Viel Platz in meinem Herzen

Schreck am Morgen

Nächster Tag: Leos Sicht:

Ich wurde von einem Scheppern aus dem Schlaf gerissen. Ich setzte mich sofort auf und schaute mich im Raum um. Wo war ich? Bei Karin? Ich habe bei Karin übernachtet? Ich drehte meinen Kopf zur Seite und sah Karin friedlich neben mir liegen. Sie drehte sich in meine Richtung und nuschelte etwas undeutliches in ihr Kissen. Dann griff sie nach meinem Arm und zog leicht an ihm. Sie hob ihren Kopf an und flüsterte „Leg dich wieder hin. War nur der Nachbar." Ich gehorchte, legte mich zurück ins Bett und rutschte näher an sie ran. Karin vergrub ihre Nase in meinen Haaren und legte ihren Arm auf meine Hüfte. Ich zog uns die graue Winterdecke weiter drüber und schloss die Augen. Keine Ahnung wie lange ich noch geschlafen hatte, aber irgendwann wachte ich auf und musste aufs Klo. Ich schaute an mir runter und bemerkte, dass ich nur ein Shirt von Karin trug. Egal, ist ja niemand anderes da. Ich lief den Gang entlang Richtung Bad. Als ich mit pinkeln fertig war, stand ich auf und zog mir meine Unterhose wieder hoch. Ich stellte mich vors Waschbecken und betrachtete mich kurz im Spiegel. Ich wusch mir die Hände und das Gesicht mit eiskaltem Wasser. Ich griff nach dem Handtuch, als jemand plötzlich ohne Vorwarnung die Tür aufriss. Aaron stand mit weitaufgerissenen Augen von mir und starrte mich an. „Hallo Aaron" begrüßte ich ihn. Er sah mich immer noch verunsichert an, drehte sich um und ging in Richtung Küche. Es brauchte einen weiteren kurzen Augenblick, bis ich kapierte, was Aaron da gerade gesehen hatte. Ich sah kurz an mir runter und sah nur das dünne Shirt. „Fuck" entglitt es mir und ich ging mit schnellen Schritten zurück ins Schlafzimmer.

Ich drückte die Tür unsanft ins Schloss: „Karin?" – keine Reaktion – „Karin?" versuchte ich sie auf mich aufmerksam zu machen. Sie rührte sich dennoch nicht. Ich ließ mich aufs Bett fallen und rüttelte an ihren Schultern „Ey, Aaron ist da und hat mich gerade im Bad gesehen." Karin griff nach meiner Hand und wollte sie wahrscheinlich gerade küssen, als sie innehielt. Schnell drehte sie um und sah mich an: „Bitte was?? Was macht er zu Hause?" Sie sprang auf und schnappte sie ihre Jeans. Sie wirkte plötzlich total panisch. Ich ging ums Bett herum, legte eine Hand auf ihre Schulter und redete auf sie ein: „Beruhig dich. Schnell, schnell machen bringt jetzt gar nichts. Er hat mich ja schon gesehen oder soll ich jetzt aus dem Fenster springen und du erzählst ihm, dass er einen Geist gesehen hat?" Karin hielt sich den Kopf und lachte: „Haha nein. Ich bin so doof." Sie setzte sich zurück aufs Bett. „Du bist nicht doof. Ist halt jetzt ungünstig gelaufen. Das Universum lässt keine Zeit ungenutzt. Das haben wir doch gestern so in Kauf genommen." Karin lachte kurz auf: „Du hast ja Recht. Eigentlich wollten wir, dass er es anders erfährt, aber jetzt ist es halt so." Ich lächelte sie an: „Gestern reden wir noch darüber und heute in der Früh geht es gleich zur Sache." Ich stand noch vor ihr. Karin legte ihr Gesicht auf meinen Bauch, um ihr Lachen ein wenig zu dämpfen. Ich streichelte mir meiner Hand über ihren Kopf und kicherte ein wenig mit. „Komm, lassen wir ihn nicht länger warten. Bestimmt ist er schon ganz verstört vor Ungewissheit." Karin stand auf, zog sich die Jeans an und einen Pulli. Ich zog ebenfalls meine Jeans an und wechselte Karins Shirt gegen mein eigenes.

Karins Sicht:

Aaron saß seelenruhig in der Küche am Tisch und aß Cornflakes. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich hatte das Gefühl, dass es gleich aus mir herausspringen würde. Ich bin eine erwachsene Frau und bin nervös wie ein frischverliebter Teenager. Ich sah zu Leo hinüber und sie schaute ebenfalls nervös aus. „Willst du auch einen Kaffee?" fragte sie mich und ich nickte ihr zu. Aaron schaute auf sein Handy und beachtete uns kein Stückchen. Ich setzte mich an den Tisch: „Guten Morgen Schatz" begrüßte ich Aaron. Jetzt guckte er mich an und murmelte: „Guten Morgen" und im selben Moment schaute er wieder auf sein Handy. Ist er beleidigt? Oder peinlich berührt? Leo stellte eine Tasse heißen Kaffee vor mir auf den Tisch. „Warum bist du zu Hause?" fragte ich Aaron. Er schaute mich genervt an: „Warum fragst du das? Das ich euch beide nicht störe, oder was?" Leo wurde schlagartig rot im Gesicht und ich verdrehte genervt die Augen. Jetzt musste ich auch noch anfangen ihn zurechtzuweisen: „Ich habe dich was ganz Normales gefragt. Du bist noch nie von Valeria früher nach Hause gekommen, sonst muss ich dich immer anbetteln, dass du dich wieder zu Hause blicken lässt. Ich mach mir doch nur Sorgen" Er wich meinem Blick kurz aus und erzählte: „Valeria und ich hatten gestern ein paar Meinungsverschiedenheiten, dann bin ich in der Nacht nach Hause gegangen." Ich war sauer, weil er mich so angefahren hat, aber irgendwie tat er mir auch leid. „Tut mir leid für dich. Das wird bestimmt wieder." Ich lächelte ihn an und gab ihm einen Luftkuss. Aaron lächelte gequält zurück. Man merkte, dass ihn das mit Valeria wirklich mitnahm, und jetzt müssen wir ihm noch unsere Beziehung offenbaren. Ich schaute kurz zu Leo rüber die offensichtlich gerade vor Nervosität platzte. „Komm her" sagte ich zu Leo und deutete auf den Stuhl neben mich. Sie setzte sich auf den leeren Stuhl und ich griff sofort nach ihrer Hand. Verwirrt sah sie mich an und auch Aarons Blick fiel auf unsere Hände. „Was soll das?" fragte Aaron in einem abwertenden Ton, verschränkte die Arme und ließ sich in den Stuhl zurückfallen. Er zog eine Augenbraune hoch und schaute weiter auf unsere Hände. Leo löste vor lauter Schreck ihre Hand aus meiner. Mein Herz wurde immer schwerer. Meint er das ernst? „Was meinst du?" ich warf ihm einen fragenden Blick zu. „Wollt ihr mich verarschen? Wie lange geht das schon so?" kam nur von Aaron. Ich war reichlich verwirrt und schaute abwechselnd zwischen Leonie und meinem Sohn hin und her. Leonie war die Angst ins Gesicht geschrieben. Die Wut kam in mir hoch, nicht nur wegen Aarons respektlosem Verhalten, sondern auch weil er Leo damit verletzt. „Nein wir wollen dich nicht verarschen. Willst du uns etwas damit sagen?" Ich setze mein wütendstes Gesicht auf und sah Aaron eindringlich an. Aarons Gesichtszüge lockernden sich ein wenig und er fing laut an zu lachen. Und hörte nicht mehr auf. Leo und ich schauten uns irritiert an. Irgendwann hatte sich Aaron wieder gefangen und ich wusste nicht, ob ich jetzt sauer sein sollte oder keine Ahnung was hier los war. „Und jetzt?" erkundigte ich mich bei ihm „Willst du uns was sagen?" Aaron wischte sich ein paar Tränen aus dem Gesicht und redete: „Eure Gesichter hättet ihr gerade sehen sollen" er grinste über das ganze Gesicht. „Ihr denkt doch auch, dass ich auf den Kopf gefallen bin, oder? Seit 4 Monaten bist du ständig abends nach der Arbeit nicht zu Hause, obwohl du sonst immer daheimbleibst, allein, auch wenn ich nicht zu Hause bin. Du erzählst mir ständig ne andere Geschichte wo du an welchem Tag warst und Leo ist ständig zum Essen da." Leo schmunzelte und legte sich die Hand vor den Mund, während Aaron auspackte. „Außerdem riechst du ständig nach fremdem Frauenparfüm, Betonung auf „Frauen" und letztens als du mit deiner „Arbeitskollegin" telefoniert hast, hast du sie „mein Engel" genannt." Aaron wartete auf meine Reaktion, aber ich starrte ihn nur verdutzt an. Schlaues Kerlchen. Leo versuchte sich neben mir zusammenzureißen, aber ihr Damm knackte und sie brach in schallendes Gelächter aus. Aaron grinste sichtlich zufrieden. „So ist das also, für deine Klausuren lernen ist zu viel verlangt, aber in diesem Fall setzt du alle Beweise perfekt zusammen, oder was?" Ich schmunzelte ihn an: „Also doch mal ein Praktikum bei uns im Revier, kleiner Juniorkommissar." Aaron protestierte: „Ähm ne, dass Thema haben wir schon durch Mama, keine Polizei." In diesem Moment schaltete sich Leo dazwischen: „Ok, Herr Kriminalhauptkommissar Gorniak. Wie siehts aus?" Leo lächelte Aaron an. Mein Herz zerfloss. „Bist du cool damit?" fragte Leo Aaron. Aaron: „Ja mega cool." Leo hob die Hand und Aaron schlug ein. Ich hatte die Situation immer noch nicht ganz überrissen, als Aaron fragte: „Und was machen wir dann heute schönes zusammen?"