8. Kapitel: Entblößt

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Zuko schmeckte Kataras blutrote Lippen. Sie schmeckten so süß, nach Erdbeeren, etwas Meeressalz und einem verloren geglaubten Traum. Ein Traum, der zurückgekehrt war. Unerwartet und explosiv, um jetzt mit zarten Flügen in seinen Armen zu liegen.

Sie waren so eng aneinander geschlungen, dass es keine Atem mehr zwischen ihnen mehr zu geben schien. Ihr rasendes Herz hörte Zuko neben seinem schlagen, während ihre Hand schmerzhaft schön in seinem Nacken gekrallt war. Kataras schwarze Haare wallten wie lange Schatten um sie herum, die wie die nächtliche Spiegeloberfläche eines Sees schimmerten.

Zuko hielt sie fest in seinen Armen. Er wollte sie nie wieder loslassen müssen. Das Herz würde es ihm brechen.

Keuchend lösten sie sich, um sich nur fester an einander zu schlingen. Zuko ertränkte all seine Zweifel und Unsicherheiten. Er ließ los und fühlte sich so schrecklich verletzlich, während ein Drache in seiner Brust brüllte.  Dieses Mädchen stachelte all seine Verrücktheit auf. 

Nach einer Zeitlosigkeit war es vorbei. Kataras warmer Körper war von ihm gewichen, Zukos Herz schlug wie wild und er versucht das verkrampft Gefühl in seinem Bauch zu entwirren.

„Was war das?" Zuko versuchte sie anzusehen, doch die junge Wasserbändigerin stand von ihm abgewandt.

„Was war was?" Sie sah ihn herausfordernd an.

„Dass du mich geküsst hast!"

„Du hast mich geküsst!" Katara verschränkte die Arme vor ihrer Brust.

„Katara". Zuko seufzte und griff sich an die Stirn. „Warum hasst du mich nicht?" 

Über der Verwirrung, die seine Gedanken lahm legte, stand ein Funken Hoffnung. Dieser Funke, der ihn hier herunter geführt hatte. Der davon überzeugt war, dass Katara ihn nicht aufgegeben hatte. Dass er sie nicht vertrieben hatte. 

Die Hoffnung, dass es für Zuko noch eine Chance gab. 

Die Überraschung stand ihr ins Gesicht geschrieben, während sie stumm nach Worten suchte. „Ich..." Sie biss sich auf die Lippen und Zuko konnte nicht verhindern ihr mit seinem Blick zu folgen. „Du hast Recht". Katara sah zu ihm auf. „Ich sollte dich hassen. Bis auf die Knochen".

„Und warum tust du es nicht?" Zuko schluckte.

„Hör auf!" Sie funkelte ihn an, wütend über ihre Blöße. „Ich kann es dir verdammt noch mal nicht sagen, weil ich es selber nicht weiß. Ich habe dich hassen und bemitleiden gelernt, damit du uns alle verrätst und jetzt tauchst du auf und..." Sie gestikulierte wirr. „... Bist Zuko. Und jetzt verlangst du von mir zu wissen, was ich fühlen soll!" Sie schüttelte den Kopf. „Nein".

„Glaubst du wirklich, dass ich nicht genauso verwirrt bin wie du?" Zuko verzog den Mund. „Ich will nur ein Bisschen Klarheit".

Katara hob schwungvoll die Arme und schüttelte zynisch lächelnd den Kopf. „Da bist du bei mir am falschen Schrein, mein Prinz".

Er schnaubte und schüttelte den Kopf. „Warum muss immer alles so kompliziert sein?" Frustriert drehte er sich herum. „Ich meine... Du, Mai". Zuko fuhr sich durch die Haare.

„Mai?" Katara sah ihn von der Seite an. „War das nicht eine der verrückten Kompagnons deiner Schwester?"

„Sie ist nicht verrückt!"

„Ach, ja?" Katara lachte laut auf, doch es klang hohl, als das Echo über das brodelnde Wasserbecken zu ihr zurück flog. „Sie war einer der Gründe, warum Ba Sing Se gefallen ist. Wie sie und Azula sich als die Kioshi – Kriegerinnen ausgegeben haben und die ganze Stadt von Innen heraus zum Einsturz gebracht haben. Nebenbei hat sie auch mich und meine Freunde mehrmals töten wollen".

„Es ist Azula, die sie dazu zwingt". Er schlug wütend durch die Luft.

„Die sie eher aus ihrer Langeweile rettet", konterte Katara.

Zuko hielt die Luft an und ließ sie ohne entgegenbringende Worte entweichen. 

Leider hatte Katara nicht unrecht. Mai war wunderbar. Sie war klug, schlagfertig und witzig, doch begegnete sie ihrer Welt mit einer blanken Gleichgültigkeit, die beängstigend war. Es schien, als würde ihr nichts ihm Leben etwas bedeuten und alles wäre nur eine clevere Erfindung, um sie in ihrem Frieden zu belästigen. Alles war eine ewige Langeweile aus Zynik und Verachtung. Es war ihr erster Streit gewesen, indem er aus Angst vor ihrer Gleichgültigkeit aus der Haut gefahren war. Sie hatte ihn für seine Emotionen zuvor nur verurteilt, bis Mai ihm gestanden hatte, dass sie ihn liebte. Dass es sehr wohl Dinge für sie in der Welt gab, die bedeutsam waren.

 „Hör zu..." Zuko räusperte sich. „Ich kann verstehen, dass sie anfangs diesen Eindruck auf dich macht..." Behutsam ließ er die Hände sinken.

„Egal", unterbrach Katara ihn. „Es ist deine Freundin".

Zukos Augen weiteten sich. „Ich habe Schluss gemacht!" Er biss sich auf die Zunge und redete hastig weiter. „Ich habe ihr einen Brief hinterlassen, ihr alles erklärt, dass ich der Gruppe des Avatars beitreten werde, um diesem Krieg ein Ende zu bereiten".

Katara sah ihn nur stumm an. Die Stille nistete sich zwischen ihnen ein, wie eine störrisch beißende Flamme. Zu offensichtlich, um sie zu ignorieren. Zu unangenehm, um ihr Beachtung zu schenken.

Schließlich verzog die junge Wasserbändigerin das Gesicht. „Das klingt nach einem Auf Wiedersehen, nicht nach einem Lebewohl". 

Sie trat auf ihn zu. „Komm mir nie wieder zu nahe, verstanden?" Katara hob die Augenbrauen. „Denn ich habe jedes einzelne Wort so gemeint".

Zuko schluckte, während sie gefährlich nah an ihm vorbei ging. Am Eingang des Tunnel drehte sie sich auf dem Absatz um und sah ihm in die Augen.

„Einen Fehler".

Das Echo ihrer Schritte waren das Einzige, das sie zurück ließ. Neben dem verblassten Schimmer eines Kusses und ein stockendes Herz. 

Ein verloren geglaubter TraumWhere stories live. Discover now