[9 - Abendmahl]

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Seit Dazai sich für diese unsinnige Option entschieden hat Moris Einladung zu folgen, wusste er, dass es kein Zurück mehr gibt.

Bereits zu diesem Zeitpunkt, wenn nicht sogar noch viel früher, musste er sich entscheiden und zwar zwischen den bewaffneten Detektiven und der Hafenmafia. 

Würde man seinen Kopf fragen, ob er lieber bei den Detektiven oder der Mafia ist, dann wäre die Antwort definitiv mehr als offensichtlich. Vermutlich würde er sogar jeden auslachen, der denkt er würde letzteres wählen.
Doch wenn man sein Herz fragt, wäre er sich auf einmal in seiner Entscheidung unsicher.

Daher hat Dazai sich auf das letzte Rest Verstand verlassen, das er noch hatte. Er hat den ganzen Tag wie ein Verrückter alle möglichen Leute kontaktiert, doch zeigte weder etwas für noch gegen die Tatsache, dass seine totgeglaubte Schwester in den Händen der Hafenmafia sein könnte. Zumindest bis er sich genauer über den Brand informiert hat, den ja der Zeitung nach zu urteilen ein Blitz ausgelöst hatte. Er wusste, dass dies ein Lagerhaus der Hafenmafia ist, hatte sich allerdings zunächst nichts dabei gedacht, vor allem da es in letzter Zeit recht viele Gewitter ab.
Zu viele. Und da wurde es ihm schlagartig klar. Es gab sogar gar keinen Zweifel mehr, denn die Antwort, die er die ganze Zeit so verzweifelt gesucht hatte, viel ihm wie Schuppen von den Augen. Und er hätte sich dafür verfluchen können es nicht früher bemerkt zu haben. In diesem Moment wurde ihm erst wirklich klar wie sehr er von seiner Logik besessen war und worauf er zu hören hatte.

Und nun sitzt er mit aufgesetztem Lächeln neben Mori, während man durch die Fenster nur die dicke Nebelwand sieht. Und so begründet Dazai auch seine Verspätung, in dem Wissen, dass allen offensichtlich sein dürfte, dass er absichtlich zu spät gekommen ist. Aus reiner Provokation und um seinen Standpunkt klar zu machen, dass er nicht einfach nach ihrer Pfeife tanzen wird.

Doch seit er den Raum betreten hat, ist in ihm ein mit Verstand nicht erklärbares Gefühl aufgestiegen. Schon von der Türe aus hatte er Toki erkannt, doch beruhte dies offensichtlich nicht auf Gegenseitigkeit. Und so sehr er auch versucht nicht zu offensichtlich zu ihr herüber zu blicken, schließlich lässt ein Dazai Osamu sich nicht in die Karten schauen, verspürt er den Drang dazu. Nur ein Blick, geht es ihm immer wieder durch den Kopf, doch sein letzter Rest Verstand hindert ihn daran sich vor Mori so eine Blöße zu geben wie Gefühle zu zeigen. Egal ob es Interesse, Neugier oder sonst etwas ist.

Dazai geht viel zu viel durch den Kopf, um klare Gedanken zu fassen. Schon den gesamten Tag lang fragt er sich, wie er so lange nach ihr Suchen konnte ohne eine Spur zu finden, nur damit sie ihm schließlich ausgerechnet hier begegnet. Und wieso ausgerechnet jetzt?

Er hat zum Büro eine Bindung aufgebaut wie lange zu keinem mehr. Es hat sogar dafür gereicht langsam, aber sicher seine Vergangenheit auszublenden und durch bessere Erinnerungen zu ersetzen. Doch durch ihr Auftauchen, was er nie für möglich gehalten hätte, ist alles auf den Kopf gestellt worden.

Doch etwas interessiert ihn gerade viel mehr. Es steht für ihn zu einhundert Prozent fest, dass dies tatsächlich seine Schwester ist, wenn er auch nicht wirklich versteht wie das möglich ist. Aber was haben sie mit ihr gemacht?

Es bedarf keiner großen Kunst, um zu erkennen, dass sie mehr als nur ein bisschen neben sich steht. Sie ist blass wie eine Wand, ihre Augen kann sie nur einen Spalt breit geöffnet haben und sie zeigt nicht das geringste Interesse an irgendwas. Sie zeigt sogar überhaupt keine Gefühle, sie wirkt wie eine leere Hülle. Natürlich ist Dazai klar, dass dies an einer Fähigkeit liegen könnte, doch ist er sich ebenfalls sicher, dass er von einem Begabten mit derartigen Kräften wüsste.

Dazai beschließt alle der Reihe nach zu begrüßen, wobei er die drei Herren allerdings gekonnt auslässt, denn die konnte er bisher noch nie leiden. Zwar Chuya auch nicht, aber das ist etwas anderes.

Zuerst Elise, die ihn allerdings nur ungerührt zurück grüßt ehe sie sich wieder ihren Windbeuteln widmet. Koyo und er unterhalten sich dagegen etwas ungestörter und schließlich wendet sich Dazai mit überschwänglicher Begeisterung an Chuya, der am liebsten Kotzen würde, so wie der ihn begrüßt. 

"Chuya, mein einzig wahrer Partner. Ist lange her, so ungefähr 14 Stunden, nicht wahr?", im Gegensatz zu Dazais Ton liegt in dessen Augen ein wissendes Funkeln, was er allerdings gekonnt ignoriert. Er möchte ihn am liebsten ignorieren, doch als er Moris mahnenden Blick auf sich spürt, muss er zurück grüßen, auch wenn es mehr dem Knurren eines wilden Tieres gleicht.

Während er Chuya anblickt, kann er Toki um so bessersehen und ihm kommt auf einmal ein völlig absurder Gedanke. Erkennt sie ihn vielleicht nicht? Irgendwie wäre es eine einleuchtende Erklärung, allerdings weiß Dazai ganz genau, dass sie genau so lächerlich ist. Schließlich erkennt er Toki ja auch, obwohl er natürlich nicht weiß, was ihr nicht vielleicht in der Zwischenzeit alles so passiert ist. Geschweige denn, was Chuya mit ihr angestellt hat. Daher das böse Funkeln in seinem Blick, das Chuya nur all zu zufrieden erwidert. Nur Mori stört sich etwas daran, dass die beiden sich gegenseitig mit so einer Boshaftigkeit anschauen. Zumindest bei diesem Essen, außerhalb ist es ihm egal wie sehr sie sich zanken, schließlich haben sie trotzdem immer gute Arbeit geleistet.

Chuya war selten so angespannt. Da hat er den Verräter Dazai schon mal vor sich sitzen und muss sich zusammenreißen, obwohl der ihn bereits mit seiner bloßen Anwesenheit auf die Palme bringt. Er spürt bis ans andere Ende des Tisches, wie sich Dazai heimlich über ihn lustig macht.

Und die Unterhaltungen zwischen Dazai und Mori klingt zwar oberflächlich wie das Gespräch zweier alter Freunde, doch nur wenn man weiß auf welche Weise sie zwischen den Zeilen reden, kann man den wahren Sinn dahinter verstehen. Und denen zu folgen vermag wohl Niemand der Anwesenden.

Während all dem wird auch noch gegessen als wäre dies wirklich nichts weiter als ein gemeinsames Mahl. Doch isst wohl niemand mehr als nötig, schließlich haben alle ihre eigentliche Aufmerksamkeit auf etwas ganz anderes gerichtet und das ist nun mal Dazai Osamu. Zwar hat keiner mit einem rührenden Geschwisterwiedersehen gerechnet, doch so gar keine Reaktion und dies von beiden Seiten ist dann doch etwas unter ihren Erwartungen.

Zum Abschluss des Abends und nach reichlich Alkohol erhebt sich Mori, um ein paar Worte an die Anwesenden zu richten.

Emerging storm - ChūyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt