Kapitel 5 - Menschenpoker

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Menschenpoker

Seit ein paar Tagen schon gab es keine neuen Ereignisse. Die Überwachung brachte nicht viel. Schließlich gaben Jo und Dave es auf sie weiterhin anzusehen und warteten darauf, dass der MI7 etwas entdeckte. Sie lebten sich in der Wohnung ein. Jeden Tag spürte Jo, wie sich ihre Brust immer mehr zusammen zog. Was war bloß los mit ihr? Sie hatte sehr viel Zeit darüber nachzudenken, aber ihr wollte einfach nicht in den Kopf kommen, was nicht stimmte. War Geheimagent zu sein doch nicht das, was sie wollte? Jo schüttelte ihren Kopf. Das konnte nicht sein. Vielleicht war es ja –. Sie wurde unterbrochen, als Megan anrief. Dave sprang auf und nahm den Hörer ab. Bei dem Gespräch weiteten sich seine Augen und er nickte und murmelte zustimmende Worte. Er legte auf und sah Jo geschockt an. „Wir sind aufgeflogen. Wir werden in ein paar Stunden abgeholt.“ Jo schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht aufgeben. Sie wollte ihren ersten Auftrag nicht vermasseln. Sie musste zu Ende führen, was sie begonnen hatte. Dave seufzte und sie setzten sich gemeinsam an den Computer um anzusehen, was schief gelaufen war. Das Video startete und James Vater erschien mit einem Gast. Jo keuchte auf, als sie bemerkte, wer das war. Jessica stand geknebelt an der Wand. „Da stimmt irgendwas nicht! Nach James Erzählungen kann diese Jo nur eine Agentin sein. Sie sieht gar nicht so erwachsen aus...“ Er lief auf und ab. Jo zog die Stirn in Falten. Ihr erster Auftrag und natürlich musste sie einen Fehler machen. „Schon okay.“, versuchte Dave sie aufzumuntern, doch Jo wusste: Es war keines Falls okay. James Vater griff nach dem Telefon und Dave wollte die Aufnahme schon anhalten, als Jo seine Hand wegzog. Sie wollte wissen, wen er anrief. „Ja...es ist alles geklärt!...aber natürlich...ich bin um 8 da...ja, ich bringe mein Opfer mit...das Flash, wie immer?...Okay...“ Er legte auf und sah Jessica schmunzelnd an, die einfach nur Angst hatte. „Du wirst mein Einsatz beim Pokern sein...“, sagte er langsam. Man sah, wie Jessica zurück weichen wollte, doch sie konnte sich kaum bewegen. „Ich denke, wir sollten das Megan mitteilen...“, meinte Dave nachdenklich und griff nach seinem Handy, aber Jo nahm es ihm aus der Hand und warf es über ihn hinweg auf das Sofa. „Was...?“, fragte Dave. „Du rufst sie ganz sicher nicht an. Wenn Megan das jetzt erfährt, wird sie eine Spezialeinheit losschicken und wie du weißt werden die Jessica wohl kaum am Leben erhalten.“, zischte Jo. Dave nickte nachdenklich und so war es für Jo beschlossene Sache. Sie knackte ihre Finger und machte sich bereit für eine nette Poker-Runde. Sie hatte schon seit einem Jahr nicht mehr gespielt, aber verlernt hatte sie es ganz sicher nicht.

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Jo atmete einmal tief durch und spürte wie Dave neben ihr sichtlich nervöser wurde. Was war bloß los mit ihm? Warum war er eigentlich beim MI7? Er wirkte nicht so wie ein Mensch, der alles aufgab nur um für den Geheimdienst arbeiten zu können. Hatte er keine Familie? Jo schüttelte ihre Gedanken ab. Sie brauchte jetzt einen freien Kopf für ein grandioses Poker-Spiel. Jo überließ Dave die Aufgabe zu gucken, wo sich das 'Flash' befand und kurze Zeit später standen sie dort in der Eingangshalle. Jo überprüfte noch einmal, dass all ihre Messer an der richtigen Stelle saßen und betrat den Raum. Sie sah jeden der fünf Männer kalt und abschätzend an, ehe sie sich räusperte. „Nun, wie ich sehe, haben Sie noch nicht angefangen. Es stört Sie doch sicher nicht einen weiteren Spieler in das Spiel einzubeziehen?“ Ihre Augen blitzten auf. Jo musste zeigen, dass sie hier die Oberhand hatte. James Vater sah sie geschockt an, während Cathies und Jacks Vater sie verwirrt begutachteten. James Vater hatte ihnen also nicht von Jo erzählt. Der Rest der Gesellschaft brach in leises Kichern aus. Jo kannte sie nicht. Ihre Faust sauste auf den Tisch zu und es gab ein Ohrenbetäubendes Krachen von sich, als ein Stück der Tischplatte einriss. Die Männer zuckten allesamt zusammen und sahen sie nun etwas respektvoller an. „Wer ist dein Einsatz?“, fragte James Vater nun kaltherzig. Jo zeigte auf Dave und dieser ließ sich widerstandslos in einen Nebenraum bringen. Der Nebenraum war nur durch ein Glasfenster von dem anderen Raum getrennt und so konnte Jo genau erkennen, dass dort in dem Raum sowohl Jessica als auch Cathie und Jack zusehen waren. Warum waren sie beide hier? Irgendeiner der anderen Männer an diesem Tisch musste wohl auch etwas mit ihnen zu tun haben, überlegte Jo. Sie sah die Menschen in dem Raum an, doch ließ nicht zu, dass man ihr ansah, was sie dachte. Jo setzte sich an den Tisch und die Karten wurden ausgeteilt.

Eine Stunde später waren außer Jo nur noch James Vater, Cathies und Jacks Vater und ein anderer Kerl im Spiel. Die anderen hatten es nicht weiter geschafft. Noch ein paar Runden mehr und auch dieser Kerl verlor seinen Einsatz. Jo räusperte sich und legte ihre Stirn in falten. „Was wollen Sie eigentlich mit all diesen Menschen in dem Raum da? Was ist der Sinn und Zweck dieses Spiels?“ Der Vater von James hob eine Augenbraue. „Wir wollen doch nur unseren Spaß.“, grinste er dann. Jo grunzte angewidert und beließ es dabei. Diese Männer gehörten wirklich in eine Anstalt.

Zwei Stunden danach war das Spiel vorbei. Jo kniff ihre Augen zusammen und wünschte, dass das alles nur ein Traum war. Sie hatte verloren – sie hatte beim Pokern noch nie verloren! Sie hätte ihre Künste wirklich auffrischen sollen, anstatt einfach loszulegen! Warum hatte sie bloß so lange nicht mehr gespielt?! Jo seufzte einmal und griff dann nach ihrem Schuh. Sie zog ein Messer hervor und hielt es wurfbereit auf James Vater gerichtet, doch sie warf nicht. Sie spürte etwas kaltes in ihrem Nacken und wusste sofort, wer hinter ihr stand: James. „Na na na, Jo, liebes, das wollen wir doch nicht wirklich oder? Wobei ich zugeben muss, dass du gerade so echt sexy bist...“ Jo verengte ihre Augen zu schlitzen. James drückte seine Waffe noch näher an ihren Nacken heran. „Komm nicht mal auf die Idee zu werfen, sonst werde ich abdrücken und das wollen wir doch alle nicht oder?“ Auch James Vater zog jetzt eine Waffe hervor und zielte damit auf Jo. James rief „Nein!“ doch es war schon zu spät. Ein Knall ertönte und Jo sah – fast wie in Zeitlupe – wie die Kugel auf sie zugeschossen kam. In der nächsten Sekunde wurde sie von etwas zu Boden gedrückt und sah erstaunt auf, als Cathie sich beschützend über sie legte. Ein weiterer Schuss ertönte und Jo spürte wie ein Ruck durch Cathies Körper ging – sie wurde getroffen. Blut sickerte durch eine Wunde irgendwo an ihrem Oberkörper. Jo drehte Cathie herum und sprang auf um zu kämpfen, aber es war gar nicht mehr nötig. Dort in der Mitte des Raumes standen Dave und Jack und klatschten sich ab. Der Rest der Bande lag sich nicht bewegend am Boden. „Alles okay?“, fragten Dave und Jo gleichzeitig. Dave nickte. „Cathie wurde getroffen.“, sagte Jo schnell. Jack eilte hinüber zu seiner Schwester und versuchte zu sehen, was los war.

Jo zog ihr Handy aus ihrer Tasche und informierte Megan über das Geschehene. Diese schickte sofort ein Einsatzteam zum Casino und Jo war sehr überrascht, dass Megan ihr noch keine Standpauke gehalten hatte. Doch natürlich hatte Megan keineswegs vergessen, dass Jo ihre Anordnungen nicht eingehalten hatte und bestellte sie sogleich in ihr Büro und ließ damit das Einsatzteam den Rest der Arbeit erledigen.

005 Agent Jo JonesWhere stories live. Discover now