🥀 Nightmare V

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Nightmare

Ein König geleitet von Pflicht und Frust;

ein Junge tapfer beweist Mut;

ein Mädchen verfolgt von Bosheit und Verlust;

Furcht vor der Zukunft fordert ihren Tribut.

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• H I M •

Die eisblauen Augen meines Gegenübers sind auf mich geheftet. Und auch wenn ihr Blick von Schmerz verschleiert wird, kann ich den Unglauben darin erkennen.

Der Soldat vor mir fragt sich, warum ich ihn soeben vor dem Dolch Riors gerettet habe. Dieselbe Frage, die auch in meinem Kopf unaufhörlich kreist.

Der dicke Ast, den ich aus einer spontanen Eingebung heraus ergriffen habe, fällt mit einem Rascheln auf den laubbedeckten Waldboden, während ich mich dem Fremden nähere. Das silberne Mondlicht lässt die Schweißperlen auf seinem Gesicht glänzen; gibt der roten Flüssigkeit auf seiner blutgetränkten Kleidung einen grauenhaften und zugleich wunderschönen Schimmer.

Doch es sind nicht die Verletzungen des Soldaten, die mich mit einem Mal unweigerlich in ihren Bann ziehen; ein undefinierbares Verlangen in mir wecken. Ein leises Keuchen löst sich aus der Kehle des dunkelhaarigen Mannes, seine Lieder flackern. Und in dem Moment, in dem er auf den moosbedeckten Stein zurücksinkt, spüre ich es.

Die Ohnmacht, die ihn unweigerlich einzuholen droht, zusammen mit dem Drang, in seinen Kopf einzudringen. Seine fiebrigen Träume nach meinem Willen zu lenken.

Es ist als würde die Welt um mich herum zusammenschrumpfen; sich verändern, bis nur noch wir beide existieren. Wir beide und seine Ängste, die ich mit einem Mal deutlich vor mir sehen kann. Böse Erinnerungen aus seiner Kindheit, Befürchtungen und Entscheidungen, die er bereut...

Sie anzusehen, in mich aufzunehmen und davon zu kosten ist berauschend. Noch nie habe ich ein derartiges Gefühl verspürt.

Mein Körper gehorcht mir kaum, meine Gedanken stehen still und meine Vernunft scheint in dem dunklen Nebel, der mich nun wie ein schützender Umhang umhüllt, verschwunden zu sein.

Lautlos nähere ich mich, lege die Hände an seine von feinen Bartstoppeln bedeckten Wangen und platziere die Zeigefinger auf seiner Schläfe.

Da ist der Verlust seiner Mutter vor ein paar Jahren... die Angst, nicht genug zu sein; nicht auszureichen und der Rolle nicht gerecht zu werden, die ihm in die Wiege gelegt wurde.

Und schließlich noch die an ihm nagende Befürchtung, sein Vater könne herausfinden, dass er keine von den potenziellen Ehepartnerinnen, die der alte König ihm vorgestellt hat, je begehrte.

Wie pechschwarze Schleier aus Rauch tanzen diese Gedanken um mich herum. Ich könnte meine Hand ausstrecken, danach greifen und sie manipulieren... ich könnte...

Ein schmerzerfülltes Stöhnen reißt mich ruckartig aus meiner wahnsinnigen Trance; lässt die teuflische Euphorie, die mich eben noch wie ein kribbelnder Sturm erfüllt hat, innerhalb weniger Sekunden verklingen.

Schockiert schüttele ich den Kopf und weiche zurück.

Nein – so bin ich nicht! Das tue ich nicht!

Gedanklich gehe ich all die Situationen durch, als ich in unserer Unterkunft kurz davor war, Ava mit Albträumen von unserer Stiefmutter zu quälen, während ich mich bücke, um einen Arm um die Schultern des Soldaten zu legen, damit ich ihn von diesem Ort des Blutvergießens wegbringen kann.

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