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Als ich mich umdrehte sah mich die ganze Klasse an.

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Keiner sagte etwas jedoch gab es eines, was ich genau wusste. Menschen urteilen. Und das tun sie meistens still. Genau das macht mich verrückt an anderen Menschen. Man weiß nie, ob es alles ein fake ist und sie nur eine freundliche Fassade haben oder ob sie wirklich zu dir stehen.

Aber was will ich dazu sagen.

Ich bin doch selber nur eine Hülle aus Aggression um meine Depression zu verstecken.

Endlich setzt sich mein Körper wieder in Bewegung und befreit sich aus der Schockstarre. So normal wie möglich gehe ich zu meinem Platz, während es sich so anfühlt als würden ihre Blicke meinen Rücken durchboren. Besonders intensiv kommt es aus der hintersten Reihe. Ich traue mich nicht mich umzudrehen, aber ich weiß wer dort sitzt.

Shoto Todoroki. Half n' Half Bastard. Der Typ mit der halb kalt und halb heiß Spezialität. Seine eine Körperhälfte kann Eis produzieren und die andere Feuer. Genauso sind auch seine Haare aufgeteilt. Hab rot halb weiß.

Seine Spezialität ist meinen Explosionen ebenbürtig, wenn nicht sogar etwas überlegen. Das geht mir enorm gegen den Strich. Um meine Mutter nicht zu enttäuschen muss ich auf jeden Fall besser sein als alle anderen und der nächste Nummer eins Superheld werden. Halfie und Izuku sind dabei zwei Hindernisse. Momentan bin ich auf Platz zwei, weil Izuku seine Spezialität mittlerweile sehr gut kontrollieren kann und auf Platz eins ist. Allerdings holt der Bastard von Todoroki, der momentan auf Platz drei ist, immer mehr auf.

Ich fühle immer noch einige dieser Blicke in meinem Rücken, bis Herr Aizawa endlich die restlichen Tests einsammelt und den Unterricht fortführt. Ich bekomme von dem Stoff nicht sonderlich viel mit, da mein Interesse und meine Konzentration nach kurzer Zeit schon schlapp machen. Wie kann man auch nur so irrelevantes Zeug unterrichten? Wir brauchen als Helden-Nachfolger Praxistraining um unsere individuellen Fähigkeiten zu verbessern, aber das findet nur zwei Mal die Woche Nachmittags statt. Kompletter Bullshit! Wenigstens ist das Leben in den Wohnheimen unter der Woche eine gute Investition gewesen, auch wenn es nur dafür gedacht ist, dass wir als mittlerweile bekannte UA Schüler und Heldenanwerter sicher zur Schule kommen und nicht gekidnapped werden. So wie ich beim Training im ersten Schuljahr. Die Wohnheime ersparen mir zum Glück die Zeit zu Hause, wobei ich hier ja auch nichts anderes tue als mich in meinem Zimmer zu verkriechen und trainieren.

Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch, als die Stunde beendet wird und der nächste Lehrer hereinkommt. Jetzt unterrichtet Present Mic Englisch. Auch diese Stunde flog mehr oder weniger an mir vorbei, genauso wie die danach folgenden. Bald klingelt es zum Mittagessen und alle anderen fangen schon an auszutauschen, was sie essen wollen. Ich esse eh nichts. Plötzlich fühle ich wieder diesen Blick in meinem Rücken und ich könnte fast schwören, dass mich Todoroki auch nach der ersten Stunde weiter beobachtet hat und es jetzt wieder tut. Der soll besser mal sein Problem mit mir rausrücken!

Als es klingelt werden meine Gedanken von meinen Mitschülern unterbrochen, die ihre Sachen zusammenpacken und sich auf den Weg in die Mensa machen. Während ich auch so langsam anfange meine Sachen in die Schultasche zu stopfen läuft Izuku mit Todoroki an mir vorbei. Hinter ihnen zieht sich eine Vanille Duftwolke her, welche ganz sicher nicht von Izuku kommt. Seit wann riecht dieser Idiot so gut? Ich fokussiere mich erneut auf meine Schulsachen und als mir klar wird, dass ich gerade Half n' Half ein Kompliment gemacht habe, auch wenn ich es nicht ausgesprochen habe, wird es an meinen Ohren heiß. Ich merke, wie sich meine Gesichtsfarbe von normal zu rosa verändert. Shit! Ich stehe schnell auf und laufe an den beiden vorbei, wobei ich sie vermutlich fast umgestoßen hätte, wenn ich ein bisschen schneller gewesen wäre.
Auf dem Weg zur Mensa strenge ich mich an möglichst so wütend und angepisst auszusehen, wie letztes Schuljahr JEDEN TAG! Wie habe ich das aushalten können? Ich würde mich gerade viel lieber in mein dunkles Zimmer zu verkriechen und unter meiner Bettdecke verschwinden. Wer geht auch freiwillig in den wohlmöglich vollsten Raum nur um zu essen?

Essen.

Warum gehe ich überhaupt in die Richtung der Mensa, wenn ich eh nichts esse?

Mitten auf dem Gang bleibe ich stehen, sodass Izuku's Freundin Uraraka und Tsuyu fast in mich hineingelaufen wären und mich stattdessen komisch ansehen. Ich drehe mich um und mache mich langsam auf dem Weg ins Treppenhaus. Ich merke wie Tsuyu und Uraraka noch weiter hinter mir her starren, bis ich endlich das Treppenhaus erreicht hatte. Hier sollte ich jetzt keinen mehr antreffen es sei denn diese Person plant auch das Essen zu überspringen. Auf dem Weg nach oben muss ich mehrmals gähnen. „So langsam macht sich der Schlafmangel bemerkbar", seufze ich, wobei ich mich eigentlich korrigieren sollte. Man sieht mir den Schlafmangel deutlich an und obwohl ich das niemals zugeben würde, geht es mir einfach nur dreckig. Endlich sind die letzten Stufen überwunden und ich gehe auf die Brandschutztür zu, die mich von meinem Ziel trennt.

Dem Schuldach.

Ich öffne die Tür und werde von dem grellen Tageslicht geblendet. Die große Fläche aus Beton sieht genauso aus, wie die eines Hotels mit sehr vielen Stockwerken und ist vermutlich auch ähnlich hoch. Ich gehe ein paar Schritte nach vorne und setze mich an die Kante.

Ich war schon immer ein Adrenalinjunkie aber als ich vorsichtig über die Kante blicke raubt mir die Aussicht fast den Atem. Von hier aus sind alle Autos winzig klein und man kann weit über das Schulgelände herausblicken. Der Wind fährt sanft durch meine Haare und ich lasse meine Beine herunterbaumeln.

Die Panikattacke von heute morgen liegt mir noch in den Knochen und alleine beim Gedanken daran könnte ich mich wieder selbst Ohrfeigen. Der Katsuki Bakugou, der vergangenes Schuljahr alle immer nur angemault hatte, während er selbst immer die Stärke und Perfektion in Person dargestellt hatte, leidet jetzt unter Depressionen. So lächerlich würde sich das wahrscheinlich auch für meine Mitschüler anhören. Lächerlich- genau das richtige Wort um mich zu beschreiben.

Seufzend stehe ich auf und gehe in die Mitte des Daches, nur um mich dann an der Wand bei der Tür wieder heruntergleiten zu lassen. Mit der Wand im Rücken übermannte mich plötzlich doch die Müdigkeit und ich driftete in den Schlaf, den ich eigentlich aufgrund der Albträume vermeiden wollte.

DING DONG

Diesmal war ich von Träumen verschont geblieben, allerdings hatte ich auch nur zehn Minuten geschlafen, da mich die Klingel unterbochen hatte. Ich gähne und stelle dabei fest, dass die paar Minuten Schlaf die Müdigkeit noch viel schlimmer gemacht hatten.

Eine Stunde ununterbrochenen Schlaf kann effizienter sein, als eine ganze Nacht, in der man alle halbe Stunde aufwacht. Das wusste ich. Allerdings schaffen zehn Minuten das nicht.

Müde hole ich mein Handy aus der Tasche und schaue auf die Uhr. Scheiße! Wir haben jetzt 14:10 Uhr, was bedeutet, dass ich mich sehr beeilen muss um rechtzeiting zum Sportunterricht zu kommen. Ich laufe- nein eigentlich sprinte ich das Treppenhaus herunter zu den Jungsumkleiden. Ich reiße die Tür auf und stoße dabei einen völlig verdatterten Kaminari um. Dabei komme ich selbst aus dem Gleichgewicht und stolperte in eine weitere Person hinein, die durch mich ebenfalls zu Fall ging--mit mir obendrauf. „Autsch Bakugou, was war das denn?", kommt von der Person unter mir. Oh Gott ist das peinlich. Wahrscheinlich habe ich gerade mit meinem Gewicht einige Knochenbrüche verursacht. Ich sollte wirklich weniger essen.

Ich blicke auf und schaue geradewegs in die verschiedenfarbigen Augen von Todoroki. Plötzlich merke ich wie ich komplett rot anlaufe und erst jetzt mache ich anstalten aufzustehen. Half n' Half hatte wohl die selbe Idee wie ich und unsere Gesichter waren uns plötzlich gefährlich nahe. Er hielt inne und schaute mir weiterhin in die Augen. Die anderen Jungs aus der Umkleide hatten schon seit guten 30 Sekunden nichts mehr gesagt. Einen Moment stockte mir der Atem, bis ich mit hochrotem Kopf aufstand, ihm einen bösen Blick zuwarf und zu meinem Spind verschwand.

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1293 Wörter

Heaven- I'll tell the stars about you.Where stories live. Discover now