Wiedersehen

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Holprig rolle ich am Skateboard über den Weg. Die Steinchen knistern unter dem Gewicht, ehe ich abspringe und das Board gegen die erste Stufe donnert. Es prallt zurück.

Mit meinen Zähnen in meine Unterlippe gebohrt, steige ich rauf auf die geschmückte Veranda. Viele Lichter, künstliche Spinnennetze und geschnitzte Kürbisse befinden sich auf ihr. Das alte Holz knarrt, als ich mich der weißen Tür nähere.

Meine Lungen fülle ich mit der frischen Herbstluft, ehe ich meine Hand hebe und mit der Faust an der Haustür klopfe. Das Schild, das an einer dünnen Schnur um den Spion hängt und eine sich sträubende Katze abbildet, vibriert und schwingt anschließend leicht hin und her.

Ich vergrabe meine Hände in den Taschen meines Overalls. Das Metall der Handschellen, die um mein linkes Handgelenk befestigt sind, klimpert. Fest umschließe ich die kleinen Schlüssel dafür, die ich eigentlich gar nicht benötigen würde. Mum wollte aber dennoch auf Nummer Sicher gehen.

Die eher misslungene Blase, die ich mit meinem Kaugummi machte, zerplatzt im selben Moment, in der Anne die Tür aufreißt und mich breit angrinst. Auf ihrem Kopf sitzt ein riesiger Hexenhut, auf ihrer schwarze Schürze sind lauter kleine Hexenbesen zu sehen.

Schief lächle ich sie an, ehe sie mich schon fest in ihre Arme schließt. Überrumpelt tätschle ich ihr Schulterblatt. Sie presst die Luft aus meinem Körper. Doch noch bevor ich tatsächlich wegen Sauerstoffmangel umkippe, löst sie sich wieder und zieht mich ins Haus. Hinter mir fällt die Tür zu.

Annes warme Finger legen sich auf meine Wangen und sie dreht meinen Kopf hin und her, um mich genauestens betrachten zu können.

"Hallo Louis, es ist so schön dich wiederzusehen! Wie geht es dir?", begrüßt sie mich. Ihre Hände umfassen mit festem Griff meine Schultern.

"Ganz gut, danke."

Ich komme durch ihren Enthusiasmus gar nicht dazu, sie selbst zu fragen, wie es ihr geht.

"Es ist so schön, dass ihr euch endlich wieder trefft. Du wirst hier ordentlich vermisst, Großer."

Beschämt presse ich meine Lippen zusammen und wende meinen Blick ab. Hätten sie und Mum nicht gestern erst wieder stundenlang telefoniert, würde ich eigentlich gar nicht hier stehen. Ich wäre darüber auch nicht böse gewesen.

In diesem Haus hat sich nichts verändert. Dieselben altmodischen Möbel stehen hier herum, nur sind sie diesmal schon gut für Halloween vorbereitet. Sämtliche Oberflächen sind geziert mit finsterer Dekoration, Kerzen und die große Box am Boden ist überfüllt mit Süßigkeiten, die bereit sind, an Menschen verschenkt zu werden.

Auch derselbe Geruch liegt im Raum, herzig und fruchtig zugleich. Wie immer kitzelt er bei meinem eintreten meine Nase und lässt mich niesen.

Mein Gegenüber grinst breit. Unsicher versuche ich dies zu erwidern. Ein flüchtiger Seitenblick in den Spiegel verrät mir mein Misslingen. Mit verzogenem Gesicht streiche ich durch mein Haar, was das Metall um meinen Arm wieder klimpern lässt.

"Und welche Schandtat hast du begangen, mein Lieber?", schmunzelt Anne und stemmt ihre Hände in die Hüfte.

Ich sehe an mir herab und zupfe an dem orangefarbenen Stoff. Als ich zum Reden ansetzen, unterbricht mich jedoch eine bekannte Stimme: "Der Häftling wurde für das zu gute Aussehen verhaftet, Mum. Ist doch selbstverständlich."

Gemmas Worte lassen mich lachen und ich hebe unschuldig meine Schultern.
"Erwischt."

Das Mädchen grinst verschmitzt. Innig schließt sie mich in meine Arme. Meine Hand legt sich auf ihren schmalen Rücken, womit ich ihre gemachten Engelslocken womöglich ganz platt drücke.

Larry Stylinson OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt