New Beginnings

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Das Heulen von Polizeisirenen durchschnitt die kühle Nachtluft. Immer wieder musste sich Wrench daran gewöhnen, wie anders sie sich in jedem neuen Land anhörte, in das ihn sein Weg führte. Einen Moment lang dachte er an San Francisco und wie viel wärmer es um diese Jahreszeit dort wäre, während der Herbstwind ihm den Nieselregen entgegenpeitschte. Er war seit Ewigkeiten nicht mehr dort gewesen. Schon etwas außer Atem stürmte er um die Ecke in eine Seitengasse. Dicht auf den Fersen folgten ihm die Tritte schwerer Stiefel, die nicht ansatzweise so weit von ihm entfernt waren, wie er es gerne gehabt hätte, begleitet vom Rauschen der Polizeifunkgeräte aus denen eine Sprache drang, die er kaum verstand.

Er war noch nicht besonders lange in Prag und wahrscheinlich würde er auch nicht die Gelegenheit bekommen lange zu bleiben. Für Optimierte gab es kaum eine Möglichkeit länger als ein paar Wochen hier zu bleiben und seine gefälschten Papiere würden sicher auch nicht ewig unbemerkt bleiben. Es war nur eine Frage der Zeit, wie lange es dauern würde ausgewiesen zu werden. Wenn sie ihn nicht zurück in die USA schicken würden, dann mindestens in eine Vorhölle wie Útulek, in die schließlich sogar optimierte Menschen geschickt wurden, die die Staatsbürgerschaft besaßen. Seine tschechischen Sprachkenntnisse zu verbessern erschien ihm unter diesen Umständen nicht besonders sinnvoll.

Glücklicherweise schaffte Wrench es etwas Abstand zu seinen Verfolgern zu gewinnen, als er plötzlich einen heruntergekommenen Eingang in eine Seitengasse erblickte. Wenn alles gut lief, bekam er dort vielleicht die Möglichkeit sie abzuhängen. Schnell bog er um die Ecke, wo ihn jedoch noch eine ganz andere Überraschung erwartete. Vor ihm sammelte sich grade eine Gruppe finster aussehender Gestalten, die den Symbolen auf ihren Jacken nach zu urteilen eindeutig den Dvalis angehörten. Er wusste nicht besonders viel über sie, außer dass es sich um die einflussreichste kriminelle Gang der Stadt handelte, wenn nicht sogar eine der mächtigsten in ganz Mittel- und Osteuropa, was Menschenhandel und Drogenhandel und Schmuggel von Schwarzmarkt-Augmentierungen betraf. Mit denen konnte er sich heute nicht auch noch auseinandersetzen, das hatte ihm grade noch gefehlt.

Schnell verschwand er in einer Nische zwischen zwei Häusern in der Hoffnung, dass niemand ihn bemerkt hatte. Die Gruppe Männer schimpfte lautstark auf tschechisch vor sich hin, welches Wrench nur bruchstückhaft verstand und versuchten beim einem Laden gegenüber die Türen einzutreten. Immerhin waren sie abgelenkt, so konnte er die Gelegenheit nutzen über ein zugegebenermaßen nicht besonders stabil gesichertes Gerüst hinauf auf einen Dachvorsprung zu klettern. Ein wenig außer Atem hockte er sich in den Schatten des schützenden Schornsteins und beobachtete das Geschehen in der Gasse. Die Dvalis hatten das Schloss der Tür inzwischen bezwungen und einige der Fensterscheiben im Erdgeschoss eingeschmissen. Es schien sich um einen Buchladen zu handeln über dessen Eingang in großen Buchstaben der Schriftzug Time Machine zu lesen war. Wrench fragte sich, was sie grade dort wollten. Literatur war nun wirklich nicht das Gebiet auf das sie sich spezialisiert hatten. Er konnte sich nicht vorstellen was sie dort suchten – oder wahrscheinlich eher wen. Er wusste nur, dass er froh war, nicht in den Konflikt involviert zu sein. Man musste nicht lange in der Stadt sein um zu wissen, dass man sich in Geschäfte der Dvalis lieber nicht einmischte.

Natürlich blieben die Aktivitäten in der Straße nicht lange unbemerkt. Nur ein paar Augenblicke später stürmte die Gruppe Polizisten in die Gasse, die ihn eben noch verfolgt hatten. Ohne ein Zögern begann ein Schusswechsel zwischen den beiden Gruppen, der die abendliche Stille in dem eigentlich sehr gemütlichen Viertel störte. Wie konnte der Abend nur so eskalieren? Immerhin würden die Bullen so hoffentlich seine Spur verlieren. Er musste nur lange genug hier oben versteckt bleiben, bis sich die Situation beruhigte. Zum Glück schienen sich die Dvalis schnell zurückzuziehen. Anscheinend hatten sie eingesehen, dass sie keinen Konflikt mit der Staatspolizei hatten, den sie heute Abend und in dieser Form austragen wollten und auch Wrenchs Verfolger verließen kurze Zeit später das Gebiet ohne die Suche nach ihm fortzusetzen.

Ever Fallen in Love? // Wrench x Václav KollerWhere stories live. Discover now