Nicht erwünscht

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Legolas führte Ceana durch einige schmale Gänge und über freie Brücken, auf denen man keinen falschen Schritt wagen sollte, wollte man nicht einige Meter in die Tiefe stürzen. Die riesigen, meterhohen verzierten Steinsäulen, die diesen Berg und seine Hallen trugen und die sich endlos windenden Wege, steinerne Treppen und Brücken, die zu schweben schienen, ließen die Schwarzhaarige staunen. So lange wie sie in der Nähe seines Reiches verblieben war, so wenig wusste sie darüber, geschweige über den Elbenkönig selbst.

„Beeindruckend, nicht wahr?" Dem Elbenprinz war ihre Reaktion nicht entgangen, was ihn zu einem leicht hämischen Grinsen veranlasste.

„Es ist ganz nett anzuschauen.", entgegnete sie ihm nur monoton. Ceana würde ihm mit Sicherheit nicht den Gefallen tun und zugeben, dass sie diese Bauweise tatsächlich in Staunen versetzte.

„Wie auch immer", raunte der blonde Elb, und blieb vor einer schweren, verzierten Holztür stehen. „Hier ist Euer Gemach während Eures Aufenthaltes Jägerin." Er wandte sich zu ihr um und betrachtete sie missbilligend.

„Wie der König schon sagte, könnt Ihr euch frei in unseren Hallen bewegen, aber seid gewarnt." Sein ruhiger, aber missfallender Unterton entging ihr nicht. „Ihr seid hier nicht willkommen, also nutzt unsere Gastfreundschaft nicht zu lange aus."

„Keine Sorge", erwiderte sie nur spöttisch. „Ich hatte nicht vor lange zu bleiben." Dass sie allerdings auch nicht vorhatte alleine wieder zu verschwinden, rieb sie ihm natürlich nicht unter die Nase.

„Solltet Ihr euch nicht zurecht finden Jägerin, wendet Euch an eure Wache.", gab Legolas der Schwarzhaarigen zu verstehen, nickte eben genannter Wache zu, machte auf dem Absatz kehrt und ging zügigen Schrittes seinen anderen Aufgaben nach.

Ceana atmete genervt aus und öffnete die schwere Holztür zu ihrem Gemach. Sie wollte sich etwas ausruhen und in Ruhe über alles nachdenken, doch kaum trat sie mit einem Fuß in den Raum, tat die Wache hinter ihr genau das gleiche.

„Ich hätte gerne meine Ruhe, wenn es Recht ist!", knurrte sie den Elb in Rüstung an, der sich davon jedoch nicht beirren ließ.

„Ausgeschlossen. Befehl König Thranduils!"

Ceana knurrte erneut genervt und fluchte innerlich. Sie betrat schließlich ihr Gemach und steuerte das angrenzende Badezimmer an. Der leicht scheppernde Unterton hinter ihr, ließ sie jedoch abstoppen.

„Oh nein!" Sie wandte sich an ihre abgestellte Wache. „Ich möchte ein Bad nehmen, und dabei seht Ihr mir ganz sicher nicht zu, Befehl hin oder her!", keifte die Schwarzhaarige ihn scharf an. „Wenn Ihr unbedingt den Aufpasser machen wollt, dann vor der Tür!"

Dem Elb wurde die Situation nun doch etwas unangenehm und er haderte zwischen Anstand und Befehl.

„Ich warte!", drängte Ceana und verschränkte ungeduldig die Arme vor ihrer Brust.

Die Wache vergewisserte sich mit schnellen Blicken, das die Jägerin keinen anderen Ausweg nehmen könnte, wandte sich um und positionierte sich vor der Tür. Diese knallte Ceana ihm mit einem schroffen 'Danke' fast zeitgleich in den Rücken.



Die Schwarzhaarige setzte sich auf einen kleinen Hocker neben einem hölzernen Waschtisch und seufzte. Sie versuchte ihre Gedanken und die momentane Situation zu sortieren.

Ihr Bruder war erneut verschwunden und sie hatte keine Ahnung, wo sie suchen sollte. Die Zwerge saßen hier irgendwo in Thranduils Palast in den Kerkern, von denen sie keine Ahnung hatte, wo diese sich befanden, und Bilbo war ebenfalls allem Anschein nach verschwunden. Kurz um, Ceana hatte keine Ahnung was sie tun sollte, geschweige denn anfangen sollte zu suchen.


Nach einigen Minuten des Trübsal blasen, klopfte es plötzlich an der Tür.

„Ich habe gesagt ich will meine Ruhe!"

„Verzeiht Herrin.", drang die demütige Stimme einer Elbin durch die Holztür. „Der Herr Legolas schickt mich, falls Ihr etwas benötigt."

Ceana seufzte. Natürlich, die elbische Gastfreundschaft.

„Verzeiht, kommt rein."

Die Tür öffnete sich leise und eine braunhaarige Elbin trat ein und verneigte sich leicht. Ceana war bewusst, dass Elben sehr schlank und fein gebaut waren, aber diese schien noch zierlicher zu sein.

„Was kann ich für Euch tun Herrin?", fragte die Zofe und sah Ceana nicht eine Sekunde an. Ob sie sich nicht traute sie anzublicken, es ihr verboten wurde oder sie einfach Abscheu vor ihr hatte, wusste Ceana nicht, aber es war ihr auch gleich.

„Wenn Ihr so freundlich wärt Wasser einzulassen."

„Natürlich Herrin, soll ich in der Zeit Eure Kleider reinigen lassen?", fragte die Elbin freundlich und legte schon einige Tücher zurecht.

„Sehr gerne, und hört auf mich Herrin zu nennen."

„Wie Ihr wünscht."

Kurze Zeit später ließ Ceana das heiße Wasser auf sich einwirken, zog die Beine an ihren Körper und stütze Gedankenverloren ihren Kopf auf den Knien ab. Die Dämpfe des Badeöls brannten leicht in ihrer Wunde am Auge, doch sie ignorierte es und schloss die Augen.



Fetzen

Alles um sie herum war schwarz.

Ein weißer Punkt. Ein Schrei:

„Ich habe keinen Bruder mehr!"

Er fällt, fällt in die dunkle Tiefe.

Sie hatte ihn gestoßen, endgültig von sich gestoßen.

Eine Stimme:

„Ihr wisst welches Schicksal Euren Bruder nun ereilt, wo er doch den falschen Weg gewählt hat."

Wieder schwarz...




Ceana schlug die Augen auf, vertrieb die Gedankenfetzen und atmete ruhig. Solche Bilder und Stimmen sollten sie nicht mehr erschüttern. Zu gut kannte sie diese mittlerweile, und sie würden wohl immer wieder kommen.

„Herr... Jägerin?" Die Schwarzhaarige wandte ihren Blick zur der Elbin, von der sie nicht gehört hatte, wie sie hereinkam. Sie rügte sich innerlich für diese schwache Leistung. Sie konnte schnell das Leben kosten.

„Eure Kleider." Die Zofe legte den Stapel sauberer Kleidung auf den Hocker, auf dem Ceana vorher gesessen hatte und wartete.

„Habt Dank. Ich brauche nichts mehr, Ihr könnt Euch zurückziehen." Die braunhaarige Elbin verbeugte sich rasch und verließ eilig das Gemach, während Ceana sich abtrocknete und in ihre saubere Tunika schlüpfte.



Da der Tag noch nicht weit fortgeschritten war, entschied sich Ceana dazu etwas im Palast spazieren zu gehen und vielleicht auf andere Gedanken zu kommen.

Sie schritt die Gänge entlang und beobachtete die Elben, die eifrig überall herumliefen und war erstaunt, wie ruhig es dennoch in den Hallen war. Hier und da schnappte sie einige Gesprächsfetzen auf, hielt sie aber nicht für interessant genug, um ihnen weiter Beachtung zu schenken.

Als Ceana um eine Ecke bog entdeckte sie Legolas, der mit einer rothaarigen Elbin sprach. Sie wollte nicht länger als nötig in der Nähe der beiden verweilen und rasch weitergehen, als sie ein paar Worte aufschnappte.

Kerker... Zwerge...

Das hielt sie nun doch für interessant. Die Schwarzhaarige wollte unauffällig lauschen, kam jedoch nicht näher heran ohne dass die beiden es definitiv gemerkt hätten. Sie lehnte sich an eine Säule und versuchte auf die Entfernung mehr zu erfahren. Zu ihrer Verärgerung jedoch schienen die beiden Elben ihr Gespräch gerade zu beenden.

Die beiden verabschiedeten sich voneinander und Ceana sah die verstohlenen Blicke der Elbin, die sie dem blonden Elbenprinz hinterherwarf, der genau in Ceanas Richtung schritt. Dabei traf ihr Blick allerdings auch die Jägerin. Sofort verfinsterte sich ihr Gesicht und sie wandte sich zum Gehen.

Ceana konnte darüber nur grinsen, was ihr einen verwirrten Blick seitens Legolas bescherte, der in dem Moment an ihr vorbeilief. Er sah kurz zurück wo die Rothaarige gerade um die Ecke verschwand und musterte anschließend die Jägerin. Ceana grinste nur weiter vor sich hin, drehte dem blonden Elb den Rücken zu und ging wieder in Richtung ihres Gemachs.


Da der Tag sich nun langsam dem Ende neigte, entschied sich Ceana eine Nacht über alles zu schlafen. Vielleicht würde ihr am nächsten Morgen etwas einfallen, wie sie zu den Zwergen gelangen konnte. Sie hatte es geschafft ihre Wache zu überreden, vor ihrem Gemach Stellung zu nehmen und legte sich erschöpft ins Bett, und es dauerte auch nicht lang bis sie eingeschlafen war.



Es war bereits mitten in der Nacht, als sich die Tür zu ihrem Gemach lautlos öffnete und wieder schloss. Unsichtbar schlich der Eindringling auf das Bett zu, in dem die Jägerin lag und schlief. Ceanas Schlaf war aber selten sehr tief, und so riss sie erschrocken die Augen auf, als sich plötzlich eine Hand auf ihren Mund legte.

Draugluins Erben II - Verrat des BrudersWhere stories live. Discover now