Kapitel 21: Leorio

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Dass man Großstädte wirklich nicht miteinander vergleichen konnte, lernte ich sofort, als wir von Bord unseres Schiffes stiegen. Während meine Heimatstadt mit der langen Shoppingmeile, der großen Kirche und den zahlreichen Touristenattraktionen, Kneipen und Restaurants anziehend und freundlich gewirkt hatte, sah ich in dieser neuen Stadt einfach nur Grau. Erst dachte ich, dass sich dieses Triste und Ungemütliche nur auf die Hafengegend und das Industriegebiet beschränken würde, aber auch als wir in die Innenstadt kamen, besserte sich das Bild nicht. Überall, wo man hinsah schossen große Wolkenkratzer in die Höhe, die vom Gefühl her alle dieselbe langweilige Farbe hatten. Autos über Autos, LKWs und Busse stopften die Straßen restlos zu und ich bekam das Gefühl, dass sich in den Straßen viel mehr Menschen herumdrückten, wie in die Wohnungen passen könnten. Es war ungemütlich, laut, düster und hektisch. Beinahe jeder, der sich an uns vorbei quetschte war in Eile und legte einen schnellen Schritt an den Tag. Bald schwirrte mir der Kopf, obwohl ich selbst eigentlich gar keinen Stress hatte.

Selbst das Wetter schien sich dazu entschieden zu haben, sich dem Stadtbild anzupassen, denn der Himmel war gräulich weiß und mit dicken Wolken behangen. Wenigstens regnete es nicht. Noch nicht jedenfalls.

Da ich schon mal dort gewesen war, führte ich meine beiden Begleiter die Straßen entlang, bis wir vor dem Gebäude ankamen, in dem sich Leorios Apartment befand. Bei meinem ersten Besuch hier war mir diese Stadt gar nicht so trostlos und überbevölkert vorgekommen, was mich nun extrem wunderte. Aber vielleicht war ich damals auch einfach zu sehr darauf fixiert gewesen, Gons Freund zu beobachten, bis mir aufgefallen war, dass das wenig Sinn hatte bei der ganzen Büffelei. Außerdem war ich nicht mit einem Schiff, sondern über den Luftweg hier eingetroffen, aber eigentlich änderte das an der Stimmung in der Innenstadt nicht sehr viel.

Ein unangenehmer Wind hatte eingesetzt, der den Geruch von Abgasen und Smog mit sich führte und mir die Strähnen ins Gesicht blies, die sich aus meinem Pferdeschwanz gelöst hatten. Ich seufzte. Das Gebäude, in das wir wollten war zwar kein Hochhaus, aber trotzdem von außen nicht sehr ansprechend. Trotzdem drückte mein Bruder auf die Klingel und wir warteten geduldig. Ungefähr so lange, bis ein gestresst wirkender älterer Herr in Jeans und Karohemd aus der Tür gestolpert kam und aufgebracht in sein Handy schrie, das er sich ans Ohr hielt.

Wir nutzten die Gelegenheit und schlüpften ins Treppenhaus. Leorios Zimmer lag im zweiten Stock und wir hasteten die Treppen hoch, um oben angekommen an seine Tür zu hämmern. Es dauerte auch nicht lange, bis wir von der anderen Seite der Tür Gepolter und lautes Fluchen hören konnten. Dann wurde die Tür mit viel Schwung aufgerissen und der lange schlaksige Leorio stand erschöpft und mit tiefen Augenringen schlaftrunken blinzelnd im Türrahmen.

„Wer stört mich denn hier beim Schlafen?", motzte er laut und ungehalten und auf seiner Wange zeichneten sich ganz deutlich Kanten von irgendetwas Hartem ab, auf dem er gelegen haben musste. Ich vermutete, dass er auf seinem Schreibtisch eingepennt war.

„Leorio!", rief Gon begeistert. Ihn schien es gar nicht zu stören, dass sein Kumpel aussah, als hätte er Nächte lang nicht geschlafen. Mein Bruder grinste übers ganze Gesicht.

Leorios Augen wurden hinter der kleinen Brille, die schief auf seiner Nase saß riesig groß. „Gon? Und Killua?" Sein Tonfall war ungläubig, als würde er immer noch träumen.

Killua hob die Hand zum Gruß. „Hey alter Mann, lang nicht gesehen"

Das brachte sofort das Temperament des Anderen zum Überbrodeln. „Wie oft soll ich dir das noch sagen, ich bin nicht alt!", schrie er aufgebracht. Wenigstens war er jetzt wach.

„Wie geht's dir denn so Leorio?", fragte Gon fröhlich, als wäre gar nichts passiert.

Der große Braunhaarige kratzte sich am Hinterkopf und druckste etwas verlegen herum. „Naja, ich bin die ganze Zeit eigentlich nur am Lernen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben", gab er zu. „Aber kommt doch erstmal rein, ihr müsst ja nicht im Treppenhaus rumstehen. Wen habt ihr da eigentlich mitgebracht?"

HunterXHunter Anime Sequel FanFiction (KilluaXOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt