Epilog

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Eliandro hat sich das Tattoo noch am selben Tag auf seiner Hüfte stechen lassen. Auch ich habe mich an der gleichen Stelle tattowieren lassen, jedoch nicht seinen Namen. Am selbigen Morgen hatte Eliandro mich gefragt, ob ich der Mafia beitreten möchte, immerhin sei ich die Freundin des Bosses. Nach kurzer Überlegung habe ich eingewilligt, da die Angelo nero zu Eliandro gehören und Mina ebenfalls dieses Tattoo trägt. Außerdem möchte ich so den Menschenhandel unterbinden oder zumindest dezimieren.

Anschließend habe ich meine beste Freundin über meine Entscheidung und deren Gründe aufgeklärt. Sie ist noch immer vorsichtig ihm gegenüber, möchte ihn aber nicht mehr direkt umbringen.

Seit einer Woche befinden wir uns wieder in Phoenix. Gemeinsam haben wir Daves Grab besucht, wo wirklich jeder wässrige Augen bekam. Neben dem Schmerz konnte ich sowohl bei Mina als auch bei Eliandro Entschlossenheit zur Rache erkennen. Letztendlich ist das der Hauptgrund, warum wir zurück in die USA gekehrt sind: Wir möchten Mina und die dortigen Mitglieder der Angelo nero bei der Suche nach Jacksons Komplizen unterstützen.

Jetzt erhole ich mich mit Eliandro am Lake Pleasant, wo Dave ein Segelboot besaß. Eliandros Dominanz ist nach wie vor vorhanden, jedoch schränkt er mich weder in meiner Freiheit ein, noch wendet er Gewalt an. Auch wenn mein Freund die Berge vermisst, gibt er zu, dass dieser See mit seinem niedrigen Uferbewuchs vor den grün-braunen Hügeln ein majestätisches Bild abgibt. Obwohl der Tag sich bald zu Ende neigt, ist es nach wie vor sehr heiß – ein Tatumstand, über den mein Freund schon seit unserer Ankunft jammert, da es in Südtirol im Sommer bei niedrigeren Temperaturen deutlich angenehmer sei. Ich habe ihm entgegengehalten, dass es dafür hier keinen eiskalten Winter mit meterhohem Schnee gibt, aber er mag ihn angeblich.

Wir sitzen am Strand bis Eliandro mich auffordert noch einen kleinen Spaziergang zu machen, bevor die Sonne endgültig am Horizont verschwinden würde. Ich denke mir nichts dabei und spaziere mit ihm durch die von Kakteen gezierten Landschaft. Als die Sonne den Himmel in einen Orangeton hüllt, bleiben wir stehen und beobachten fasziniert den Sonnenuntergang – zumindest ich. Als diese hinter dem Horizont verschwunden ist, wende ich meinen Blick ab und sehe Eliandro vor mir knien, der meine Hände ergreift. Völlig perplex blicke ich ihn an und lausche seinen kommenden Worten.

„Ich habe dich entführt, dich gekauft. Ich habe dich deiner Heimat und Freundin beraubt. Ich habe dich geschlagen und gedemütigt. Ich habe es sogar geschafft, dir deinen Lebenswillen zu nehmen. Trotzdem hast du mir mein Leben mit einer waghalsigen Aktion gerettet. Trotzdem bist du bei mir geblieben, obwohl ich dir die Möglichkeit angeboten habe, wieder in Freiheit, ohne mich, zu leben. Du hast mich und vor allem meine Denkweise verändert. Du hast mich zu einem besseren Menschen gemacht, der noch viel von dir lernen kann." Eliandro pausiert kurz und atmet tief ein, als müsste er den Mut finden, weiterzusprechen, während mir seine bisherige Rede rührselige Tränen in die Augen getrieben hat. „Mein Herz gehört dir und daher möchte ich dich fragen: Willst du mich heiraten?"

Aus wässrigen Augen blicke ich ihn strahlend an, bevor ich heftig mit dem Kopf nicke und ein „Ja" schluchze. Noch bevor er den Ring aus der flachen Schachtel, die er gerade aus seiner Hosentasche genommen hat, umarme ich ihn stürmisch, sodass er nur mit Mühe sein Gleichgewicht halten kann. „Dir gehört auch mein Herz", flüstere ich und genieße den anschließenden innigen Kuss.

Vorsichtig löst er sich von mir und steckt anschließend einen wunderschönen Ring aus Weißgold mit einem großen Brillanten in der Mitte an meinen Ringerfinger, der trotz der Dämmerung einzigartig funkelt.

Nachdem wir vor Ort noch ein bisschen kuschelt haben und ich den Heiratsantrag verinnerlicht habe, machen wir uns auf dem Rückweg. Unser Verlangen, das mit jedem Kuss stieg, stillen wir in Minas Gästezimmer, die uns das Zimmer freundlicherweise als Bleibe zur Verfügung gestellt hat.

„Ich liebe dich, Helena", haucht Eliandro.

„Und ich liebe dich, Eliandro."


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Ich danke allen Lesern, die Helena bis hierhin begleitet haben. Wahrlich werden einige überrascht über das Ende sein, immerhin liebt Hela einen Entführer. Ich habe lange mit mir gerungen, wie das Buch endet. Letztendlich wollte ich aber zeigen, dass sich jeder Mensch ändern kann und jeder in der Lage ist, verzeihen zu können. Natürlich hat Eliandro Hela psychisch versucht zu manipulieren, - und das ist ihm auch teils gelungen - aber sie ist eine starke Frau. Sie ist sogar so stark, dass sie seine Veränderung trotz ihrer Situation bemerkt und ihm verzeiht. 
Ob tatsächlich wahre Gefühle im echten Leben entstehen können, sei mal dahin gestellt, aber hier hat es einfach gepasst. Außerdem liegen Hass und Liebe nicht weit auseinander - wenn man jemanden hasst, schenkt man dieser Person Aufmerksamkeit, sie ist einem nicht egal. Daher habe ich mich hier gegen das Stockhol-Syndrom entschieden. 

Es wird einige Zeit dauern, aber es wird einen weiteren Band geben, diesmal wieder aus der Sicht von Minerva. Einige Fragen sind aus Band 1 übriggeblieben. Würde mich freuen, wenn ihr auch diesen lest.

HELenAWhere stories live. Discover now