Kapitel 1 - Der Außenposten

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Yuno Tardun empfand Gefühle bei der Erwähnung des Außenpostens, für die sie sich schon fast schämte. Diese Euphorie, die in ihr heranwuchs, diese Aufregung, die ihr Herz einige Takte schneller schlagen ließ, verdrängte ganz den Ärger ihres Meisters, den ihre Ohren aufnahmen.
„Dieser Außenposten steht für Ruhe und gilt als ein Rückzugsort für die Jedi. Militärische Truppen und der Aufbau eines militärischen Außenpostens in der Nähe von nur einem Klick stört die Atmosphäre dort!"
Selbst wenn sie seinen Ärger spürte, war dort keine Wut in ihm, kein Zorn, der seine Wurzeln in die reine Ebene der Macht schlug und mit seinem Gift den Boden tränkte.
Rogan Valhoun war ein ausgeglichener Jedi, so beschrieb Yuno ihn. Die Meditationsstunden mit ihm genoss sie, denn seine Anwesenheit, sein tiefster Frieden in den Zeiten des Krieges half ihr sich mit vollem Verstand auf die Macht zu konzentrieren. Und sie zu spüren. Sie zu fühlen, wie Luft, die sie wahrnehmen konnte, obwohl sie sie nicht sah.
„Rogan, du weißt, dass ich dem auch nicht zustimme, doch gerade ihr wurdet dafür ausgewählt die Lage dort zu bewachen. Ich glaube an dich. Ich glaube deshalb an dich, weil du für Ruhe sprichst, alter Freund. Möge die Macht mit euch sein."
Ein guter Freund ihres Meisters, Iv Velos, verbeugte sich leicht und sah zu ihr hinab. Beide Männer, die durch dessen Bärte und länger gewordenes Haar an diesem Tag erstaunlich ähnlich wirkten, richteten ihren Blick auf die junge Schülerin.
„Sie ist alt geworden, Rogan.", stellte Velos fest und lächelte übers ganze Gesicht.
„Du sagst es, Iv. Ich kann mich noch an die vierzehnjährige Yuno erinnern, die kein Wort über die Lippen gebracht hatte. Damals hätte ich nie gedacht, dass das plötzliche Dasein als Padawan jemandem so die Sprache verschlagen kann."
Ihr Meister lachte, ebenso wie Meister Velos, der sich nun auch vor ihr verbeugte, ging und nicht mehr hinterließ als ein Lächeln auf den Lippen seines Freundes. Yuno fragte sich, wie lange die beiden Männer sich schon kannten, ihre Schätzungen besagten dreißig Jahre, die bei dem Alter ihres Meisters, der sich in der Mitte seiner Vierziger befand, durchaus angemessen war. Sie sah kurz an ihm vorbei, in den langen Gang des Tempels hinein, wo Velos seinen ehemaligen Padawan Noval in Empfang nahm, dessen dunkle Haare noch immer die schöne lockige Form besaßen wie vor einigen Jahren, als sie noch regelmäßig gemeinsam trainiert hatten. Sie hatte diese Zeit gemocht. Noval war ein Junge mit hoher Intelligenz, denn er hatte ihr oft von Dingen erzählt, die er in den Archiven während seiner Studien gelesen hatte, und kannte eine Vielzahl von Tricks während dem Nahkampf, der nicht das Lichtschwert beanspruchte. Doch irgendwann waren sie beide unterschiedliche Wege gegangen. Vor mehr als einem halben Jahr hatte er die Prüfungen bestanden, da er um ein Jahr älter war als sie. Als sie sich danach auf den Fluren begegneten, war nicht mehr als ein Lächeln zustande gekommen, obwohl sie gern für ein Gespräch stehengeblieben wäre. Als sie ihn nun sah, wie er mit Meister Velos sprach und lächelte, vermisste sie diese Zeiten des Trainings mehr als sie gedacht hatte.
„Lass uns gehen, Yuno. Ich bin sicher Commander Koho wartet schon auf uns.", riss sie plötzlich Meister Valhoun aus den Gedanken, der ihren langen Blick bemerkt haben musste und nun sich in Richtung des Ausgangs bewegte.
Noch immer nichts sagend, folgte sie ihm durch die Gänge mit den atemberaubend hohen Säulen und Kuppeln durch die das Sonnenlicht strahlte und das Innere Tempels warm erhellte. Immer wieder erfreute Yuno sich an der Kunst des Tempels, denn ganz gleich, wo sie hinsah, war Kunst in Form von Statuen, Malereien und Mustern auf dem Boden zu sehen. Dazu war es immer angenehm warm, sodass sie seit ihrer ersten Ankunft nie gefröstelt oder sich äußerst unangenehm gefühlt hatte.
„Sag mir...", sprach ihr Meister neben ihr, während er den Blick auf den großen Ausgang des Tempels gerichtet hatte, der immer näher kam. „Hast du wieder mit Noval gesprochen? Ihr wirkt auf mich in letzter Zeit sehr distanziert."
Innerlich fluchte sie, denn Yuno war kein gesprächiger Mensch, der über alles redete, sondern hatte gewisse Komfortzonen, was Gespräche anbelangte, und diese verließ sie nicht allzu gerne.
„Nein. Schon seit Monaten nicht.", antwortete sie und merkte, wie ihr Meister sie von der Seite ansah.
„Wege trennen sich. Er ist älter als du und hat seine Prüfungen bestanden, da ist es nicht unüblich, dass neue Jedi-Ritter weniger Kontakt mit Padawanen haben, als vorher."
Sie schwieg. Denn sie wusste, dass sie damals einen Funken von etwas gespürt hatte, wenn sie Noval in die Augen sah, bei dem sie genau wusste, dass es ihr verboten war. Seitdem vermied sie jeglichen Kontakt.
„Du wirst schon bald eine Jedi-Ritterin werden, Yuno, wie Noval. Aber du musst deine Gedanken und Gefühle in einem Rahmen behalten, der dir vorgeschrieben ist."
Verwirrt sah sie zu ihm auf.
„Ich spüre deine Gefühle. Und es nicht unüblich, dass sie eines Tages auftreten, schließlich machte auch ich diese Erfahrung in meiner Jugend. Sie können quälen, weh tun und noch viel mehr, aber die Qualen können wir alle beenden, indem wir uns selbstlos der Macht hingeben. Die Macht ist der Frieden, Yuno, und deinen eigenen Frieden wirst du in ihr finden."
„Ihr habt selbst das gleiche durchgemacht?"
Plötzlich war sie ganz gesprächig. Ihr Meister lächelte, während sie durch den großen Ausgang liefen und sie schon von weitem den Raumhafen der GAR entdeckte.
„Das tut jeder. Ich bin sicher, dass sogar Meister Yoda oder Meister Windu dazugehören. Gefühle sind etwas Natürliches, Yuno. Aber das Natürliche kann uns täuschen und uns auf Wege leiten, auf denen wir die Kontrolle über uns verlieren. Das Richtige erscheint plötzlich falsch, wir vergessen es, übersehen es und folgen etwas, das von unsere Gefühle leiten. Du darfst empfinden, aber du darfst nicht zulassen, dass deine Gefühle dich kontrollieren. Es gibt Jedi, die daran gescheitert sind, aber wie du siehst, ist es der Mehrheit möglich gewesen."
Eine Windböe schlug ihr einige Haarsträhnen ins Gesicht, die sie mit zusammengekniffenen Augen hinter ihr Ohr strich. Coruscants Sonne und die damit eingehende Temperatur war warm, angenehm, sodass sie für eine Weile einfach nur dort stehenblieben und die Wärme genießen wollte. Doch die Erzählungen ihres Meisters waren spannender als alles andere, was sich um sie gerade abspielte, denn tatsächlich war an diesem Tag nicht viel los.
„Meister... Ich kann nicht leugnen, dass ich nichts gespürte habe, wenn ich Noval gesehen habe. Es ist nur so, dass ich weiß, dass dieses Etwas falsch ist. Ich habe mich von ihm distanziert, ich war es selbst."
„Distanz ist eine vorübergehende Lösung. Aber sie schafft nicht dieses Etwas aus der Welt. Ich nehme es dir nicht übel, du hast gezeigt, dass du von selbst früh genug erkennst, wenn dort Gefühle sind, die dir gefährlich werden könnten. Doch du musst einen Weg finden auch deine Gedanken klar zu halten. Gedanken verraten uns. Und sie können uns lähmen. Daher wirst du schon bald die Prüfungen machen, Yuno."
Sie schnaubte. Yuno merkte erneut diese Sturheit in ihr, die ihrem Meister zu Beginn einiges schwerer gemacht haben. Die das Training, Kämpfe und schließlich Gefechte auf Schlachtfeldern, wo sie sich stur zeigte und dachte, dass ihre Sturheit Zielstrebigkeit bedeutete, erschwerte. Als ein vierzehnjähriges Mädchen erschienen Dinge leichtsinnig einfach, als wenn sie es nun mit achtzehn Jahren betrachtete. Eine Horde von Droiden bedeutete eine Herausforderung, eine Mutprobe, die sie um jeden Preis bestehen musste, es wirkte schon fast wie ein Abenteuer, das indirekt zu Spaß aufrief. Gewann sie, so empfing sie ein Rausch, doch verlor sie, so schien die Galaxis sich zu trüben. Ihre Leichtsinnigkeit hatte sie mittlerweile verloren. Droiden bedeuteten für sie eine Gefahr, die nicht zu unterschätzen war und Lebewesen wie Klone, sogar Jedi, leicht töten konnten, während ein Sieg noch immer keine Wiederherstellung des Friedens war.
Und als sie nun das Gelände des Raumhafens betrat, Klone überall stehen sah, wusste sie, dass es für diesen Frieden eine gewisse Zeit brauchen würde, bis er wieder zurückerlangt wurde.
„General. Commander."
Es war Commander Koho der 257sten, der ihnen entgegen kam und beide mit einem freundlichen Nicken begrüßte. Sie hatte ihn nur einige Male gesehen, doch da ihr Meister nicht aktiv am Krieg teilnahm und nur in Notfällen mit ihr aufs Schlachtfeld ging, hatte sie fast keinen Kontakt mit dem Militär und dessen Soldaten. Er wies die in Tanks herausgezüchteten Soldaten nicht ab, doch er hatte ihr erläutert, dass sie für ihn eine Verlängerung des Krieges bedeuteten und es erschweren würden, den Frieden wiederherzustellen, da man sie mit unüberlegter Taktik einsetzte und an den falschen Orten stationierte. Schon oft hatte Yuno in ihren Gedanken an den Worten ihres Meisters gezweifelt und mehr als nur einmal über diese nachgedacht. Sie kam jedes Mal zu dem Entschluss, dass er sich vom Krieg fern halten wollte, da sie wusste, dass er stets an die Traditionen und den Kodex der Jedi festhielt, an sie glaubte, wie es nur sehr wenige Jedi taten. Krieg gehörte nicht dazu.
Jedoch wusste sie für sich auch, dass sie, wenn sie die Prüfungen bestehen und in den Rang einer Generälin befördert werden würde, in den Krieg ziehen musste. Es mangelte ihr an Erfahrung, an taktischem Wissen und als sie nun Commander Koho sah, mit seiner ausdruckslosen Miene, die bis zur Hälfte Opfer einer Explosion gewesen war und mit einem künstlichen Auge versehen werden musste, steckte ihr plötzlich ein Kloß im Hals und ein ungutes Gefühl in der Brust, wenn sie ihren Meister ansah.
Es ist falsch sich fernzuhalten. Hunderte, fast Tausende von Jedi kämpfen in diesem Krieg und wir bleiben auf Coruscant, denken über die Schönheit der Macht nach, während dort draußen unsere eigenen Leute und Tausende von Soldaten sterben.
„Commander. Es ist schön sie wieder gesund zu sehen."
„Gleichfalls, Sir. In einundzwanzig Minuten beginnt die Abreise; der Admiral verlangt jedoch mit euch zu sprechen, allein."
Missmutig sah ihr Meister zu ihr, hob die Augenbraue bis er schließlich süffisant lächelte und ihr die Hand auf die Schulter legte.
„Na dann. Während ich mit dem Admiral plaudere, wird dich der Commander etwas über die GAR unterrichten, nicht wahr?", antwortete Valhoun erst ihr und drehte sich dann anschließend zu Koho um. Dieser schien überfordert zu sein, sah zu Yuno und dann wieder zu dem Jedi, als hätte man ihm soeben die Aufgabe gegeben, die Putzdroiden auf dem Kreuzer zu ersetzen. Koho musste jedoch nicht den Boden putzen und der Besatzung bei jeder Gelegenheit über den Fuß fahren, sondern jede ihrer Fragen beantworten. Yuno grinste innerlich.
„Ähh... Natürlich, Sir."
Leise lachend klopfte ihr Meister dem Klon auf die Schulter, während er sich zum Gehen abwandte.
„Ich werde mich nun besser auf den Weg machen. Wir möchten den Admiral doch ungern warten lassen."
Und nun stand sie wie ein gejagtes Nerf in einer Horde von Klonkriegern, die das Schiff betraten und sich auf die Abreise vorbereiteten. Plötzlich fühlte sie sich verloren, so unerfahren neben einem Mann, der dem Tod bereits ins Auge geblickt und Narben von jeder Schlacht auf seinem Körper trug.
Koho war stets höflich gewesen, doch wie am Anfang, empfand sie ihn noch immer als etwas angsteinflößend und kalt anderen gegenüber. Seine militärische Präzision schüchterte sie ein, ebenso seine aufrechte Haltung, bei der man schon fast aufgrund des Kamas von einem Hohlkreuz sprechen konnte, und dann war da noch dieses künstliche Auge, bei dem Yuno sich wunderte, warum die Bauer nicht einfach Iris und Pupille den Protesen gegeben hatten, um andere Lebewesen nicht direkt zu erschrecken.
„Wenn wir dieses Schiff betreten, dann haltet Ihr euch stets an meine Anweisungen, verstanden?"
Sie schluckte schwer und traute sich kaum ihm in die Augen zu sehen.
„Ja..."
„Großartig. Folgt mir."
Sie hatte Mühe mit dem Klon Schritt zu halten und lief eilig neben ihm her, versuchte es so aussehen zu lassen, als müsste sie nicht rennen. Yuno war nicht klein, doch Männer mit längeren Beinen und einem schnellen Gang waren für sie schon immer eine große Herausforderung gewesen, die sie mehr beanspruchte, als ein Dutzend Droiden.
Die Rampe schloss sich hinter ihnen und einigen anderen, als sie das Schiff betraten und sich nun in dem riesigen Hangar befanden, der ihr ein Gefühl gab, dass sie ein Nichts im Gegensatz zu diesem Schiff war. Was selbstverständlich auch stimmte. Und neben Koho fühlte sie sich ebenfalls wie ein Nichts, der sie kaum beachtete, als er stehenblieb und mit zwei Sergeants sprach.
So hatte ich mir die GAR nicht vorgestellt.
Sie hatte die Geschichten gehört, dass Commander nach Kamino zurückgeschickt wurden, wenn ihre Leistungen und Taktiken mangelhaft waren, und bei Koho konnte sie sich glatt vorstellen, dass er eines Tages ein Verhaltenstraining bekommen würde.
„Wunderbar. Wegtreten, Jungs.", sagte er zu den beiden Soldaten und erneute folgte sie ihm eilig.
In diesem Hangar waren plötzlich so viele Soldaten, Maschinen und Fahrzeuge, dass es ihr die Sprache verschlug, auch wenn sie dies nicht zum ersten Mal erlebte. Das erste Jahr in ihrem Dasein als Padawan hatte sie in Frieden verbringen dürfen, doch sie konnte sich noch an die erste Schlacht von Geonosis erinnern, als man ihren Meister dorthin berufen hatte. Anschließend war er mit einigen üblen Wunden zurückgekehrt, die auf Blasterschüsse und umherfliegendes Schrapnell zurückzuführen waren. Als sie dann zum ersten Mal auf das Schlachtfeld ging und Seite an Seite mit Klonen kämpfen musste, war sie plötzlich gealtert.
Und nun, obwohl sie erst die achtzehn Jahre hinter sich hatte, fühlte sie sich wie dreißig.
„Commander, Sir.", begann sie und nahm all ihren Mut, um fortzufahren. „Wohin gehen wir genau?"
Koho sah sie einen Moment lang von der Seite an und schien sie zu mustern ehe er antwortete: „In den Mannschaftsraum, wo ihr gemeinsam mit ein paar anderen Männern, die während der letzten Schlacht mehrfach ermahnt wurden, einen kleinen Exkurs unserer bevorstehenden Aufgabe erhaltet."
Dann hatte sie nichts mehr zu sagen.
Und sie war sich auch nicht sicher, ob sie überhaupt noch etwas sagen wollte.

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⏰ Last updated: Sep 01, 2021 ⏰

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