Einstieg

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Ein Balken ragte weit hinaus in die winterliche Kälte und knarrte schwer unter meinen Füßen. Meine Kehle war wie zugeschnürt und ich bekam keine Luft mehr. Mit Mühe tat ich noch einen Schritt. Unter mir breitete sich die Stadt aus. Häuserschluchten, Dächer und kahle Gärten erstreckten sich über eine riesige Fläche bis hinauf in die Hügel.
In wenigen Stunden würden die Eiskristalle auf den Ziegeln wunderbar glitzern. Ein kalter Wind wehte und fuhr mir unter die Kleidung bis auf die Haut.
Ich tat einen weiteren vorsichtigen Schritt nach vorn. Wie viele Stockwerke mochten mich wohl vom Boden trennen? Zwanzig? Dreißig? Ich wusste es nicht.
Ich sah auf meine kaputte Uhr. Sie zeigte es 16:34 Uhr. Unwahrscheinlich. Die Hügelkette wurde von einem hellen Schein gekrönt und lies erkennen, dass bald die ersten Sonnenstrahlen die Straßen fluten würden. Es war vermutlich gegen 6:45 Uhr. Zu schade, dass ich nicht mehr sehen würde, wie die Sonne immer höher Stieg und die Stadt wie in einem Schlaf sich kein Bisschen regte. Sie hatte das als idyllisch bezeichnet, aber mich hatte diese Leblosigkeit immer beunruhigt.
Eine Träne löste sich und fiel in die Tiefe. Ich machte noch einen Schritt nach vorn. Schließlich erreichte ich das Ende des Balkens. Ich atmete tief ein und aus, blickte nach vorn und begann durch meine Tränen hindurch zu lächeln.  Ganz langsam schloss ich die Augen, spürte, wie die Kälte das Blut aus meinen Fingern und Zehen vertrieb.
Dann lies ich mich fallen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 13, 2022 ⏰

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