Kapitel 13 - Wenn das Schicksal dein Leben inszeniert

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Alles in Ordnung bei dir? Du warst heute gar nicht beim Crossfit! Dabei wollte ich mir heute doch deine Fortschritte ansehen, schrieb Bela am späten Dienstagabend.

Ich hatt mich bewusst dafür entschieden nicht zu Crossfit zu gehen. Jegliche Motivation war verloren gegangen. Es hatte doch alles keinen Sinn. Mein Leben war einfach nicht dazu bestimmt glücklich zu enden.

War nicht so mein Tag, tippte ich kraftlos.

Belas Antwort folgte sofort.

Willst du vorbeikommen? Dann können wir darüber reden.

Ich starrte auf seine Wörter. Es war, als ahnte er, wie schlecht es mir im Moment wirklich ging. Doch die Vorstellung, dass er mich in dieser Verfassung sah, schreckte mich ab. Ich sah furchtbar auf. Da ich letzten Tage nur Zucker in mich hineingestopft hatte, war eine Pickellandschaft auf meinem Gesicht entstanden. Meine Haare waren fettig und die Augen vermutlich noch immer aufgequollen vom vielen Weinen.

Nee, ist schon in Ordnung, antwortete ich knapp und bereute es noch im gleichen Moment. Im Prinzip brauchte ich im Augenblick nichts mehr, als jemanden wie Bela, der mich auffangen konnte.

Glaube ich dir nicht. Soll ich dich abholen?

Er ließ nicht locker, denn er wusste genau, wie schlecht es mir ging. Er war eben ein guter Freund.

Ich zögerte kurz.

Nein. Ich komme mit den Öffis. Bin in einer Stunde da, änderte ich meine Meinung.

Mit Trockenshampoo und bisschen Make-Up konnte ich mich vielleicht wieder ein bisschen vorzeigbar machen.

Bahnfahrten konnten etwas sehr melancholisches haben. Insbesondere, wenn man seine Heartbreack-Playlist abspielte und aus einem Fenster sah, an dem die Regentropfen herunterperlten. Ich glaube, das Leben tobte sich bei den Inszenierungen mancher Momente so richtig aus.

Ich hatte gewusst, dass Bela im Stadtteil Friedrichshain wohnte, doch noch nie zuvor war ich bei ihm zuhause gewesen. Es war ein schöner Altbau, den man in Himmelblau angestrichen hatte.

Es war Mitternacht, als ich bei ihm klingelte.

Ohne etwas zu sagen, nahm er mich sofort in den Arm und drückte mich fest an sich.

"Schön, dass du gekommen bist. Komm rein! Das Wetter draußen ist scheußlich. Ich habe Tee aufgesetzt, falls du welchen magst."

"Gern", nahm ich das Angebot dankend an.

Ich betrat die Wohnung, deren hohe Decken mit unfassbar schönen Stuck verziert waren. Bela nahm mir meinen nassen Mantel ab, während ich mich umsah.
"Schöne Wohnung", ließ ich ihn wissen.

"Danke! Reiner Glücksfall. Sie hat dem Bruder einer Kundin gehört und ich konnte sie übernehmen. Ohne Kontakte läuft auf dem Berliner Wohnungsmarkt eh nichts."

Ich hatte keine Ahnung vom Berliner Wohnungsmarkt, nickte aber zustimmend.

Bela führte mich in sein Wohnzimmer, das zwar nicht groß war, aber umso gemütlicher wirkte. Im Zentrum stand eine dunkelblaue Couch, auf der ein paar Kissen drapiert waren. Erschöpft ließ ich mich darauf fallen. Bela reichte mir eine Tasse Tee und nahm dann neben mir Platz. Erwartungsvoll sah er mich an.

"Und jetzt erzähl: Was war die letzten Tage bei dir los?"

Ich nahm einen Schluck Tee und schwor mir, nicht in Tränen auszubrechen, wenn ich es ihm erzählen würde. Ich hatte schon viel zu viel geweint. Jetzt war Schluss damit.

Meet me under the cherry treeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt