Sunrise

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„Tae, steh auf!"

Beomgyu rüttelte an mir. Verschlafen öffnete ich die Augen. Verschwommen sah ich sein Gesicht, das vor Freude Funken sprühte.

„Tae, bitte, ich muss dir was zeigen!"

Er ließ von mir ab und holte meinen Bademantel. „Zieh den an, sonst wird es kalt."

Ich fragte mich, was er wohl vorhatte, aber ließ es bei der Frage, weil ich noch zu verschlafen war. Ich setzte mich auf und fuhr mir durch die Haare. Als ich auf die Uhr sah, erschrak ich fast.

„Beomgyu, es ist fünf Uhr nachts, sollten wir nicht schlafen?"

„Nein, so etwas darf man nicht verschlafen. Komm schon, es lohnt sich wirklich!"

Kopfschüttelnd nahm ich den Bademantel und zog ihn an. Beomgyu nahm mich an der Hand und schleifte mich zu dem Außengeländer des Hotels.

„Beomgyu, das dürfen wir nicht!"

„Shhhhhh" Er legte mir einen Finger auf die Lippen. „Heute schon."

Ich musste lächeln. Sein Lächeln machte mich so glücklich. Egal, was es war, es war wunderschön, wenn Beomgyu es mir zeigte.

Als wir nach draußen stiegen, lag vor uns, in Dunkelheit gehüllt, Paris. Nur der Eifelturm erfüllte die Stadt mit Licht. Hier und da fuhr ein Auto durch die Straßen und von oben erklang leise ein Lied.

„Das ist wundervoll."

„Komm mit, dann wird es noch schöner", flüsterte Beomgyu und ging mir voraus die Treppen hoch. Mit dem Blick immer noch auf die Stadt gerichtet, lief ich ihm hinterher. Wir erklommen das Hochhaus Stufe um Stufe und jedes Mal, wenn ich auf die Stadt hinuntersah, war sie noch ein Stückchen kleiner.

Nach Luft ringend blieb ich stehen. „Bitte, ich brauch eine Pause."

„Aber wir sind noch lange nicht oben!", beschwerte sich Beomgyu. Nach einer kurzen Pause, in der ich mich nicht weiterbewegte, gab Beomgyu nach und stellte sich zu mir ans Geländer. Ich sog die Luft ein. Hier oben war sie ganz klar und rein, wie in den Bergen.

„Komm, weiter!" Beomgyu zog mich weiter und ich ließ mich mitziehen, auch wenn ich mich nicht wirklich ausgeruht hatte. Beomgyu schien unendlich viel Kraft zu haben und sprühte weiterhin Freude aus, wie ich sie noch nie bei jemandem gesehen hatte.

Ich betrat das Dach. Von hier oben kam die Musik, die ich vorher nur leise wahrgenommen hatte, und gab mir ein Gefühl von zu Hause. Ich vermisste es. Wir waren jetzt so lange unterwegs. Jeder Moment war wie ein wundervolles Geschenk, aber ich vermisste mein zu Hause immer mehr.

„Ist es nicht schön?", fragte Beomgyu mich. Ich wandte meinen Blick dem Horizont zu. Ja, es war wirklich schön.

Langsam sah man die ersten Sonnenstrahlen am Horizont und sie offenbarten den Nebel, den die Dunkelheit, die Nacht über versteckt hatte.

Wir setzten uns auf die Mauer und ließen die Beine hinunterbaumeln. Wir waren so weit weg vom Boden, aber in diesem Moment fühlte es sich an, wie fliegen. In Gedanken flogen wir über die Stadt, fühlten den kalten Wind an unserer Haut, sahen die Stadt unter uns vorbeiziehen und vor uns den Horizont näher kommen.

Ich öffnete meine Augen, als Beomgyu seinen Kopf an meine Schulter lehnte und lächelte. Dieser Moment fühlte sich so richtig an, es sollte nie anders sein. Ich lehnte mich nach hinten und Beomgyu legte seinen Kopf auf meinen Bauch. Leise spielte die Musik im Hintergrund und wiegte mich in einen sanften Schlaf, während weiter die Sonne über Paris aufging.

Sunrise ~ TaegyuWhere stories live. Discover now