Die 63. Hungerspiele

Das Training

Auf dem Weg über die große Straße jubeln uns tausende Menschen zu. Ich kann nicht anders als zu lächeln und zu winken. Unsere Kutsche fährt automatisch zu ihrem vorgesehenen Platz. Neben uns ist Distrikt 2 und alle anderen verteilen sich auf diesen großen Kreis. Vor uns steht er. Auf einer Empore funkelt sein weißer Bart im Sonnenlicht. Präsident Snow schaut voller Lächeln auf uns hinab.
Unsere Hymne verstummt und der Präsident stellt sich ans Mikrofon.

"Tribute! Willkommen im Kapitol. Wir verneigen uns vor euren Mut und bewundern, dass ihr wie Gladiatoren bis zum Tod kämpfen werdet. Fröhliche Hungerspiele und möge das Glück stets mit euch sein."
Unsere Kutsche bewegt sich wieder und fährt uns zurück.

"Ich kann es kaum erwarten aus diesem Kostüm herauszukommen. So unbequeme Sachen hatte ich lange nicht an.", sagt Gloria.
Statt dies heimlich zu denken, muss sie es vor unseren Stylisten persönlich sagen.

"Ich hoffe, dass du nach den Hungerspielen nie wieder etwas anziehst.", sagt Rosaria.

"Darfst du dir das eigentlich erlauben?", fragt Gloria.
Rosaria packt mich und schleift mich davon. "Zum Glück bist du nicht ganz so widerlich.", sagt sie.

Am nächsten Tag beginnt unser Training. Gloria und ich sitzen an zwei verschiedenen Enden des Tisches. Jeder hat seine Gruppe um sich herum sitzen.

"Benutze alles, was du kannst. Du musst es denen zeigen.", sagt Turmala.

"Du möchtest schließlich hohe Punkte haben, nicht wahr?", sagt Joan.

Ich nicke und wippe mit meinem Fuß auf und ab. Unser Team bringt uns noch zu den Aufzügen, die uns direkt ins Trainingscenter bringen.

"Bleib heute fern von mir.", sagt Gloria.

"Mach dir keine Sorgen. Dich und mich wird es nie geben.", sage ich.

Wir gehen bereits getrennte Wege als sich die Türe des Aufzugs öffnet. Ich beobachte sie dennoch, um zu sehen, welche Waffe sie sich aussucht. Gloria geht zum Schwertstand. Das ist also ihre Waffe. Ich wandere zu meiner Lieblingsstation. Als ich die scharfen Klingen sehe, wird mir warm. Denn hier kenne ich mich aus. Meine Hand greift sofort nach drei Messern und untersucht sie. Leicht, leicht zu werfen, leicht zu treffen. Die Station startet und ich werfe die Messer. Gekonnt werfe ich zwei ins Herz und eins in den Kopf. Auch jetzt kann ich es einfach. Hinter mir beginnt jemand zu klatschen.

"Stark! Stark geworfen.", sagt Morlon. Er hat eine junge Frau dabei. Sie hat lange schwarze Haare, die sie geflochten hat.

"Darf ich dir Wave vorstellen. Sie kommt auch aus 4.", sagt Morlon.

"Gut geworfen!", sagt Wave und verstummt wieder.

"Danke.", sage ich.

"Hast du dir ein Bündnis mit uns überlegt. Ehrlich das war super."

In der Ferne sehe ich wie Gloria mit den Tributen aus Distrikt 2 trainiert. Ein Bündnis unter den Karrieros kann ich vergessen.

"Ja, warum denn nicht. Zeigt mir mal, was ihr so drauf habt.", sage ich.

Morlon lächelt und nickt. "Dann folge uns doch einfach."
Dies mache ich. Auf dem Weg nutze ich die Gelegenheit andere zu beobachten. Das Mädchen aus Distrikt 7 wirft mit einer Axt. Der Junge aus 12 spuckt kläglich mit seinem Pusterohr herum. Der Junge aus Distrikt 3 schaut sich die Feuerstation an. Der Junge aus Distrikt 6 malt ein Bild. Wirklich? Ist zwar schön, aber sicherlich nicht hilfreich in den Hungerspielen. Über unseren Köpfen wachen die Spielmacher. Sie bewerten uns zum Schluss auch und geben uns Punkte.

Dann kommen wir an der Tauchstation an. "Wave. Dein Einsatz.", sagt Morlon. Sie steigt ins Wasser und bleibt ganze zwei Minuten unter Wasser.

"Kannst du denn mit Waffen umgehen.", frage ich.

"Welche möchtest du sehen? Seil oder Dreizack?", fragt Morlon.

"Beides.", antworte ich.

Sie zeigen mir ihre Künste und ich bin durchaus beeindruckt.
"Haben wir dich überzeugen können?", fragt er.

"Ich hatte doch schon vorher zugestimmt.", sage ich.

Morlon lächelt. "Sehr gut.", sagt er.

Nach intensiver Arbeit und Training warten wir zusammen auf unsere Einzelbewertungen.
"Gloss Silverfoot. Distrikt 1.", werde ich durch eine Computerstimme aufgerufen. Gut, dass ich als erster darf.
Als ich vor die Spielmacher trete, zeige ich ihnen meine drei Würfe, die mir auf Anhieb sehr gut gelingen. Dann gehe ich wieder. Ich gehe zu den Aufzügen und fahre in unser Stockwerk. Dann lege ich mich in mein Bett und schlafe ein.

"Stehe auf!", sagt Turmala. Sie steht neben meinem Bett und zwingt mich mitzukommen. Sie zieht mich derart feste mit, dass ich mich in meinem verschlafenen Zustand gar nicht wehren kann. Sie plaziert mich gemeinsam mit Gloria vor den Bildschirm. Caesar Flickerman ist bereits zu sehen.
"Hier sind die Punkte der Spielmacher. Distrikt 1, Gloss. Eine Punktzahl von 10."
Ich balle die Faust zusammen und lächelte vor mich hin. "Gloria, eine Punktzahl von 11.", sagt er. Wenn Turmala sie nicht in die Schranken weisen würde, hätte sie mich gerade wegen einem Punkt niedergemacht. Auch Distrikt 2 bekommt eine 11. Wave bekommt eine 7. Morlon eine 9. Der Künstlerjunge aus 6 bekommt tatsächlich von allen die schlechteste Wertung. Gerade einen Punkt konnte er gewinnen.
"Die Punkte sind ein Richtwert und keinesfalls das Ergebnis der Spiele.", fügt Caesar zum Schluss hinzu.

"Genug gejubelt; ihr werdet jetzt für die Interviews vorbereitet.", sagt Joan.

Gloria geht noch hochnäsiger davon und mich ärgert es schon, dass sie mehr Punkte bekommen hat. Mir muss heute also mein Charme helfen. So kann ich mir immerhin Sponsoren anlachen.