3. Story

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Eine Weile standen wir uns gegenüber und beobachteten das jeweils unbekannte Wesen vor uns bis das Reh schließlich einen neugierigen Schritt in meine Richtugn wagt. Nun trägt es keinerlei Scheue in sich und ein sphärischen Funkeln umgibt den Körper. Es sieht so verändert aus und ich blicke verwundert an mir herab. Es ist genauso durchscheinend wie ich es bin, wir schwebten beide gleichermassen über den Boden und durch seine Augen blickte es mit Bestimmheit so gefühlslos wie ich es tue. Irgendetwas musste mit mir passiert und die Wahrscheinlichkeit, das es sich dabei um solch einen Unfall handelte liegt es sehr nahe. Aber was ist geschehen ? Wieso liegt das Tier jetzt reglos auf dem Boden obwohl es zu selben Zeit mir gegenüber steht ?

Es musste ein Teil von seinem Körper sein, der Teil der denken und fühlen konnte und deshalb keinen Körper besaß. Aber das hieße ja... mein Körper würde sich auch irgendwo befinden ? Doch ich kann nicht weiter darüber nach denken, den das Reh zieht erneut meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Es nähert sich mir noch ein wenig und bevor es mich mit seinem Fell streifte. Es berührte mich !

Ohne zu zögern hob ich meine Hand und legte es auf seine Schulter. Man konnte weder Muskeln noch wirklich ein Fell spüren doch irgendwie ist es anders. Wir konnten nicht durch den anderen hindurch greifen wie es bei mir bisher mit allem anderen der Fall war. Wir waren gleich, irgendetwas machte uns gleich und sei es nur diese neue Gestalt. Das Tier schloß die Augen und ich beobachte den zierlichen Kopf, doch etwas verändert sich. Die Augen öffneten sich nicht wieder sondern verschwamen und auch der Rest des Körpers scheint sich aufzulösen und durchsichtig zu werden. Erschrocken stelle ich fest, dass das Reh sich zersetzte und am Ende nur noch ein schwaches Glimmen von ihm übrig blieb. Was ist mit ihm geschehen ?! Ich weiche von der Stelle zurück und beobachte noch, wie das Glimmen allmählich erlischt. Es ist fort.

Suchend streife ich durch die Wiese von der das Tier kam und spähe durch das Unterholz bis ich sie schließlich entdeckte: ein Sprung aus Rehen.

Mitten im Gras ruhten sie und da ist noch etwas. Das Leuchten des Rehbocks erscheint mir erneut und schwebt über der Herde hinweg bis es auf einmal über einer trächtigen Ricke zum stehen kommt, dann nimmt es wieder die Gestallt des Rehbocks an und steht in voller Pracht vor seiner Gefährtin. In ihrem Leib steckt das Leben eines neuen Kitzes, das bald auf die Welt kommen würde und mir wurde etwas bewusst. Wenn man geboren wird erhält man einen Körper mit dem man lebt bis man eines Tages verstirbt. Und danach scheint sich ein Teil dieses Körpers weiterzuentwickeln wie es bei dem Reh der Fall ist. Aber ganz verstehe ich das Alles  nicht. Die Rehe blicken sich an und führen die Schnauzen zu einander. Mit dieser letzten Geste verabschiedet es sich von seiner Liebsten und diesmal blieb das Glimmen aus und die Gestalt verlischt ganz und gar.

Wie konnte die Ricke in der Lage sein das Reh zu sehen und anscheinden sogar zu fühlen ?

Ich verweilte bis zum Abend bei der Herde, ich sah wie Junge Kitze zur Welt kamen, wie sie ihre Augen öffneten und die Welt um sich herum betrachteten. Doch meine Reise war noch nicht zu Ende und so machte ich mich schon bald wieder auf den Weg in Richtung Norden.

Ghost story - Wispern des TodesWhere stories live. Discover now