6. Tendou - stets für eine Überraschung gut

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Nach einer kurzen Werbeunterbrechung sehen sie, nein warte..., hören sie Kawanishi Taichi, der einen Titel seines Lieblingskünstlers lauv performen wird – I like me better." Der Rotschopf war voll in seinem Element, laut und aufgedreht wie eh und je, was durch den Alkoholkonsum, der sich auch bei ihm langsam bemerkbar machte, nicht gerade gebremst wurde.

Shirabu bekam munter von seinem besten Freund auf den Oberschenkel geklopft als dieser aufstand, sich auf das kleine Podest begab und sich auf einen Stuhl setzte. Die Aufregung, die er noch beim ersten Auftritt auf der kleinen Bühne ausgestrahlt hatte, war beinahe gänzlich verschwunden. Ob es daran lag, dass er nun einen seiner Lieblingstitel singen durfte, oder ob auch er einfach etwas lockerer wurde, diese Frage konnte Kenjirou nicht beantworten, doch er freute sich, dass sein bester Freund nun doch etwas Spaß zu haben schien. Immerhin musste er ihn fast dazu zwingen mitzukommen, der Faulpelz hatte sich gesträubt, doch war er im Endeffekt schließlich doch eingeknickt und kam mit, natürlich nur als seelische Unterstützung für den Kleineren.

Sein Fuß wippte ein wenig gegen den Takt des Liedes, das er sang, doch glücklicherweise sang er zum Takt der Musik und nicht zum Takt, den sein Bein vorgab. Der etwas gemütlichere Song passte auch um Welten besser zu dem auch sonst eher ruhigen Mittelblocker, viel besser als das flotte Stück, das er zu Beginn des Abends singen sollte.

Kurz nachdem Taichi die Bühne verließ, von leichtem Applaus begleitet, sprang Tendou wie von der Tarantel gestochen auf. „Na endlich, ich bin dran." Er schrie fast, ohne Zweifel hatte er den ganzen Abend auf diesen Moment gewartet. Das Mikrophon, das er von Taichi übergeben bekommen hatte, hielt er fest in der Hand während er sich aufgeregt auf die Suche des gewünschten Songs machte.

Ich packe meine ganze Liebe in dieses Lied. Natürlich nur weil die App wollte, dass ich mein Liebesleben in einem Song repräsentiere." Er lachte und die anderen stimmten mit ein, sie wussten alle, wie glücklich er mit ihrem Ass doch war. Auch hatte er keine Hemmungen, dies offen zu zeigen, weswegen die App nur eine Ausreden sein musste, er hätte seinem geliebten Wakatoshi auch ohne diese dämliche App ein Liebeslied gesungen. Doch welchen Titel er ausgewählt hatte, hätten sie nicht erraten, selbst wenn sie es versucht hätten. Aber es war eben ihr etwas durchgeknallter Mittelblocker, mittlerweile sollten sie doch eigentlich begriffen haben, dass sie ihn nicht durchschauen konnten, dass er es immer wieder schaffen würde, sie zu überraschen.

Leise Klaviernoten erklangen, die Shirabus Musicalherz höher schlagen ließen. Auch wenn ihn die Wahl des Titels im ersten Moment sehr überraschte, als der Gedanke eine weitere Runde in seinem Kopf drehte musste er dem Rotschopf schmunzelnd zustimmen, er hatte eine gute Wahl getroffen. Tendou ist doch immer wieder für eine Überraschung gut.

Dieser saß seelenruhig vorne auf seinem Stuhl und wartete auf seinen Einsatz. Die anderen schienen den Titel im Gegensatz zu ihm und Shirabu entweder nicht zu kennen oder noch nicht erkannt zu haben und warteten gespannt, was Tendou ihnen nun singen würde.

I will follow him..." Ganz sanft drang die sonst so schrille Stimme des Mittelblockers durch den Raum, wobei er das „him" wie ihm Original sehr in die Länge zog, wenngleich er auch etwa eine halbe Oktave tiefer als im Musical sang. Alle sahen ihn gebannt an, einige Münder standen offen, es hatte wohl keiner mit etwas so sanftem, gefühlvollen gerechnet. In diesem Moment wurde dem ehemaligen Stammsetter klar, dass er mit seiner Vermutung, dass keiner der anderen das Lied kennen würde wohl richtig lag. Sein Schmunzeln wurde etwas breiter und wandelte sich zu einem wissenden Lächeln. Die werden Augen machen. Tendou, als der gute Schauspieler, der er eben war, ließ sich natürlich nichts anmerken. Er unterstrich den Text mit ausgefallenen Handbewegungen, hielt durchgehend Blickkontakt mit dem Mann, dem er dieses Lied widmete, seiner großen Liebe.

Als der Pianist der Karaokeversion des Liedes in die Tasten haute, sprang Tendou mit einem breiten Grinsen von seinem Stuhl auf und sang weiter. Er ging in diesem Lied auf, so beschrieb es seine Liebe zu Ushijima doch wirklich sehr gut. Egal wohin ihn der Braunhaarige auch führen würde, er würde ihm folgen, solange er doch nur bei ihm sein könnte, er liebte ihn von ganzem Herzen. Bewusst formulierte er den Text komplett in der Ich-Perspektive, was das ganze noch bezaubernder machte, den anderen aber vermutlich gar nicht auffiel, da sie den originalen Text ja nicht kannten. Kenjirou hingegen nahm diese kleinen Gesten deutlich wahr und kam nicht umhin sich einzugestehen, dass ihr nerviger Mittelblocker seinem Freund gegenüber doch auch wirklich süß sein konnte.

Doch selbst Satori, im Lied gefangen, voll auf seinen Gesang konzentriert, war kurz irritiert, als er Shirabus Stimme mit einsteigen hörte. Auch wenn er nur den Background- Gesang übernahm, ergänzte er Tendous Singstimme perfekt. Er selbst hatte gar nicht gemerkt, dass er leise zu singen begann. Die Beine im Takt wippend, Augen geschlossen saß er auf dem Sofa und wurde von allen Seiten angestarrt. Selbst Taichi, sein bester Freund, hatte ihn noch nie singen gehört. Und er sang gut.

Wie gerne hätte Semi mehr gehört, doch er wurde enttäuscht, da das Lied bereits zu Ende war. Es folgte tobender Applaus, der zum Teil an Satori, zum Teil auch an Shirabu gerichtet war, dem offenbar erst jetzt, als er die Augen wieder öffnete und aus seiner eigenen kleinen Welt entkam, dämmerte, dass er den Blicken der anderen nach zu urteilen wohl laut gesungen hatte. Sofort schoss ihm die Röte ins Gesicht und er verfluchte den Alkohol, den er zuvor getrunken hatte.

 

Wirklich dankbar war er Tendou dafür, dass dieser gekonnt die Aufmerksamkeit wieder auf sich zog. Vermutlich tat er dies eher nicht bewusst oder geplant, aber dennoch überaus erfolgreich. Naja wer fällt schon freiwillig von einer Bühne, auch wenn diese nur eine Stufe hoch war. Der Rothaarige war gestolpert, doch ganz der Gentleman der er eben war, und der Mann, der seinen Freund kannte und wusste wie tollpatschig dieser sein konnte, war Wakatoshi bereits aufgestanden und konnte Satori fangen und in seine Arme schließen, bevor er ihn in einen zärtlichen und liebevollen Kuss verwickelte. Hatte er sich eben getäuscht oder hatte der strenge, sonst so ausdruckslose Ushijima glasige Augen gehabt? Selbst ein Mensch wie Wakatoshi hatte ein Herz und sein geliebter Satori wusste genau, wie er dieses erreichen konnte.

Dass die Aufmerksamkeit der anderen Volleyballer auf den beiden Turteltauben lag nutzte Shirabu, um sich schnell aus dem Staub zu machen, natürlich nicht ohne sich zumindest bei Kawanishi abzumelden. Der Alkohol machte sich nicht nur an seiner locker werdenden Art bemerkbar, er schlug ihm mittlerweile doch auch etwas auf die Blase.

Herzensklänge (SemiShira)Where stories live. Discover now