Dreiundzwanzigstes Kapitel

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Montag - 04. Oktober

>> Es reicht! Ich steige aus, aber dieses Mal wirklich! << rief ich über die laute Musik hinweg.

>> Kannst du nicht, du hast mir einen Handschlag drauf gegeben also ziehst du das jetzt durch. Oder willst du keine neue Handtasche? << fragte sie provokant und verschränkte die Arme vor der Brust.

>> Die Handtasche ist mir doch völlig egal! << seufzte ich frustriert und am liebsten hätte ich laut herausgeschrien, wie sehr mich Theo faszinierte und wie glücklich ich in seiner Anwesenheit war. Jedoch tat ich dies nicht.

>> Herr im Himmel du bist ja völlig verschossen in den Streber << stellte die Schwarzhaarige geschockt fest. Ich schüttelte den Kopf und biss mir dabei nervös auf der Innenseite meiner Wange herum.

>> Du solltest einfach mal aufwachen und merken, was du anderen Menschen mit deinem Verhalten antust. Ich werde das Theo nicht antun und mit dir möchte ich Momentan auch nichts mehr zu tun haben Arizona. Wann bist du nur so unausstehlich geworden? << sprach ich deutlich zu ihr und konnte genau beobachten, wie ihr grinsen langsam erlisch und ihre Mundwinkel hinunter sackten.

Bevor sie etwas erwidern konnte, schnappte ich Fees Handgelenk, zog sie von Arizona weg und machte mich mit ihr auf den Weg zu den Damentoiletten.

>> Bevor du jetzt irgendwas Doofes von mir denkst oder es Theo erzählst – was ich sehr wohl verstehen könnte – hör mich an << platzte es sofort aus mir heraus. In den letzten Tagen ist mir immer wieder bewusst geworden, dass Fee der einzig vernünftige und aufrichte Mensch in meinem Umfeld ist. Abgesehen von Theo natürlich.

Sie machte mich zu einem besseren Menschen und ich hatte keinen blassen Schimmer wie sie das schaffte. Ich war ihr einfach dankbar für die Unterstützung beim Lernen, beim Zusammenleben oder wenn sie mir einfach nur zuhörte.

>> Du brauchst gar nichts sagen Tabitha << erwiderte sie neutral und strich ihr Oberteil glatt. Frustriert sah ich zu ihr herunter, da ich durch die High Heels um einiges größer war.

>> Es ist dein Ding, was du in deiner Freizeit machst. Klar war das mit der Wette eine mega dämliche Idee und du hättest sie nicht eingehen dürfen. Aber der erste Schritt ist, dass du dich von solchen Menschen wie Arizona abkapselst. Wenn du so weit bist, solltest du Theo definitiv davon erzählen und hoffen, dass er dir das nicht übelnimmt. Er ist mit betroffen, nicht ich << sprach sie und mit einem Mal fühlte ich mich neben ihr wie ein kleines Kind, das Ihre Mutter enttäuscht hatte.

Ohne groß darüber nachzudenken, breite ich meine Arme aus, schlang sie um Fee und drückte sie an meinen zierlichen Körper. Es war das erste Mal seit einigen Jahren, dass ich eine weibliche Person aus meinem Umfeld in meine Arme schloss. Denn wenn es eines gab, was ich hasste, dann waren es Umarmungen mit anderen Mädchen.

>> Danke Vila << erwiderte ich erleichtert. Hetisch drückte sie sich aus der Umarmung und zeigte mit ihrem Zeigefinger auf mich.

>> Du hast mich Vila genannt! << quickte sie freudig und hüpfte auf der Stelle auf und ab. Das alle in unserem Umfeld sie seltsam anschauten, störte weder sie noch mich. Lachend legte ich meinen linken Arm um ihren Nacken, zog sie an mich ran und lief mit ihr zur Jackenausgabe.

>> Lass uns gehen du kleine Nervensäge << murmelte ich belustigt. Wir nahmen unsere Jacken entgegen und liefen kurz darauf durch San Diegos Straßen. Vila summte zufrieden ein Lied vor sich hin, während meine Gedanken zu dem schwarzhaarigen Jungen Mann abschweiften. Mit einem kleinen lächeln auf den Lippen traten wir durch die Tür des Wohnheims.

Die Flure waren kaum beleuchtete, da es weit nach null Uhr war. Viele schliefen bereits, da sie früh Uni hatten. Vila und ich mussten aber erst spät raus, weshalb ich Sonntag Abends meist Feiern war. Als wir kurz davor waren unsere Zimmertür zu erreichen, wurde rechts von uns eine geöffnet und Soraya trat in den Türrahmen.

Als sie mich entdeckte, rollte sie mit den Augen, trat heraus und zog wütend die Tür hinter sich zu. Ein weiterer Weg zur Besserung war, dass ich tatsächlich einfach meiner Zimmergenossin folgte und mir den Abend von solchen Menschen nicht verderben ließ.

>> Ich versteh sie nicht. Warum ist sie nur so negativ auf dich zu sprechen? Ich musste mich das letzte Mal ja schon selber mit ihr Streiten << fragte Vila interessiert. Seufzend lauschte ich dem Klicken der Tür, als der Schlüssel herumgedreht wurde.

Müde trat ich ein und schmiss mich mit dem Rücken aufs Bett. Ich streckte alle Extremitäten von mir, bevor ich anfing zu erzählen.

>> Auf der High School, war sie eine gute Freundin von mir. Wir sind oft auf Hauspartys gewesen, man kann sagen, dass wir fast nur zum feiern gehen Befreundet waren. Zu einem bestimmten Zeitpunkt war sie dann mit einem Typen zusammen. Vincent hieß das Arschloch << meinte ich grummelnd, sodass Vila bei meiner Flucherei sich räusperte.

>> Hör zu, gleich verstehst du das. Jedenfalls waren wir wieder auf einer Hausparty. Soraya griff durch Vincent immer öfter zu Drogen und dieses Mal hatte er sie komplett zugedröhnt. Irgendwann lag sie komplett dicht auf dem Sofa. Als mir davon erzählt wurde, wollte ich direkt zu ihr << erklärte ich ehrlich.

>> Wo warst du denn, dass du das nicht vorher mitbekommen hast? << fragte Vila interessiert, während sie ihre Schuhe ordentlich beiseitestellte.

>> Mit einem Typen auf einem der Zimmer, wenn du verstehst << erwiderte ich schulterzuckend und lief ins Badezimmer, wo ich meine Wattepads in Abschminkzeug tränkte und schließlich über mein Gesicht rieb.

>> Auf dem Weg hinunter ist mir dann Vincent entgegengekommen. Er versicherte mir, dass alles gut war. Ich mochte ihn zu dem Zeitpunkt auch schon nicht, weshalb ich ihm kein Wort glaubte. Ich versuchte mich also von ihm loszureißen, was nicht funktionierte. Er war gut trainiert, ging fünfmal die Woche zum Kickboxen oder ins Fitnessstudio. Er war kein Mensch, mit dem man es leicht aufnehmen konnte << hauchte ich und schwelgte dabei in Erinnerungen. Ich schmiss das erste beschmutzte Wattepad in den Mülleimer und nahm mir ein weiteres.

>> Er drückte mich in eines der Zimmer und meinte, dass er von einem Typen gehört hatte, dass dieser mich zuvor gevögelt hatte. Das war der Junge, mit dem ich kurz davor in diesem Zimmer war. Versteh mich nicht falsch, dass das erzählt wurde, ließ mich vollkommen kalt. Ich war kein Mauerblümchen und das wusste man. Aber Vincent hatte das wohl anders aufgenommen, denn er dachte, dass er mit mir eine schnelle Nummer schieben konnte << erzählte ich und bekam Gänsehaut allein, weil ich daran dachte.

Vila schlüpfte gerade in ihre Schlafsachen und knotete ihre kurzen Haare zu einem unordentlichen Dutt, während sie mir gebannt an den Lippen klebte und alles hörte, was ich erzählte.

>> Ich verzichte jetzt auf die unschönen Details, wo er versuchte mich rumzubekommen. Ich hatte fast aufgegeben, bis ih ihm in den Arm gebissen hatte. Damit hatte er nicht gerechnet, weswegen er mich schockiert in Frieden ließ und ich den kleinen Zeitsprung nutzte und heraus stürmte <<

>> Aber wieso hasst Soraya dich? << fragte Vila neugierig.

>> Weil Vincent ihr erzählte, dass ich ihn zum Sex genötigt hätte. Sie trug die Rosa Rote Brille, blieb mit ihm zusammen, brach zu mir den Kontakt ab und ich hatte keinen Nerv ihr bis heute jemals nochmal die Wahrheit zu erzählen >> beendete ich meine Geschichte Schulterzuckend, als ich mir meine Zahnbürste in den Mund steckte.

>> Sind die beiden noch zusammen? << fragte Vila interessiert und positioniere sich gerade in den Schneidesitz. Als Antwort zuckte ich erneut mit den Schultern. Seit dem Vorfall hatte ich wie gesagt kein richtiges Wort mehr mit ihr gewechselt.

>> Voll krass was du erlebt hast. Das tut mir leid << sprach das zierliche Mädchen auf ihrem Bett. Durch die Geschichte und dem, was ich Theo erzählt hatte wurde mir erst richtig klar, wie düster mein Leben eigentlich bis jetzt war.

Ich musste mehr als dringend etwas daran ändern, denn ich will irgendwann auch mal was positives zu erzählen haben.

𝐄𝐱𝐩𝐞𝐜𝐭𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬Where stories live. Discover now