Keine Ahnung, wie der Geist heißt - das kann ich ja morgen herausfinden

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Toll, ich hatte einen Geist getroffen. Okay, hier ist das ja auch nicht allzu selten, dass Leute auf Geister treffen. Doch bisher hatte ich davon nur gelesen oder im Fernsehen gesehen. Aber ich dachte immer, dass man dazu zuerst ein bestimmtes Training bekommen musste und dann eine Lizenz erwerben musste, um so etwas zu machen – also mit Geistern interagieren.

Als ich zuhause angekommen war, schaute ich mir das nochmal genau an. In der Schule wurde das vielleicht eins, zweimal kurz erwähnt. Dann fand ich mehrere Dinge heraus:

1. Ich hatte versehentlich etwas Illegales gemacht, indem ich kurz für einen Moment in der Geisterwelt gelandet war

2. Es sollte eigentlich unmöglich sein, ohne Training und Lizenz in die Geisterwelt zu gehen

3. Deshalb war dies als Schummelmöglichkeit bei Test eigentlich ausgeschlossen, weil dies  für Schüler nicht ging

4. Und vielleicht hatten wir das alles schon in der Schule gelernt, aber ich habe nicht aufgepasst und stattdessen gemalt?

Warum dann konnte ich das auf einmal? Wollte ich das herausfinden? Wieso nicht? Hatte sowieso nichts Besseres zu tun. Solange ich nicht erwischt wurde, würde ja nichts passieren.

Die Frage war, wie hatte ich das in erster Linie angestellt? Darüber konnte ich später nachdenken. Zuerst musste ich herausfinden, wie man das eigentlich machen sollte.

Nach langem Grübeln fiel mir ein, dass ich ja nicht umsonst einen großen Bruder hatte. Er war fast nie da, weil er die Geisterwelt studierte. Da war er viel unterwegs. Vielleicht hatte er etwas dazu in seinem Zimmer. Ich ging in das Zimmer nebenan und sah durch seine Unterlagen. Glücklicherweise wurde ich auch schnell fündig.

Aber viel mehr als das, was ich schon wusste, verstand ich nicht. Leider. Ich würde mich also noch eine Weile mit dem Thema beschäftigen müssen – und für diese ganzen anderen Tests lernen. Denn ich dachte nicht, dass der Geist immer wieder auftaucht, um mir die Lösungen zu geben. Ich sah auf mein Handy. Ups – der nächste Test ist ziemlich bald. Dann musste ich mal lernen – sonst ist die eins in Mathe etwas seltsam. Was musste ich für diesen Test lernen? Irgendwelche Formeln? Ohjemine. Das konnte noch etwas dauern.

Ich stellte die Sachen, die ich aus dem Zimmer meines Bruders geliehen hatte, wieder zurück, wobei ich darauf achtete, dass es genauso aussah wie vorher. Nicht, dass er noch bemerkte, dass ich seine Sachen nach Informationen durchsuchte.

Konnte ich mich auf das Lernen konzentrieren? Nein. Ich saß da und starrte auf das Blatt Papier. Bestimmt so eine Stunde, aber natürlich passierte da nichts. Was sollte auch passieren? Sollte das Wissen auf magische Weise sich in mein Gehirn einbrennen? Ja, das dachte ich, so wird das sein. Natürlich passierte das nicht.

Dann wurde ich abgelenkt, durch einen Anruf.

Von allen Leuten, die mich anrufen konnten, ausgerechnet Sam? Trotz der Verwunderung nahm ich an.

„Hallo?" – „Hey Emma. Sam hier. Kannst du vielleicht mal runterkommen?". Runter? Ich sah aus dem Fenster. Tatsächlich, er stand unten vor der Haustür. „Okay", antwortete ich verwirrt und legte auf. Ich zog schnell meine Jacke und meine Schuhe an – in letzter Sekunde stopfte ich mir die Wohnungsschlüssel in die Jackentasche – dann ging ich die Treppe runter zur Haustür.

„Was zum Teufel machst du hier?", fragte ich ihn, als ich die Haustür öffnete. Er stopfte sein Handy in seine Hosentasche und sah sich um: „Kann ich schnell rein? Ich erklär dir das später". Meine Eltern waren sowieso nicht zuhause und ich wollte wissen, was er denn hier trieb, wenn er doch in einem komplett anderen Stadtteil wohnte, welches eine gute halbe Stunde mit dem Fahrrad von hier entfernt war.

Ich ließ ihn rein und gingen in die Wohnung. Gerade rechtzeitig, um einen grauen Wagen vorbeifahren zu sehen. Mit den blauen Streifen erkannte ich sofort, dass das nicht nur ein normales Polizeiauto war, sondern auch noch ein ganz besonderes – wenn so eins hier rumfuhr, dann war irgendetwas eine richtige Gefahr. Gefährlich genug, dass der Bürgermeister unserer nicht so kleinen Stadt diese Leute losschicken musste. „Waren die etwa hinter dir her, oder was?", fragte ich, noch erstaunt, dass so ein Wagen bei uns in der Straße langgefahren ist, denn so etwas war noch nie passiert. Ich drehte mich um und sah, wie Sam nickte. „Was zum Teufel hast du denn angestellt, dass DIE hinter dir her sind?", fragte ich. „Das erkläre ich dir gleich. Wenn die sehen, dass ich nicht mehr auf der Straße bin, werden sie garantiert auch die Häuser durchsuchen. – Kann ich mich irgendwo umziehen?". Ich nickte total verwirrt und zeigte auf die Tür zum Bad, wo Sam auch gleich verschwand. Jetzt musste ich auch noch warten, bis er mir erklärte, was los war.

Ich konnte mir nicht im Geringsten vorstellen, was er denn gemacht haben könnte, und wollte auch lieber nicht darüber nachdenken. Immerhin würde er es mir ja bestimmt gleich erklären – hoffentlich?

Lange musste ich nicht warten, bis er wieder rauskam. Er sah komplett anders aus als vorher. „Wie hast du das gemacht?", fragte ich verwirrt. „Etwas Magie", antwortete er schulterzuckend „Magie?", wunderte ich mich. Das war genauso illegal wie das Wechseln in die Geisterwelt ohne Lizenz. In der Schule brach er auch regelmäßig die Regeln, aber Ärger bekam er jetzt dafür kaum, da es für ihn recht normal geworden ist. Aber das Gesetz so zu brechen, war etwas anderes. Er zuckte mit den Schultern: „Jep" – „Sind die deshalb hinter dir her?", fragte ich. „Das ist ein Teil der Geschichte", erklärte er und sah sich um „Es gibt auch einige andere Gründe. Und schöne Bilder übrigens" – „Kannst du mir jetzt endlich erklären, was hier los ist und nicht drum herumreden?", fragte ich „Und woher weißt du überhaupt, wo ich wohne?". Er setzte sich auf einen freien Stuhl: „Das ist eine lange Geschichte". Ich setzte mich gegenüber von ihm. „Dann fang mal langsam an. Wir haben nicht ewig Zeit". Er zog einen Block und einen Stift aus seiner Tasche: „Können wir das morgen machen? Ich muss noch Hausaufgaben machen".

Somit fing er auf, auf seinen Block zu kritzeln, während ich ihn verwirrt ansah. Da hat er mich angerufen, wurde von der Polizei verfolgt, ist in meine Wohnung gegangen und macht seelenruhig in unserem Wohnzimmer seine Hausaufgaben, als wäre nichts passiert? Und er war mir eine Erklärung schuldig.

Doch dazu kam ich nicht, als er an der Tür klingelte. Ein Offizier in grauer Uniform mit blauen Streifen stand vor der Tür. Seinen hohen Status konnte ich an den silber-glänzenden Sternen auf der Uniform erkennen. „Guten Tag. Was führt Sie hierher?", fragte ich. „Haben sie irgendetwas seltsames bemerkt, Madame?", fragte dieser. Ich schüttelte mit dem Kopf: „Was ist denn passiert?". Das wollte ich ja sowieso wissen. „Jemand ist in den Waffentresor der Bank eingebrochen und hat alles gestohlen", erklärte er mir „Der Täter ist wahrscheinlich in eines der Häuser hier geflüchtet" – „Das ist ja sehr beunruhigend", sagte ich besorgt und zuckte dann mit den Schultern „Leider kann ich Ihnen nicht weiterhelfen, ich war zu beschäftigt mit Hausaufgaben. Daher ist mir nichts aufgefallen". Der Offizier nickte: „Dann will ich nicht weiter stören. Einen schönen Tag noch!". Dann verschwand er die Treppe nach oben. Ich schloss die Tür wieder und ging zurück zu Sam, der immer noch seine Aufgaben machte. Dieser sah auf, als ich mich zu ihm setzte: „Ich habe in den Nachrichten gelesen, dass sie die Gegend hier abgeriegelt haben. Niemand kann mehr raus aus diesem Viertel. Kann ich solange bei dir bleiben?" – „Wie lange?", fragte ich. Sam zuckte mit den Schultern: „Wahrscheinlich nur bis morgen früh, so gut wie ich das System kenne" -

„Aber dann MUSST du mir erklären, was los ist. Klar?". Sam nickte: „Ich weiß, es ist etwas verwirrend, aber ich verspreche dir, dass ich dir morgen alles erkläre. Denn jetzt muss ich noch die Aufgaben fertig machen".

Für heute konnte ich erst einmal den Fernseher einschalten und die Nachrichten schauen. Das, was ich für heute geplant hatte, konnte ich auch leicht morgen machen.  

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⏰ Last updated: Oct 20, 2021 ⏰

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Der Geist in meiner SchuleWhere stories live. Discover now