8. Anziehung

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Nach einer Stunde hatten sie ein Vogelpärchen entdeckt und beobachteten es in ihrer Interaktion miteinander. Verspielt kreisten sie um einen der Äste, setzten sich dann darauf nieder, um zu zwitschern.

„Vielleicht bilden sie lebenslange Paare.", murmelte sie, gefesselt waren ihre Augen auf die Platte gerichtet, auf der sie die Sicht des Käfers sehen konnten.

„Wie... romantisch.", Draco verzog seinen Mund. Dann dachte er an diese spezielle Pinguinart, die sich ebenfalls lebenslang band, bei der das Weibchen in der Brutzeit allerdings von Kieseln der Männchen beschenkt wurde, um ein Nest zu bauen.

Granger ließ ihm einen wissenden Blick zukommen: „Ja, ich weiß, dein Sinn für Romantik ist beschränkt."

„Was soll das denn heißen?", empört hob er seine Augenbrauen.

„Genau das, was ich gesagt habe.", grinsend rückte sie die Decke auf ihrem Schoß zurecht. „Was hast du nochmal gesagt, bevor du mich geküsst hast? Schlimmer kann es kaum werden."

„Kann es ja auch nicht.", bei dem Gedanken an einen Kuss zwischen ihnen fühlte er sich eigenartig, weil es sich nicht vorstellen konnte. Zu gern würde er die Situation mit eigenen Augen zu sehen, damit er wusste, wie es überhaupt dazu kommen konnte.

„Wie gesagt, Romantik liegt dir nicht. Sonst hättest du vielleicht sowas gesagt wie: du siehst heute sehr hübsch aus."

„Pfft.", er rutschte auf seinem Sitzplatz herum, seine Finger spielten an der Blätterverkleidung herum. „Das wäre ziemlich oberflächlich gewesen."

„Ach, ist es dir egal, wie die Frau aussieht, die du küsst?"

Wie oft hatte er denn andere Frauen geküsst? Pansy vielleicht. Dann noch ein Mädchen, das er in seiner Ausbildung kennengelernt hatte. Welche Ausbildung war das noch gleich? ... eine hellgrüne Uniform erschien vor seinem inneren Auge, bevor das Bild sich verflüchtigte.

„Nein, aber das sollte wohl nicht das wichtigste sein, oder? Es ist durchaus von Vorteil, wenn sie auch intelligent ist."

„Dann hast du mich wegen meines Intellekts geküsst?", verdammt, wenn er sich nur erinnern würde. „Aber ist ja auch egal."

Das war es nicht. Etwas dazu sagen konnte er dennoch nicht. Stumm verharrten sie nebeneinander, sahen in andere Richtungen.

„Wir könnten versuchen das Paar zu fangen und sie untersuchen.", sagte sie plötzlich und zog ihren Zauberstab.

Nachdem er nickte, richtete sie ihn auf die Baumwipfel und sprach einen Zauber, der ein dünnes Netz heraufbeschwor. Es glitt an den Ästen vorbei, suchte gezielt nach den Vögeln, um sie vorsichtig zu umschließen und schließlich langsam auf den Boden sinken zu lassen. Vornübergebeugt beobachtete sie sie dabei, ehe sie sich dazu anschickte, nach unten zu steigen.

„Schnell, es löst sich in wenigen Minuten auf."

Dann sammelten sie die flatternden Wesen ein, stellten das Geschlecht fest, maßen den Stachel aus und fotografierten ihn. Pfeifend wehrten sich die Tiere, es war anstrengend das Schlagen der Flügel zu unterbinden, damit sie sich nicht aus ihren Händen befreien konnten.

Viele Minuten und Erkenntnisse später sammelten sie ihr Equipment ein, bis der Wald unscheinbar vor ihnen lag, als wären sie niemals da gewesen.

„Das war sehr erfolgreich. Wenn nicht sogar die erfolgreichste Expedition seit Wochen.", sagte sie zufrieden und betrachtete ihre Hände, an denen sich kleine Kratzer von Krallen befanden.

„Lass mich das machen.", plötzlich kramte er eine Tube aus seiner Tasche und griff nach ihren Händen, die sich kalt anfühlten. Mit spitzen Fingern schmierte er die Salbe auf die roten Striemen, damit sie verheilten. Grangers stechender Blick lag auf seinem Gesicht, sodass er in einer Bewegung innehielt und ihm begegnete. „Alles okay?"

Ein Nicken. „Es brennt nur ein wenig."

Oh Gott.

Was war in ihn gefahren?

Blitzschnell ließ er ihre Hände los und reichte ihr die Tube: „Vielleicht machst du das lieber selbst.", warum war er auch nicht eher auf diese Idee gekommen? Warum musste er das machen?

Die Berührungen hallten schwach auf seiner Haut nach und wanderten direkt in seinen Bauch.

Granger erwiderte nichts auf seine Bemerkung und beendete die Behandlung eigenständig. Ihr Mund war von einem enttäuschten Zug umgeben.

„Also... wollen wir dann was essen gehen?", fragte sie zögerlich, nachdem sie begannen, den Rückweg anzutreten. „Bevor du absagst, das machen wir immer."

„Ja, das hast du bereits erwähnt.", grummelte er, war von der Situation noch peinlich berührt. Grangers Hände zu halten sollte nicht gut sein. In keiner Dimension dieser Welt. Wie auf ein Stichwort knurrte sein Magen klagend.

„Ist das ein ja?", mit ihrem Kinn deutete sie auf seinen Oberkörper.

„Von mir aus.", er versuchte wirklich, sich nicht von ihr einnehmen zu lassen. Ihre Anwesenheit beengte ihn und obwohl er gern gegangen wäre, gab er dem Ganzen eine Chance. Anpassen und nicht auffallen.

...

„Ich dachte erst, du willst mich veräppeln.", hauchte er, als er das Essen betrachtete, das Hermine bestellt hatte.

„Nichts geht über ein gutes Brinner!", Granger strahlte zufrieden und riss eine Ecke von ihrem Croissant, um es in die Marmelade zu tunken.

Neben den Croissants befanden sich warme Brötchen, Aufstriche, Marmeladen, Käse und kleine Pfannkuchen auf mehreren Tellern. Dazu tranken sie Kaffees mit Milchschaum, der kunstvoll hineingegossen worden war. Zusätzlich hatte jeder von ihnen einen Mimosa bekommen. Das Restaurant war französisch angehaucht, die Decke verziert und gewölbt. Kugellampen aus Glas erhellten den Raum, durch den klassische Musik schwebte.

„Ich hab noch nie Pfannkuchen zum Abendessen gegessen.", er trank einen Schluck aus seiner Tasse, dann angelte er sich eines der Brötchen und schnitt es auf.

„Dann wird es höchste Zeit. Wenn ich mit meinen Eltern im Urlaub war, haben wir das häufiger gemacht.", sie warf ihm einen Blick zu, worauf er sich selbst dabei ertappte, wie er vor sich hinlächelte, weshalb sie eine Augenbraue anhob. „Was ist so lustig?"

„Nichts. Erzähl meinem 16-Jährigen ich, dass du mit mir brinnern gehst.", müßig strich er eine Schicht Butter auf eine Hälfte, um sie anschließend mit Marmelade abzudecken.

Sein Gegenüber lachte kurz und freudlos auf: „Der junge Draco hätte mich beschimpft und gelacht."

Und auf einmal kam es über ihn: „Es tut mir leid."

~*~

A.N.: Wie immer: liebe Grüße, ich wünsche euch einen schönen Abend. :)

Zu Schön [Dramione, Adventskalender]Where stories live. Discover now