ZWEI

810 26 3
                                    

„Hat deine Schwester sich mal wieder bei dir gemeldet?"

Ich stellte den leeren Kuchenteller auf dem Tisch ab.
„Ja, wir haben tatsächlich letzte Woche erst telefoniert...ich hatte in letzter Zeit viel zu tun und Sarah war auch beschäftigt...mit dem Kleinen und so..."

Meine Schwester war zwar zwei Jahre jünger als ich, hatte aber schon einen tollen Job, einen Ehemann und einen wunderbaren Sohn. Ich dagegen bin wohl irgendwie die ewige Studentin der Familie, die zudem ihr Leben lang Single sein wird. Kein Mann wollte bis jetzt mit mir, Leni die Literaturwissenschaften studiert, etwas anfangen. Vielleicht bin ich einfach zu verklemmt und hänge lieber über irgendwelchen Büchern anstatt im Club feiern zu gehen.

Etwas neidisch war ich auf meine Schwester zwar manchmal schon, trotzdem bin ich mit meinem jetzigen Leben ziemlich zufrieden und ich wusste auch ganz genau, dass mir meine Eltern niemals irgendwelche Vorwürfe machen würden oder mir gar vorschreiben was ich tun sollte. Für meine Familie bin ich wirklich sehr dankbar.
Wir hatten alle ein tolles Verhältnis zueinander. Sarah und ich haben uns auch schon immer super verstanden, ich war nur manchmal etwas traurig, dass sie an die Ostsee gezogen ist.
Meine Schwester hatte Stefan, ihren Ehemann, während einer Fortbildung kennengelernt und sich sofort in ihn verliebt. Für meine Eltern ist er fast wie ein Sohn geworden.

„Gibt es sonst irgendwas Neues im Dorf?", fragte ich meine Mum.

„Naja, du warst ja schon eine Weile nicht mehr da...", sie schien kurz zu überlegen.
„Die Hofers haben sich Alpakas gekauft, die Tochter Magdalena hat erst geheiratet und es wird ein neues Haus gebaut...bestimmt gibt es noch viel mehr zu erzählen, aber da musst du mal deinen Vater fragen..."

Wir schwiegen eine Weile, ich konnte den Vögeln zuhören und die Landluft genießen.

„Ich denke ich geh mal meine Tasche ausräumen...später telefoniere ich noch mit Maja und vorher wollte ich noch kurz im Stall vorbeischauen..."

„Dann geh ruhig, ich räum das hier auf...Könntest du dann später Amber mitnehmen? Ich wollte noch einkaufen fahren...."

„Klar kann ich machen"

Ich schnappte mir meine Reisetasche, die im Flur vor der Treppe stand und betrat mein altes Kinderzimmer unter dem Dachboden. Es war der einzige Raum hier oben sogar mit einem eigenen Badezimmer. So hatte ich meine Ruhe und konnte ungestört arbeiten.

Schnell räumte ich meine Klamotten in den Schrank und suchte mir meine Reitsachen, sowie den Schlüssel zu meinem Spind im Stall raus.

(K)Ein Arzt zum KüssenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt