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Draco hatte sich direkt am nächsten Morgen auf die Suche gemacht. Die Wolken hatten sich verzogen und die Straßen des kleinen Fischerdorfes glänzten nur noch leicht feucht, während sich in den Wellen des Meeres bereits die Morgensonne spiegelte. Fowey hätte wirklich einen Besuch wert sein können, wenn er nicht ausgerechnet wegen dem Mann hier gewesen wäre, den mittlerweile die gesamte Zaubererwelt den Unerwünschten nannte. Doch genau dieser war der Grund, weshalb Draco nun im Schatten eines großen Baumes auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand und das kleine Cottage beobachtete.

Es war fast erbärmlich einfach gewesen, den Unterschlupf zu finden. Nachdem die Wirtin der Pension, in der Draco untergekommen war, die Anschrift schließlich auf einen kleinen Zettel gekritzelt hatte, hatte er sich sofort in sein Zimmer verzogen. In seinem Gepäck befand sich selbstverständlich auch eine Karte von Fowey und innerhalb weniger Sekunden hatte er herausgefunden, wo Potter sich versteckte - zumindest, wenn es stimmen sollte, wovon er weiterhin überzeugt war. 

Er war sich mittlerweile sicher, dass es Schicksal sein musste. Umbridge, mit dem genialen Einfall, ihn zu beurlauben, und dann auch noch die Mädchen, die seinen verhassten Erzfeind aus Kindertagen perfekt beschrieben hatten.

Das Einzige, was ihm nicht passend erschien, war Potter am helllichten Tag zu überraschen. Immerhin hatte er schon einige Ergreifungsversuche geleitet und bei jedem von ihnen war das Aufspürungskommando gescheitert. Potter war gewiss nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und Draco wusste das. Er hätte bereits in der Nacht versuchen sollen, das Cottage zu finden, allerdings hätte sich die Suche anhand des stürmischen Wetters und seiner fehlenden Ortskenntnisse wahrscheinlich schwieriger gestaltet als jetzt.

Und außerdem: wer konnte sich sicher sein, dass es einfacherer gewesen wäre, Potter nachts zu überraschen? Wenn Draco an seiner Stelle wäre, wäre er definitiv noch vorsichtiger, sobald die Dunkelheit hereinbrach. Und Potter war nicht dumm. Er würde rund um die Uhr unter Alarmbereitschaft stehen. Dementsprechend war es also wirklich egal, wann Draco versuchte, sich Zutritt zu dem kleinen Haus zu verschaffen. Es war ein Schuss ins Blaue – so oder so.

Den Zauberstab in seiner Jackentasche fest umklammert, schritt er schließlich über die Straße. Seine Augen huschten von einem Fenster zum nächsten, doch die meisten der klapprigen Rollladen waren geschlossen. Ansonsten lag das Haus ruhig und unschuldig vor ihm. Der gepflasterte Weg, der direkt zu der Haustüre führte, war von umbepflanzten Blumenrabatten gesäumt. Das ergab Sinn, denn das Haus stand, wie er erfahren hatte, eigentlich leer. Außerdem neigte sich der November bereits dem Ende zu und bald würden die wenigen Sonnenstrahlen, welche die raue Küstenlandschaft im Südwesten Großbritanniens noch erreichten, keiner Zierblume noch genug Wärme schenken.

Es war wirklich ein schönes Cottage. Und fast machte es Draco ein wenig wütend, dass Potter es sich in einem Dorf gut gehen ließ, in dem Andere vielleicht ihre Ferien verbringen würden. Er zum Beispiel – und auch Granger – hatten stattdessen in seinen Augen ein deutlich schlechteres Los gezogen. Potter war sicherlich nicht scharf darauf, dauerhaft vom Zaubereiministerium verfolgt zu werden, aber er hatte immerhin zwischenzeitlich seine Ruhe. Draco schnaubte und verwarf den Gedanken. Dafür hatte er nun keine Zeit.

Das Haus war in wenigen Sekunden umrundet und sah von außen absolut unbewohnt aus - was wahrscheinlich der Trick war. Draco traf schließlich die Entscheidung, den Hintereingang zu nutzen, und blieb deswegen nach einer weiteren Runde um das Haus dort stehen. Eine Gänsehaut hatte sich über seine Arme gezogen. Er bekam das Gefühl nicht richtig zu packen, aber irgendetwas sagte ihm, dass das Ganze zum Himmel stank. Draco würde auf jeden Fall vorsichtig sein müssen. Potter würde nicht zögern, ihn zu verfluchen, sobald er ihn erblickte. Also musste er schneller sein als er.

„Alohomora", flüsterte er und war überrascht, als das Schloss klickte und sich die Tür einen Spalt breit öffnete. Er hatte damit gerechnet, dass sie noch auf mindestens eine weitere Art magisch gesichert wäre. Doch auch als er den ersten Fuß langsam über die Türschwelle schob, geschah – nichts.

Baton RougeWhere stories live. Discover now