Abgabe 1

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Wuestensand

Sie schläft. Gleichmäßig hebt und senkt sich ihr Körper. Ihre langen, schwarzen, glatten Haaren fallen elegant über ihr Gesicht und ihr Kopf ist an die Glasscheibe des Autos gelehnt, in welchem sie sitzt. Das Auto fährt auf die Autobahn auf und beschleunigt. Das Mädchen öffnet langsam ihre Augen und ich sehe sofort die Besonderheit darin. Trotz der Verschlafenheit glänzen ihre Augen voller Abenteuerlust und strahlen trotz dessen eine angenehme Ruhe aus. Ich betrachte das markante Gesicht mit der glatten, honigfarbene Haut, den vollen Lippen und den unterschiedlich gefärbten Augen. Das eine gold-braun, das andere dunkelgrün. Einige Sommersprossen zieren Nase und Wangen. Sie trägt ein weißes Top mit der bunten LGBTQ+ Fahne und eine einfache schwarze Jogginghose. An ihren Füßen erkenne ich kurze, weiße Socken und gleichfarbige Adidas Originals.

Sie weiß nicht, dass wir sie beobachten. Sie kennt die Geschichten unserer Abenteuer. Sie kennt unsere Namen. Doch sie weiß nicht, wo wir sind. Dass wir sie auserwählt haben. Und das schon vor langer Zeit. Ich, Avenir, Göttin der Zukunft, habe schon vor vielen Jahren gesehen, wie uns dieses Mädchen bald helfen wird. Sie wird ihre und unsere Welt retten müssen. Jemand muss sie mit ihrer Aufgabe vertraut machen und ihr alles beibringen, was sie wissen muss. Diese Aufgabe steht mir zu. Der jungen Gott Katres wird mich begleiten und mit seinen Fähigkeiten unterstützen. Ich persönlich habe ihn dazu auserwählt. Viele verstehen nicht, weshalb ich einen so unerfahrenen Gott mitnehme, doch mein Bauchgefühl sagt mir, dass er dafür wie geschaffen ist.

Ich öffne meine Augen wieder und sehe die wunderschöne grüne Natur verschwommen hinter dem Wasserfall, welcher in einen See fällt. Ich sitze in der ‚Ursprungs-Höhle', wie wir sie nennen, hinter dem herabfallenden Wasser. Ich habe gerade unsere Retterin beobachtet. Etwas Sorgen bereitet es mir schon. Ich kann kein Ende des Krieges sehen. Noch nicht mal mehrere Enden. Entweder ist es, weil unsere Auserwählte noch nichts von ihrer Bestimmung weiß, unser Gegner seine Entscheidung noch nicht getroffen hat, oder, oder, dass sich noch jemand anderes gegen uns wenden würde. Ich betrachte meine zweifarbigen Hände, fahre durch meine weiß-silbrigen Haare und lege mich mit dem Rücken auf den angenehm kühlen Steinboden. Ich sehe verträumt an die Kristalldecke und schrecke nach einigen Sekunden auf. Ich müsste eigentlich schon längst auf dem zum Weltentor sein, um Katres seine letzte Trainingseinheit vor unserer Reise aus Dierakles zur Erde zu geben. Ich springe mit einem Kopfsprung durch den Wasseefall und breite meine golden schimmernden Flügel aus. Das Weiß und Gold der Schwingen hebt sich von meiner dunklen Haut mir den hellen Flecken ab. Nachdem ich über den Wald geflogen bin, komme ich über der Stadt an und lande einige Meter vor dem Brunnen des Weltentors. Katres steht schon davor und wartet auf mich. Seine roten Haare leuchten im Licht und die Karamell ähnliche Haut wird in seinem Gesicht und auf den Händen von rotbraunen Sommersprossen geziert. Über seinem linken Auge zieht sich eine Narbe und ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus, als er meinen gehetzten Ausdruck sieht. ,,Bereit?" Frage ich ihn und ziehe mein Schwert aus meinem um die Hüfte gelegten Ledergürtel. ‚,Natürlich' sagt er, zieht ebenfalls sein Schwert und geht in Angriffsposition. Ich greife ihn mit einem leichten Schlag an, welchen er gekonnt pariert. Wir kämpfen noch etwas und schnell wird das einfache Training zu einer echten Kampfsituation. Auch wenn Katres nur auf einem Auge sehen kann, ist er schon fast ein ebenbürtiger Gegner. Schlussendlich schafft er es, mich in eine aussichtslose Situation zu bringen und ich beende den Kampf indem ich mich ergebe. Er lächelt stolz und reicht mir seine Hand um mir aufzuhelfen. ,,Gut gemacht Kat" sage ich und klopfe ihm anerkennend auf die Schulter. Es benötigte schon einiges Können eine alte Frau wie mich zu besiegen. ,,Wann brechen wir auf?" fragt er mich. ,,Ich muss jetzt noch was erledigen aber danach können wir den anderen im Rat Bescheid sagen und los." beantworte ich deine Frage. ,,Was musst du denn machen?" Fragt er neugierig schauend. Ich grinse ihn an packe ihn blitzschnell um den Oberkörper und befördere ihn somit in das Wasser des Brunnens. ,,Hey!" ruft er lachend und versucht aufzustehen. Dabei rutscht er aus, versucht sich an mir festzuhalten und wir fallen beide in den Brunnen. Triefend nass sehen wir uns an und brechen in lautes Gelächter aus.
Auf einmal stand der älteste Gott Primeros vor uns. ,,Es ist Zeit" sprach er zu uns und wir hörten augenblicklich auf zu lachen. Wir warfen uns, nun etwas verunsichert, einen Blick zu und standen dann auf. ,,Viel Erfolg. Möge das Glück an eurer Seite sein" wünschte er uns und als er sich umdrehte war er verschwunden. Nun hat unsere Reise begonnen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 26, 2022 ⏰

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