Kapitel 28

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Händchenhaltend schlendern wir der eher stark befahrenen Strasse entlang. Der Wind weht und lässt meine Haare verknoten. Wie ich das hasse! Würde Alec meine Hand nicht halten, würde ich erfrieren. Es ist unglaublich, wie eine einzige Berührung von ihm mich innert Sekunden in Flammen setzt.

Unsere Schritte hallen in der Stille, als wir in mein Quartier einbiegen.

"Was ist los?"

Ich lasse meinen Blick am Boden nachschleichen, auf der Suche nach irgendetwas.

"Nichts."

Ein Seufzen ertönt und gleich darauf bleibe ich stehen. Alec zieht mich zu sich und lässt die Hände auf meinen Hüften ruhen. Er ist gut fast zwei Köpfe grösser als ich, dass ich meinen Kopf ein ganzes Stück heben muss. So wie er mich mustert, mustere ich ihn.

"Was ist?", fragt er nochmals und stupst mit seiner Nase meine an. Ich rieche seinen wunderbaren männlichen Duft, der direkt meinen Kopf durchnebelt und ich könnte das Gefühl haben, auf Droge zu sein. Als wäre ich nicht schon genug durcheinander.

"Ich bin müde." Meine Standartausrede.

"Lucie", warnt er mich. Wieso kann ich einfach nicht lügen? Ich war noch nie gut darin. Obwohl ich einmal gelesen habe, dass Kinder strenger Eltern viel besser lügen können als solche, mit weniger strengen Eltern. Bei mir scheint dies nicht der Fall zu sein.

Sein Goldbraun schimmert im Strassenlicht so sagenhaft schön, dass ich kurz lächeln muss, welches mir aber nach ein paar Sekunden wieder vergeht.

"Ich ..."

"Du kannst mir alles sagen, Lucie", versichert mir Alec.

"Wie alt bist du?", flüstere ich, als wäre es verboten.

Es scheint, als hätte er etwas ganz anderes erwartet, denn er schmunzelt.

"Vierunddreissig", antwortet er aufrichtig und sieht mir tief in die Augen.

Ich weiss nicht, was ich erwartet habe. Ob ich enttäuscht bin oder glücklich darüber, das weiss ich selbst nicht. Ich weiss nicht, ob es okay ist, das attraktiv zu finden und ihn noch mehr zu wollen.

"Es ..."

Ich räuspere mich.

"Ja?"

"Vorhin, auf der Toilette", erzähle ich. "Eine Frau hat mich gefragt, ob du mein Vater bist."

Alec prustet los. Sein Lachen ertönt so laut, dass ich Angst habe, jemand würde uns ermahnen, dass es schon Nacht sei. Dabei, wie viel Uhr ist es eigentlich?

Während ich die einte Hand von Alec von meiner Hüfte loslöse, um meine Tasche zu öffnen und mein Handy zu suchen, sage ich bestürzt: "Sie hat mir ihre Nummer für dich gegeben."

Alecs Brustkorb hebt und senkt sich schnell, er hält sein Lachen zurück.

"Und jetzt willst du sie mir geben?", raunt er mir zu.

Verwirrt sehe ich ihn an. Als er das Handy anblickt, welches ich in der Hand halte, verstehe ich es.

"Was? Nein! Ich ..."

Ich schüttle den Kopf. Ich bin müde, vollgegessen und von der Frage noch immer betroffen.

"Ich will nur schauen, wieviel Uhr es ist", nuschle ich.

21:38 Uhr.

Ich muss gähnen.

"Ich hätte sie auch nicht gewollt", zwinkert er mir zu.

Unumgehbare Lust (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt