicht.


So, das wars fürs erste, aber nicht traurig sein, es geht ja bald weiter.

Aber es gibt dennoch etwas unerfreuliches zu verkünden.

Das hier wird bald zuende sein, nur noch wenige Kapitel und dann ist es offiziell vorbei.

Aber wartet ab, es dauert noch eine gewisse Weile, bis das Ende kommt.

Bleibt bis dahin weiter dran und seid gespannt! :)

LG

Der, der es immer war!Where stories live. Discover now