Kapitel 1: Neuanfang

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Zwei Wochen vor Beginn des neuen Schuljahrs

*Eliza*

Es klopfte leise an der Tür. „Herein", murmelte ich. Die Tür wurde geöffnet und meine Mutter trat ein. „Eliza", sagte sie, ihre Stimme klang müde, „Komm bitte mit runter. Wir müssen noch besprechen, wohin du für die nächste Zeit ziehen wirst bis...". Sie sprach nicht weiter. Aber das war nicht nötig. Ich wusste genau, was sie eigentlich hatte sagen wollen. Bis es mir wieder besser geht. Wann auch immer das sein würde.

Also nickte ich bloß und folgte ihr die Treppe hinunter in unsere geräumige Küche. Ich setzte mich an den Küchentisch und schaute aus dem Fenster. Der Himmel war wolkenverhangen und Regentropfen prasselte gegen die Fensterscheibe. Das Wetter passte ausgezeichnet zu der Stimmung im Haus.

Ich wandte den Blick vom Fenster ab und sah zu meiner Mutter, die mit einem Kaffee in der Hand mir gegenüber Platz genommen hatte. Ihre hellbraunen Haare, die meinen so ähnlich waren, waren zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden und sie wirkte erschöpft. Sie war blass und hatte tiefe Augenringe. Die Krankheit hatte ihre Spuren hinterlassen.

Zur Zeit ihrer Schwangerschaft war meine Mutter in einem psychisch labilen Zustand gewesen. Bei ihrem Traumjob als Aurorin war einfach alles schiefgelaufen, was hätte schieflaufen können, weshalb die ungeplante Schwangerschaft sie kalt überraschte. Sie setzte selbst sehr unter Druck, weil sie glaubte, keine gute Mutter sein zu können. Dazu kam ein Ehemann, der gerade im Außeneinsatz war, und die schwierige Beziehung zu ihrer Familie.

Die Familie meiner Mutter war eine alte und adlige Reinblutfamilie und sehr konventionell eingestellt. Ihre Vorstellungen über die Zukunft meiner Mutter hatten sich offensichtlich nicht mit dem eingeschlagenen Weg von Marie Potter, geborene Herzogin Maria Aquila Elisabeth von Hohenzollern, vereinbaren lassen. Die daraus resultierenden Familienstreitigkeiten hatten meiner Mutter sehr zugesetzt.

Der emotionale Stress hatte ihren Körper auch physisch stark angegriffen. Kopfschmerzen, Fieberanfälle, Schwindel, Erbrechen, Kreislaufzusammenbrüche, Appetit- und Schlaflosigkeit seien an der Tagesordnung gewesen, hatte mir mein Vater später erzählt.

Seit meinem Kleinkindalter ging es zum Glück wieder bergauf. Auch die Situation mit den Familienangehörigen mütterlicherseits hatte sich mit den Jahren beruhigt.

Bis letztes Jahr alles den Bach runterging.

Letzte Jahr war mein Vater bei einem Auroreneinsatz ums Leben gekommen. Es war ein internationaler Auftrag gewesen. Das britische Zaubereiministerium hatte gute Beziehungen zum deutschen und hatte dieses um Hilfe bei der Ergreifung eines gefährlichen Werwolfs, der dadurch auffällig geworden war, dass er kleine Kinder anfiel, gebeten. Sein Name war Fenrir Greyback. Meine Eltern und zwei weitere Auroren hatten ihn gejagt.

*Flash-back*

*Marie*

Blätter stoben auf, als wir über den Waldboden rannten, Greyback knapp vor uns. Diesmal würde er uns nicht entkommen. Diesmal würden wir es zu Ende bringen. Ich übernahm die Führung und hob meinen Zauberstab, sobald er in Reichweite war. Sag deiner Freiheit Lebewohl, Wölfchen.

Als hätte er es gespürt, drehte sich der flüchtige Werwolf blitzschnell um und feuerte im selben Atemzug einen Fluch auf mich ab. Ich sah den grünen Lichtstrahl auf mich zurasen und wusste, dass ich zu langsam sein würde. Doch ich würde nicht als Feigling sterben. Trotzig sah ich ihm in die Augen. Die anderen Auroren würden ihn gleich ergreifen und ich würde nicht umsonst sterben, sondern für die Sicherheit vieler Kinder. Wir würden rächen, was er unzähligen Unschuldigen angetan hatte.

Von Licht und Schatten | RumtreiberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt