Das Gespräch

1.1K 63 1
                                    

Der Regen hatte meine Kleidung und Haare durchnässt und war bis auf meine Haut durchgedrungen. Mir war trotz der Nässe nicht kalt, die Luft war immer noch sehr warm. Ich hatte das Bedürfnis stundenlang im Regen zu tanzen, machte mich aber wieder auf den Weg ins Haus, als der Regenfall nach einer Weile abschwächte.

Schotiji sah mich, schüttelte den Kopf und schickte mich los, damit ich mich umzog. So kam ich ihr nicht in die Küche.

Wenig später trat ich, nun in trockenen Kleidern, erneut zu ihr an den Herd. Sie tadelte mich wegen der blauen Blumen hinter meinen Ohren, was dazu führte, dass ich versonnen lächelte und bettelte sie behalten zu dürfen. Schließlich stimmte sie zu, ich sollte nur um Himmels Willen aufpassen, dass sie nicht in einen der Töpfe fielen. Ich konnte nicht aufhören zu lächeln und zum ersten Mal seit einer Weile vergaß ich die Anwesenheit von Schotiji beinahe völlig. Seit der Entdeckung von ihrem Schrank war mir ihre Gegenwart jedes Mal nur allzu bewusst gewesen. Doch jetzt war ich wie berauscht vom dem Wissen das Kailan dasselbe fühlte. Ein wenig hatte ich gegrübelt, Kailan war zwar immer so freundlich zu mir, doch ich war mir nicht sicher gewesen, ob er mich ebenfalls liebte. Jetzt wusste ich es. Und nichts konnte dieses Wissen trüben. Nicht einmal der lodernde Hass den ich bei dem Gedanken an die Frau, die ihm wehgetan hatte, spürte.

Ich lächelte immernoch, als Schotiji und ich mit der Arbeit des Tages fertig waren und ich wieder die Treppe zu Rondra's Gemächern hochstieg. Wie ich dort so die Stufen erklomm, fiel mir ein, dass Kailan dem Herrn inzwischen sicher schon von Schotiji berichtet hatte. Was er jetzt wohl tuen würde? Ein Hauch von schlechtem Gewissen zwickte mich. Im Laufe der Zeit hatte ich mich nun einmal an Schotiji gewöhnt und sie war schließlich nicht unfreundlich zu mir gewesen. Auch die Tatsache, dass sie Kailan als Einzige geholfen hatte, veränderte meine Sicht auf sie. Trotzdem hegte sie eine Besessenheit für den Herrn und war somit die Hauptverdächtige. Das Schotiji eine Bestrafung bekam und wegen dem Komplizen befragt wurde war nur richtig. Wie sonst wollte man denjenigen finden, der den Mord ausgeführt hatte? Denn laut Kailan hätte Schotiji es ja nicht selber tuen können.

Entschlossen stieg ich die Stufen wieder hinab. Ich würde den Herrn einfach fragen, ob Kailan ihm schon von Schotiji erzählt hatte und was er jetzt mit ihr zu tuen gedenke. Villeicht könnte ich ja ein gutes Wort für sie einlegen, so das ihre Strafe nicht ganz so schlimm ausfiel? Und villeicht könnte er mir ja schon sagen, wen er für den Komplizen hielt?

Meine Neugier siegte, wie meistens und ich lief zum Gemach des Herrn und klopfte, bevor ich eintrat. Der Herr saß hinter seinem Tisch und stützte den Kopf in eine Hand, während er etwas auf ein Stück Papyrus schrieb.

,,Eigentlich wartet man nach dem Klopfen, bis man hereingebeten wird."

Seine Hand bewegte sich wie beiläufig weiter, formte Zeichen auf dem Papyrus, die ich nicht verstand. ,,Verzeihung." Sagte ich und verbeugte mich leicht.

,,Es ist in Ordnung. Was ist dein Anliegen?"

Mir fiel das große Gemälde an der Wand auf. Es zeigte Gesicht und Oberkörper einer Frau. Sie hatte schwarze Haare, die in drei reichlich geschmückte Zöpfe geflochten waren. Um den Hals trug sie mindestens zehn wertvoll aussehende Ketten, an den Ohren baumelten riesige Ohhringe. Goldene und silberne Klammern, in die Edelsteine eingelassen waren, schmückten ihre Oberarme. Ihre Handgelenke und Hände sah man nicht, doch ich war mir sicher, sie waren ebenfalls voller Schmuck.

Doch das Auffälligste an der Frau auf dem Gemälde war nicht ihre Aufmachung, sondern ihre hellen, honigfarbenen Augen, die großzügig geschminkt worden waren. Sie schienen den Betrachter anzustarren.

Der Herr folgte meinem Blick und seufzte. ,,Wie du sicher erkennen kannst ist dies die Mutter von Rondra und meine geliebte Frau." Er ließ den Füllfederhalter, mit dem er geschrieben hatte, sinken. ,,Ein Engel auf Erden. Eine Göttin in der Form einer Sterblichen. Das war sie." Sein Blick verweilte auf dem Gemälde, wurde erst sehnsüchtig, dann voller Schmerz und Trauer. Ich betrachtete sie ebenfalls noch weiter.

TialdaWhere stories live. Discover now